„Gemütliche Ecke“ Roisdorfer Traditionslokal schließt nach 122 Jahren
Bornheim-Roisdorf · Karin und Hans Hamacher werden am letzten Arbeitstag von ihren Roisdorfer Stammgästen feierlich verabschiedet. Zur Feier des Tages gab es frische Karnevalsorden.
Mittendrin „Zur Gemütlichen Ecke“ begrüßen Karin und Hans Hamacher am Sonntagmittag die ersten Gäste an diesem letzten Tag der Gaststätte. Das Aufschließen des Gastraums war für Herrn Hamacher noch ganz normal. „Schlüssel reinstecken und umdrehen“. Die Emotionen sind im Laufe des Tages aber noch gestiegen, als im Austausch mit den geladenen Stammgästen viele Erinnerungen und Geschichten rund um die Dorfkneipe in Roisdorf ausgetauscht wurden.
Aus diesem Grund hat sich das Ehepaar Hamacher gemeinsam mit ihrem langjährigen Kellner Franco Zaccheddu auch dazu entschlossen an diesem Tag nicht hinter den Zapfhähnen oder Kochtöpfen zu stehen, sondern gemeinsam mit allen Gästen zu feiern. „Als Koch habe ich ja oft nur die letzten Gäste mitbekommen, weil ich vorher die ganze Zeit in der Küche beschäftigt war“, erklärt Hans Hamacher den Plan. „Heute haben wir offiziell bis 20.11 Uhr geöffnet, aber es wird mit Sicherheit noch etwas länger gehen.“ Um die Abrechnung leichter zu machen, werden Bons verkauft. Den Reinerlös spenden die Hamachers an die Roisdorfer Ortsvereine.
Offizieller Schlusspunkt um 20.11 Uhr
Unter den ersten ist Prinzessin Sabine I. Seit 2005 war die Kneipe auch Hofburg der Jecken in Roisdorf. Wolfgang Mertgen, Ortvorsteher und langjähriger Zugleiter, erinnert sich vor allem an die legendären Mitsingabende am Karnevalsfreitag im Hause Hamacher. „Hans schnappte sich dann seine Quetsch und wir haben bis tief in die Nacht zusammen gesungen und gefeiert.“ Im Gefolge von Sabine I. auch Markus Botz mit seinem Stammtisch, der sich regelmäßig donnerstags hier traf.
„Ich bin die letzte Generation. Ich wollte mich heute auch an der Theke festkleben“ scherzt der 43-Jährige. Er erinnert sich vor allem an die Geschichte rund um Matthias Pohl. „Der Pohls Mattes war eines der letzten Originale hier in Roisdorf. Auf dem Weg zur Arbeit hatte er einen Fahrradunfall und sprach danach über 15 Jahre lang nicht mehr. Hier an der Theke fand er eines Tages seine Stimme wieder.“
Ein Gast will sich an der Theke festkleben
Seit 1990 war auch für den Kartenclub „Vor Brügge“ und seine regelmäßigen Doppelkopfrunden die gemütliche Ecke an der Bonner Straße einmal in der Woche das Wohnzimmer. „Es ist ein großer Verlust für Roisdorf. Wir werden in der kommenden Woche ein Testessen in Alfter im Restaurant „Zur Krone“ machen. Unser Kellner Franco wird dort neu anfangen, und wir hoffen auch dann in Zukunft „Francolorado“, ein spezielle Mischung von Haribo zum Nachtisch zu bekommen.“
Einige der Kartenspieler sind auch ehemalige Fußballer des TuS Roisdorf, für den die Kneipe der Hamachers das Vereinslokal war, in dem man sich nach Training und Spielen zur dritten Halbzeit traf. Sie erinnern sich noch an den legendären Partykeller direkt unter der Gaststätte. „Es gab eine sehr steile Treppe hinunter, die zur späten Stunden auf dem Weg zu Toilette für manchen Gast eine zu große Herausforderung war. Dann hat Adi Hamacher, Vater von Hans Hamacher, den Lastenaufzug aktiviert.“
Steile Treppe in den Partykeller
Ebenfalls nach Roisdorf gekommen an diesem besonderen Tag sind auch die Schwiegereltern von Hamachers Sohn Alex, das Ehepaar Püschel. „Wir haben hier den Karneval kennengelernt. Aus dem anfänglichen Kulturschock wurde Liebe.“ Als die Familie Hamacher an diesem Abend dann das Gartentor zum letzten Male abschließt, heißt es wie schon zu früheren Zeiten bei den Gästen: „Das Nordtor ist geschlossen. Die letzte Runde ist eingeläutet.“