Amtsgericht Bonn Prozess - Wenn der Nachbar (zu) oft grillt

BORNHEIM/BONN · Nicht mehr ertragen kann eine Bornheimerin den Geruch, der ihr vom etwa fünf Meter entfernten, ihrer Wohnung gegenüberliegenden Balkon entgegenweht: Zu oft entzünde der Nachbar, der noch bis Ende dieses Monats ihr Vermieter ist, seinen Grill. Regelrecht belästigt fühlt sich die Frau von der Geruchs-, Ruß- und Qualmbildung in dem Innenhof. Ende Juni reichte es ihr.

Vor dem Bonner Amtsgericht beantragte sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Was sie dem Gericht jedoch nicht mitteilte: Wenige Tage zuvor, am 20.Juni, hatte sie einen neuen Mietvertrag für eine andere Wohnung ab Anfang August unterschrieben. Dies erfuhr Richter Roland Zickler erst kurz vor der Verhandlung durch den Anwalt des Grillfreundes.

Darüber konnte der Amtsrichter nur den Kopf schütteln: "Da fehlt mir das Verständnis, dass Sie da noch einen Rechtsstreit vom Zaun brechen." Er riet der Frau dazu, den Antrag zurückzunehmen und betonte: "Sie verlieren hier nach Strich und Faden." Einlenken wollte die Bornheimerin jedoch nicht.

Ihr Anwalt versuchte am Montag nach einer Unterbrechung, das Motiv seiner Mandantin zu veranschaulichen: Wenn der Nachbar in den restlichen Tagen bis zum Monatsende jeden Tag grille, bekomme sie eine "Vollkrise". In den vergangenen zwei Wochen habe der Mann viermal gegrillt.

Letztendlich einigten sich die Parteien aber doch noch, und die Frau nahm ihren Antrag zurück: In den letzten Julitagen wird der Nachbar stets bis mittags einen Zettel mit einer Ankündigung in den Briefkasten der Frau werfen, wenn er nachmittags oder abends grillen möchte. Er hatte angegeben, sein Grillverhalten in den vergangenen beiden Jahren nicht geändert zu haben. Seiner Meinung nach hatte er nur einige wenige Male und ausschließlich bei gutem Wetter gegrillt.

In den Augen des Richters wäre es aus rechtlicher Sicht "hochgradig interessant" gewesen, eine Entscheidung treffen zu müssen. Bundesweit wird bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zu diesem Thema oft eine Entscheidung des Bonner Amtsgerichts aus dem Jahr 1997 zitiert: Damals war festgelegt worden, dass zwischen April und September einmal im Monat mit Vorankündigung gegrillt werden darf. Für den Richter stellt sich die Frage, ob diese strenge Regelung noch "zeitgemäß" ist. Das Verhältnis zum Grillen habe sich "ja doch geändert".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort