Steganlagen am Herseler Rheinufer Klar Schiff für den Sommer

BORNHEIM-HERSEL · "Da haben sie den ganzen Winter über Zeit gehabt, und nun wollen sie alle gleichzeitig repariert werden und ins Wasser kommen." Was sich im Angesicht des schönen vorsommerlichen Wetters als Selbstverständlichkeit anhört, ist für den 80-jährigen Peter Bauersch ein kleines Ärgernis.

 Der Moment auf den Schiffseigner einen langen Winter lang gewartet haben: Das Boot schwimmt wieder im Rhein.

Der Moment auf den Schiffseigner einen langen Winter lang gewartet haben: Das Boot schwimmt wieder im Rhein.

Foto: Stefan Hermes

Hätte er doch den ganzen Winter über Zeit gehabt, sich in Ruhe um die ihm anvertrauten Schiffe, die auf seinem Stellplatz am Herseler Sportplatz und in einer Halle im Industriegebiet am Alfterer Weg stehen, zu kümmern.

Nun wird's eng. Jetzt plötzlich stellen die Bootseigner fest, dass Wasser im Motor an Stellen ist, wo es nicht hingehört, dass tragende Aluminiumteile korrodiert oder Pumpen zerstört sind, die für die Minustemperaturen in den Wintermonaten nicht richtig versorgt wurden. Jetzt ist die Zeit für Ölwechsel und neue Batterien, wenn ansonsten alles "klar Schiff" ist. Einige Eigner warten allerdings noch auf wärmere Tage und vor allem Nächte, um noch die geplanten Lackierarbeiten vorzunehmen.

Seit mehr als 50 Jahren verhilft Peter Bauersch den Freizeitkapitänen, die ihr Boot gegenüber dem Herseler Werth an einer der Steganlagen festgemacht haben, ihre Schiffe sicher durch den Winter zu bringen und dann wieder ins Wasser zu setzen. "In diesem Jahr sind wir spät dran. Das Wetter war zu schlecht." Jetzt geht es ordentlich der Reihe nach. Zum Schluss werden es wieder über 60 Boote zwischen vier und 13 Metern Länge gewesen sein, die Bauersch mit seinem Sohn Guido (48), der wie damals auch sein Vater bei der LUX-Werft in Mondorf arbeitet, ins Wasser gesetzt haben wird. Das geht nicht immer so einfach wie heute, wo der Rhein einen eher ruhigen Eindruck macht. Bei Fließgeschwindigkeiten um die vier Kilometer pro Stunde ist das Zu- Wasser-Lassen kein Problem.

Jetzt manövriert der 80-jährige Peter Bauersch seinen Traktor mit schwerer Bootslast geschickt durch die enge Bayerstraße, die durch Baustelle und die parkenden Autos der Fußballspieler auf dem angrenzenden Sportplatz einem Hindernisparcours gleicht. Die Zuschauer des Fußballspiels machen ihm Platz und bilden nun eine enge Gasse, durch die der Bootstransport führt. Durch die hoch oben auf dem Boot stehenden Eigner scheint sich einer der zuschauenden Fußballfans an einen Karnevalsumzug erinnert zu fühlen und ruft "Kamelle!". Wie im Chor fallen die anderen mit "Strüßcher und Kamelle!" ein.

Peter Bauersch fährt unbeirrt weiter und rangiert seinen Schlepper elegant rückwärts auf die "Slipanlage" genannte Straße, die bis tief in den Rhein führt. Irgendwann kommt jetzt der Punkt, wo sich das Schiff von dem Auflieger löst und schwimmt.

Für Bruchteile von Sekunden haben die meisten Schiffsführer jetzt die große Sorge, dass der Motor nicht anspringen und das Boot der Strömung des Rheins überlassen sein würde, was jedoch glücklicherweise meist unbegründet ist: Der Bootsdiesel reagiert sofort, und das vorher so behäbig wirkende Schiff ist in seinem Element wieder flink und sichtbar besser aufgehoben als an Land. Nach kurzer Fahrt wird es seinen Liegeplatz erreicht haben, wo man bereits mit Schrubbern und Wischtüchern, mit biologisch abbaubarem Bootsreiniger und Politur darauf wartet, dem Schiff wieder den Glanz zu verleihen, der es eine Saison lang glänzen lässt. Bevor es dann im Sommer für einige Wochen auf die Mosel geht, wird noch viel zu tun sein. Und in etwa sechs Monaten geht das Schiff wieder an Land und versinkt erneut im Winterschlaf.

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