Integration in Bornheim Miteinander ins Gespräch kommen

BORNHEIM-WALBERBERG · In Walberberg treffen sich 20 deutsche Jugendliche und Jugendliche mit Fluchterfahrungen, um sich auszutauschen.

Auch wenn der Programmtitel des Herbstcamps der Walberberger Jugendakademie, „Begegnung deutscher Jugendlicher und Jugendlicher mit Fluchterfahrung“, eine gewisse Schwere vermuten ließe, ist die Stimmung unter den 20 Jugendlichen eher als fröhlich zu bezeichnen.

Gerade die 13 Jungen und Mädchen aus Syrien, Ägypten, Albanien und Guinea, die teilweise über eine dramatische Vergangenheit berichten könnten, genießen zuallererst das Leben in der so friedlich auf den Höhen des Vorgebirges gelegenen Anlage der Jugendakademie.

In dieser entspannenden Atmosphäre gelingt es der Projektleiterin Beate Reuter und dem Kulturpädagogen Philipp Süß, die Ziele des zehntägigen Zusammenseins spielerisch zu vermitteln und den 14- bis 16-Jährigen Raum und Zeit zu geben, sich mit ihrer Situation in Deutschland auseinanderzusetzen. Hilfestellung für Gespräche und Aktionen sind dabei die Kernfragen, wie sie Deutschland wahrnehmen, wie Begegnungen möglich sind und was sie schlussendlich den Deutschen sagen wollen.

Spannend ist dabei die Auseinandersetzung mit den sieben in Deutschland geborenen oder hier schon länger lebenden Jugendlichen, die über keine Fluchterfahrungen verfügen, auch wenn sie, wie zum Beispiel Jiyan Hasan (15), das syrische Aleppo verlassen haben, bevor der Krieg begann. Er findet Deutschland „cool“ und war bereits mit sechs Jahren Fan der deutschen Fußballnationalmannschaft.

Was ihn nervt, ist, dass er immer für einen Flüchtling gehalten wird, wobei seine Eltern, wie er sagt, „einfach nur nach Deutschland umgezogen sind“. Völlig unwesentlich ist für Ansoumane (17) die Frage nach seiner Bezeichnung. Nachdem er den Großteil seiner Familie bei ethnischen Unruhen in Guinea verlor, ist er vor sieben Monaten alleine nach Düsseldorf gekommen und erhofft sich hier eine Zukunft durch Ausbildung und Beruf.

Vielleicht, weil er der einzige unter den Jugendlichen ist, der nur wenig Deutsch versteht und spricht, hat er sich eine Performance ausgedacht, die zum Abschluss des Herbstcamps als Teil der geplanten Aktion in einer Kölner Fußgängerzone aufgeführt werden und die Vorübergehenden auf das Anliegen der Jugendlichen aufmerksam machen soll.

Bedürfnis nach sozialem Miteinander

Mit weißen Masken unkenntlich gemacht, stellen sie die erbarmungslose Brutalität nach, die Ansoumane in seinem Land erleben musste. Doch bei dem Projekt geht es ihnen vor allem darum, Passanten mit kleinen selbst gemachten Geschenken und handgeschriebenen Briefen auf das aufmerksam zu machen, worauf sie sich in Gruppenarbeiten verständigt haben.

Sie wollen Deutschland danken, dass sie hier sein dürfen und appellieren an die Deutschen, Flüchtlinge als Menschen wahrzunehmen, die auch das Bedürfnis nach einem sozialen Miteinander haben. „In Sechtem läuft das alles total gut“, erzählt Saleh Hammame (15), der vor einem Jahr aus Aleppo nach Bornheim kam. Allerdings würden ihn seine Mitschüler im Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Bornheim immer ausschließen. „Da stehen wir als Araber immer alleine auf dem Schulhof. Und auch beim Fußball lassen Sie uns nicht mitspielen“, bedauert Saleh und wird dabei von Beshoy Mena (15) aus Ägypten übersetzt, dem auffällt, dass er kein arabisches Wort für „Ausländer“ kennt. „Bei uns gibt es keine Ausländer“, ist sein Fazit.

Die Jugendlichen sind sich darin einig, dass die Medien mehr Positives über die Menschen berichten sollten. Dies helfe, Vorurteile abzubauen. Und Maxim Smagin (16) aus Bonn fügt hinzu: „Die Deutschen sollen keine Faxen machen. ‚Ausländer raus‘ ist ziemlicher Mist. Die haben keine Ahnung, was sie tun“.

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