Interview Paar aus Bornheim führte Klettercamp in Laos

Bornheim · Tanja und Uli Weidner waren nach Laos ausgewandert, um dort ein Klettercamp zu eröffnen. Nach acht intensiven Jahren mit teils herben Rückschlägen sind sie nach Deutschland zurückgekehrt. Über ihre Zeit hat Tanja Weidner ein Buch geschrieben.

 Uli Weidner hat in Laos ein Klettercamp eröffnet.

Uli Weidner hat in Laos ein Klettercamp eröffnet.

Foto: Tanja_Weidner

Ihren Traum vom Auswandern haben Tanja und Uli Weidner aus Bornheim 2011 wahr werden lassen. Aus dem Nichts bauten sie in Laos ein Camp für Kletterer auf. Wie der Traum stellenweise zum Albtraum wurde, ist Thema von Tanja Weidners Buch „Zwei Kartoffeln in Laos“. Über die schwierigen Bedingungen im asiatischen Land, kulturelle Unterschiede und herbe Rückschläge sprach Katharina Weber mit der Autorin.

Ihr Buch heißt „Zwei Kartoffeln in Laos“. Spielen Sie damit auf die etwas uncharmante Bezeichnung für Deutsche an?

Tanja Weidner: Nicht nur das, es hat einen weiteren Hintergrund. Allgemein heißt der Ausländer in Thailand und Laos „falang“. Und die Kartoffel heißt „man falang“. Falang heißt ursprünglich „Franzose“, weil die Franzosen die ersten waren, die das Land kolonialisierten. Da die Laoten nicht unterscheiden konnten, ob ein Deutscher, Franzose oder Amerikaner vor ihnen stand, wurde jeder weiße Ausländer zu falang.

Laos ist nicht gerade das typische Auswandererziel. Wie sind Sie darauf gekommen?

Weidner: Wir waren 2010 ein halbes Jahr auf Kletterreise um die Welt. Die erste Station war Thailand. Schon dort fingen wir an, zu träumen, wie schön das wäre, wenn man hier bleiben, neue Kletterrouten erschließen und von morgens bis abends klettern könnte. Aber in Thailand ist alles schon sehr erschlossen. Dann kamen wir nach Laos. Die Landschaft war ähnlich, aber touristisch war es eher unterentwickelt.

Wo in Laos haben Sie dann den Ort für ihr Camp gefunden?

Weidner: Das Klettergebiet ist zwölf Kilometer außerhalb von Thakhek, das liegt direkt am Mekong in der Mitte von Laos.

Wie kamen Sie an das Land?

Weidner: Die Besitzerin unseres Hostels fand heraus, wem das Land gehört, und hat direkt einen Termin für 10 Uhr am nächsten Tag vereinbart. Die allermeisten Laoten sprechen kein Englisch, wir sind also mit dem Motorradverleiher von nebenan, der ein paar Brocken Englisch konnte, dorthin gefahren.

Und hat das funktioniert?

Weidner: Der Landbesitzer quatschte eine Viertelstunde mit dem Motorradverleiher. Danach drehte sich der Verleiher zu uns um und sagte: „Yes.“ Von der Gasthausbesitzerin haben wir erfahren, dass wir uns an gewisse Behörden wenden sollten, doch auch dort war es mit der Verständigung höchst schwierig. Und wir erfuhren: Wenn man ein Geschäft eröffnen will, muss ein laotischer Geschäftspartner mit mindestens 51 Prozent einsteigen.

Wie haben Sie diesen gefunden?

Weidner: Im Klettergebiet hatte Volker Schöffl, ein deutscher Arzt, schon ein paar Routen gebohrt. Er ist Chirurg und behandelt viele Kletterer. Den haben wir kontaktiert. Er meinte, wendet euch an Green Discovery, eine Firma für Ökotourismus. Im Gespräch sagte deren Manager zu uns: In zwei Wochen können wir starten. Dann hatten wir eine Nacht Bedenkzeit. Letzten Endes haben wir gesagt, wir machen das. Dann mussten wir auf Genehmigungen warten. Wir sollten unsere Weltreise weiterführen. Also sind wir nach Vietnam, wo ich angefangen habe, Laotisch zu lernen.

Ist das schwer zu erlernen?

Weidner: Es heißt, es wäre sehr einfach, weil man keine Konjugation, Zeiten und Deklination hat. Aber die Aussprache ist schwer. Laotisch hat ganz kurze Wörter, aber je nach Intonation kann es fünf verschiedene Bedeutungen haben. „Ma“ kann Pferd oder Hund heißen. Beim Arbeiten sind dann Wörter, die man ständig benutzt, hängengeblieben. Im Laufe der Jahre konnten wir uns mit unserem Personal verständigen.

Wann haben Sie die Genehmigung für Ihr Camp erhalten?

Weidner: Einen Monat vor Ende der Weltreise kam der Anruf, das war am 8. März 2011. Dann sind wir für vier Monate zurück nach Deutschland in unsere Jobs. Als wir zurück nach Laos kamen, standen schon die Grundgerüste der Hütten. Wir haben angefangen, mitzuarbeiten, haben Möbel und Inventar gebaut für zehn Hütten und einen Schlafsaal, unseren Privatraum, Küche, Kletterequipmentraum, Waschküche.

Im Buch sprechen Sie von „zermürbenden Umständen“. Was heißt das?

Weidner: Wir haben von morgens bis abends gearbeitet, teilweise in der Regenzeit. Strom hatten wir nur durch einen Diesel-Generator, der ständig leer war oder den Geist aufgab. Wir hatten einen gewissen Zeitdruck. Der Bau verzögerte sich, den ersten Leuten, die reserviert hatten, mussten wir absagen. In Laos ticken die Uhren viel langsamer, man muss Geduld mitbringen. Außerdem ist die Qualität von Werkzeug so miserabel, dass ständig etwas kaputt ging. Die ersten Gäste kamen Mitte Dezember, weil wir dachten, bis dahin haben wir Strom und Wasser. War aber nicht so.

Auch „katastrophale Rückschläge“ blieben Ihnen nicht erspart…

Weidner: Nach einem Jahr ist das Camp bis auf eine Hütte abgebrannt. Wir hatten Konfettibomben bestellt, aber es stellte sich heraus, dass das scharfe Geschosse waren. Eines davon ist auf dem Strohdach gelandet, im Nu brannte es lichterloh, da wir gerade Trockenzeit hatten. Die Feuerwehr war nach ungefähr zwei Stunden da.

Was hat Sie motiviert, wieder aufzubauen?

Weidner: Es war nur die Resonanz der Gäste, die uns so viel Kraft gegeben hat. Der Wiederaufbau hat ein Jahr gedauert. 2015 haben wir sogar ein zweites Camp 500 Meter weit weg eröffnet. Eigentlich war alles wieder gut, dann kam ein weiterer Dämpfer. Nach der Eröffnungsfeier am 1. November kamen wir abends zurück – und sahen unser Haupthaus brennen. Dann hieß es wieder: Aufbauen oder nicht? Freunde und Familie haben uns Geld geliehen. Irgendwie haben wir es hingekriegt.

Schließlich haben Sie das Camp doch aufgegeben. Warum?

Weidner: Ab dem Zeitpunkt hatten wir keine Kraft mehr. Letztes Jahr haben wir an zwei Paare verkauft.

Vor drei Monaten sind Sie zurückgekehrt. War der Kulturschock groß?

Weidner: Nee, wir waren immer nur acht Monate vor Ort und vier Monate in Europa. Die Freude, was es hier alles gibt – unfassbar. In Laos ist alles sehr willkürlich. So viel man auf deutsche Bürokratie schimpft, wir wissen, woran wir sind.

„Zwei Kartoffeln in Laos“, Taschenbuch, 14,99 Euro, Amazon, Ebook, 9,99 Euro, www.zwei-kartoffeln-in-laos.de. 50 Cent jedes Ebooks gehen an die Kinder- und Medizinhilfe in Laos.

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