Flohzirkusdirektor im Interview Robert Birk über seine winzigen Artisten

ROISDORF · Sie ziehen kleine Wägelchen oder schießen Fußbälle - und das, obwohl sie gerade einmal wenige Millimeter groß sind: Die Flöhe von Zirkusdirektor Robert Birk. Am Samstag und Sonntag, 4. und 5. Mai, gastiert er mit seinen Artisten, die den deutschlandweit einzigen Flohzirkus mit lebenden Tieren bilden, bei der 900-Jahr-Feier in Roisdorf.

 Direktor Robert Birk vor seinem Flohzirkus.

Direktor Robert Birk vor seinem Flohzirkus.

Foto: Privat

Wie wird man Flohzirkusdirektor? Wacht man eines Morgens auf und denkt: "Das will ich machen"?
Robert Birk: Nein, das kam eher so wie die Jungfrau Maria zum Kinde. Ich habe 1983 in Bayreuth Hans Mathes getroffen, der erzählte, dass er einen Flohzirkus besitzt. Ich dachte nur, das kann nicht sein, hab' mich dann aber später auf dem Oktoberfest eines Besseren belehren lassen. Und als dann sein Mitarbeiter krank wurde, bin ich eingesprungen und hängengeblieben. Nachdem Hans Mathes 2002 erkrankte, habe ich dann den Flohzirkus übernommen. Bis 2012 war ich einmal pro Jahr auf dem Oktoberfest. Seither reise ich das ganze Jahr über durchs Land und schaue mal, was sich daraus ergibt.

Können Sie denn von Ihrem Flohzirkus und den Auftritten leben?
Birk: Nein, definitiv nicht. Meine Frau arbeitet auch. Alleine könnte ich vielleicht über die Runden kommen, aber eine Familie zu ernähren, ist nicht möglich. Vielleicht irgendwann, wenn ich tatsächlich sieben bis acht Monate pro Jahr unterwegs wäre.

Und woher bekommen Sie die Tiere für die Auftritte?
Birk: Ich habe einen Bekannten, der einen Bauernhof besitzt, auf dem viele freilebende Katzen herumlaufen. Die werden gebürstet und ich bekomme die Flöhe. In Kommern beim Jahrmarkt "Anno dazumal" habe ich das Glück gehabt, dass mir ein Parasitologe mit Tieren ausgeholfen hat, als meine durch die Kälte verendet sind.

Gibt es für die Dressur Unterschiede in den Arten?
Birk: Insgesamt gibt es rund 2400 verschiedenen Floharten. Am besten sind aber Menschenflöhe. Da sich die Menschen in Deutschland aber viel waschen, gibt es hier keine mehr. Das ist ein Riesenproblem.

Warum?
Birk: Der Katzenfloh liebt Katzenblut, der Menschenfloh Menschenblut. Am stärksten werden die Flöhe dann, wenn sie das Blut von ihrem Ursprungswirt bekommen. Während ich den Menschenfloh zwei Mal am Tag füttern muss, muss ich dem Katzenfloh drei bis vier Mal Blut geben, damit er die Nährstoffe bekommt.

Wie werden die Tiere denn mit dem Blut gefüttert?
Birk: Ich setze rund 20 Stück auf meinen Arm und lasse sie saugen. Die Tiere, die viel arbeiten, natürlich häufiger als die anderen. Sie sind immer mit kleinen Drähten festgebunden, damit sie nicht wegspringen.

Tut das nicht weh, wenn die Tiere bei Ihnen Blut saugen?
Birk: Es ist unangenehm, aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Du kannst die Flöhe nur so ernähren, wenn du willst, dass sie vernünftig fressen.

Haben Sie keine Angst vor Krankheiten?
Birk: Das ist so eine Sache. Flöhe übertragen natürlich Krankheiten, sie haben ja auch damals die Pest übertragen. Dadurch, dass ich extrem aufpasse, habe ich aber noch nie Probleme gehabt.

Und wie funktioniert die Floh-Dressur?
Birk: Man muss genau wissen, wie man sie bestraft oder belohnt. Sie lieben Ruhe, eine bestimmte Temperatur und Dunkelheit. Im Gegenzug kann ich sie mit Lärm, Helligkeit und einer höheren Temperatur reizen. Dann muss ich die Bewegungen ausnutzen, die sie freiwillig machen. Zum Beispiel beim Fußballspielen: Dadurch, dass der Floh festgemacht ist und versucht zu springen, schießt er dann den Ball.

In Kommern mussten Sie innerhalb kürzester Zeit neue Tiere dressieren, weil die Flöhe in der kalten Eifel erfroren sind. Wie viele Tage brauchen Sie bis ein Tier fit ist?
Birk: Normalerweise kann ich nach vier bis fünf Tagen etwas erwarten. Direkt nachdem ich sie angebunden habe, sind sie noch zu schwach. Dann muss ich sie füttern, füttern, füttern und dabei gleichzeitig mit dem Training anfangen. Denn dann sind sie sehr agil und ich sehe, wer wofür geeignet ist. In Kommern hatte ich nach etwa drei Tage die erste Vorstellung mit den neuen Tieren. Das ging auch, es war alles nur etwas gemütlicher.

Wie viele Tiere haben Sie für Ihre Shows?
Birk: Wenn es weiter weg geht, sind es immer so 300, denn es kann immer sein, dass welche eingehen. Für die Show reichen aber 15 Stück. Da ich damit höchstens zwei Stunden Vorführung machen kann, habe ich immer so 50, die dressiert sind.

Was macht für Sie die Faszination des Flohzirkus aus?
Birk: Du verstehst die Tiere nicht, du siehst nur, dass sie bestimmte Dinge können müssten und musst ihnen immer wieder Anreize geben. Es ist eine Herausforderung - auch zu sehen, woran es liegt, wenn etwas nicht funktioniert. Das lebt man einfach.

Zur Person:
Robert Birk ist 50 Jahre alt und lebt in Pörnbach in Bayern. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Dem Flohzirkus hat er sich seit 1983 verschrieben. Außer Flöhen haben es ihm aber auch andere Tiere angetan. "Ich glaube schon, dass ich ein Tierfreund bin", sagt er über sich selbst. In seinem Haus leben noch zwei Katzen, vier Hunde und 120 Aquariumsfische.

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