Ortsgespräche in der Kaiserhalle Norbert Lammert spricht in Bornheim über 40 Jahre Politikbetrieb

Bornheim · Zum Bornheimer Ortsgespräch kam dieses Mal CDU-Politiker Norbert Lammert in die Kaiserhalle. Der ehemalige Bundestagspräsident sprach über vier Jahrzehnte in der Politik - und seine Ansichten zu aktuellen Entwicklungen.

 Dominik Pinsdorf (links) sprach mit Bundestagspräsident a.D. Norbert Lammert über vier Jahrzehnte in der Politik.

Dominik Pinsdorf (links) sprach mit Bundestagspräsident a.D. Norbert Lammert über vier Jahrzehnte in der Politik.

Foto: Petra Reuter

Politische und persönliche Äußerungen sind für den ehemaligen Bundestagspräsidenten und CDU-Politiker Norbert Lammert meistens ein „sowohl-als auch“. Davon konnten sich die Zuhörer beim dritten „Bornheimer Ortsgespräch - Miteinander im Dialog“ von Ortsvorsteher Dominik Pinsdorf überzeugen. Viele örtliche Parteifreunde, darunter auch die stellvertretende Bürgermeisterin Gabriele Kretschmer, waren in die Kaiserhalle gekommen, um zu hören, was der 74-Jährige, der 40 Jahre lang in verschiedenen Funktionen in der Bundespolitik tätig war, zu erzählen hatte.

Witzig und amüsant berichtete Lammert von seiner Kindheit und Jugend als Sohn eines Bäckermeisters in Bochum, seinem Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Neueren Geschichte und Sozialökonomie, einem Auslandssemester in Oxford und seinem Weg in die Politik. 1964 trat der später vierfache Familienvater in die Junge Union ein, zwei Jahre danach in die CDU. Nach Wehrdienst, Examen und Promotion begann die politische Laufbahn 1975 im Bochumer Stadtrat. Den Sprung in die Bundespolitik schaffte der CDU-Politiker über die Landesliste 1980. Nach verschiedenen Tätigkeiten in unterschiedlichen Ministerien leitete er von 2005 bis 2017 als Präsident des Deutschen Bundestages die Sitzungen des Plenums.

Erinnerungen an die erste Fraktionssitzung

Noch heute denkt der Vollblutpolitiker ab und zu noch an seine erste Fraktionssitzung im Bonner Tulpenweg. Da er bis dahin nur Ausschüsse und Fraktionssitzungen in der Kommunalpolitik gewöhnt war, „erinnerten mich die 250 Abgeordneten eher an eine Kundgebung“. Von damals bis heute habe sich die Debattenkultur im Bundestag schon verändert, konstatierte er. Das liege an der Veränderung der Gesellschaft, die sich in der Zusammensetzung des Parlaments spiegele. „Als die Grünen ins Parlament einzogen, gab es einen Zivilisationsbruch. Von der Kleidung bis zum Sprachstil zeigte sich das in wenigen Wochen“, machte Lammert deutlich. Er beobachte außerdem seit dem Fall der Mauer ein Ausbluten der Demokratien in den westlichen Staaten. In dem Zusammenhang sprach er den „Sturm auf den Reichstag“ im Zuge der Corona-Demonstrationen an, mehr Fanatismus werde da deutlich. Als einen möglichen Grund dafür gab er die weitverbreitete Nutzung digitaler Plattformen an, denn dort suche man sich die Informationen aus, die einem zusagen.

Gemischte Gefühle zum Haftbefehl gegen Putin

Selbstkritisch reflektierte Lammert den russischen Einmarsch in die Ukraine. So stellte er sich die Frage, ob man diesen hätte vorhersehen müssen. Seine Antwort: Man habe die Äußerungen Putins zum Zerfall der UdSSR unterschätzt. Ein Interesse an Friedensverhandlungen vonseiten beider Kriegsparteien kann er nicht erkennen. Den Haftbefehl gegen Putin, den der Internationale Gerichtshof in Den Haag erlassen hat, betrachtet Lammert mit zwiespältigen Gefühlen. „Frankreich, Amerika und Großbritannien erkennen den Gerichtshof nicht an. Solange sie das nicht tun, sollten sie die Klappe halten.“

In einer kurzen Fragerunde erfuhr das Publikum unter anderem auch, dass der Gast, der seit 2018 Vorsitzender der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung ist, gerne Musik von Beethoven hört, das Theater dem Kino vorzieht und lieber im Büro als im Homeoffice arbeitet. Das Gendern als Verpflichtung in der Umgangssprache hält er für abwegig. Und als Kind des Ruhrgebiets liebt Lammert „sein Bierchen, zur Not auch Kölsch“.

Das vorerst letzte „Bornheimer Ortsgespräch“ von Organisator und Moderator Dominik Pinsdorf findet am Sonntag, 11. Juni, 18.30 Uhr, im Brauhaus Kaiserhalle 58 statt. Gast ist der Herseler Komiker, Schauspieler, Schriftsteller und Sänger Bernd Stelter.

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