Prozess in Bonn Psychisch kranker 40-Jähriger griff in Bornheim Kollegen an

BORNHEIM/BONN · Der 6. März schien ein Tag wie jeder andere in dem Bornheimer Unternehmen zu sein, bis ein 40-jähriger Mitarbeiter grundlos und ohne Vorwarnung auf einen 57-jährigen Arbeitskollegen einstach und anschließend wie ein Häufchen Elend in sich zusammensackte.

Wie sich herausstellte, leidet der 40-Jährige an einer paranoiden Psychose, und eine Stimme hatte ihm kurz vor der Attacke befohlen: "Töte ihn, tu es." Seit Montag steht er nun vor dem Bonner Schwurgericht.

Doch hier geht es nicht darum, für ihn die gerechte Strafe zu finden, denn aufgrund seiner psychischen Erkrankung beging er laut Staatsanwaltschaft den versuchten heimtückischen Mord im Zustand der Schuldunfähigkeit. Allerdings beantragt die Staatsanwaltschaft nun vor Gericht die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Anstalt, weil er "eine Gefahr" darstelle.

Wie ein Häufchen Elend sitzt der 40-Jährige nun auch neben seinem Anwalt und leidet erkennbar selbst unter dem, was er getan hat. Und zwar so sehr, dass er den Blick seines Opfers meidet. Der 57-Jährige schildert im Zeugenstand, wie er den 40-Jährigen an jenem Morgen gegen 8.30 Uhr auf sich zukommen sah und sich nichts Böses dabei dachte. Denn, so erklärt er, der 40-jährige Kollege sei vorher nie durch Aggressionen aufgefallen.

"Ein ganz normaler, eher ruhiger Kollege", beschreibt er den 40-Jährigen. Dass der auf ihn einstach, habe er zuerst gar nicht begriffen. "Es ging alles sehr, sehr schnell." Er habe einen Schlag gespürt, und erst als der Kollege die Hand zurückgezogen habe, habe er das Messer gesehen und dass er blutete.

Ein anderer Kollege (53) packte den 40-Jährigen und hielt ihn fest, und auch der 53-Jährige war fassungslos, was der stets so ruhige 40-Jährige gemacht hatte. "Er stach aus dem Nichts heraus zu", sagt der Zeuge.

Der Stich verfehlte die Niere des Opfers nur knapp. Neun Tage lag der 57-Jährige in der Klinik, sieben Wochen war er arbeitsunfähig. "Wie haben Sie das verarbeitet?", will Richterin Anke Klatte wissen. "Das war doch sicher nicht leicht. Da denkt man an nichts Böses und wird plötzlich angegriffen." Er sei in psychologischer Behandlung gewesen, sagt der 57-Jährige. Aber nun sei alles wieder in Ordnung.

Der 40-Jährige blickt ihn nicht an. Er hat sein Opfer in einem Brief um Entschuldigung gebeten. Das würde er nun gerne noch einmal persönlich tun, sagt er. "Aber ich kann ihn nicht angucken, es geht einfach nicht", sagt er mit brüchiger Stimme. Was mit ihm los ist, verstehe er nicht. Stimmen habe er noch nie gehört. Erstmals bemerkt, dass in seinem Kopf etwas vorgehe, habe er 2009 in Spanien, wo er mit seinem Ex-Freund lebte.

Da habe er plötzlich den Teufel im Feuer gesehen, am Strand einen Schlag im Nacken gespürt und einen Druck, den er auch jetzt oft habe. Damals hätten sich alle aus Angst vor ihm versteckt. "Ich habe den Hund mit dem Messer bedroht", sagt er und bricht in Tränen aus. Er kam damals zurück, ging in die Klinik und hoffte auf Heilung. Seitdem nimmt er Medikamente, geheilt wurde er nicht. Nun muss das Gericht entscheiden, ob die Allgemeinheit vor ihm geschützt werden muss.

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