Interview zum Weltkindertag Schulleiter: "Frühkindliche Förderung ist wichtig"

Das Motto des diesjährigen Weltkindertages von UNICEF und Deutschem Kinderhilfswerk lautet "Chancen für Kinder". Welche Rolle dabei auch die Schule spielt, darüber sprach der stellvertretende Schulleiter des Bornheimer Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, Thomas Heußner, mit Nadia Wattad.

 Thomas Heußner auf einer Bank im Pausenhof.

Thomas Heußner auf einer Bank im Pausenhof.

Foto: WATTAD

Was bedeutet das diesjährige Motto für die Kinder an Ihrer Schule?

Thomas Heußner: Das bedeutet, dass wir je nach individueller Lernausgangslage die Pflicht haben, die Kinder zu fördern und jedem Einzelnen den besten Bildungsabschluss zu ermöglichen. Dafür bieten wir außerunterrichtliches Lernen und Zusatzunterricht in einer Ganztagsschule an. Außerdem haben wir Lernzeiten, in denen wir den Schülern unterschiedliche Angebote präsentieren. Wir sprechen auch mit den Eltern, werden diagnostisch tätig, schauen, wo der Schüler gerade steht und wo er hinmöchte. Der zeitliche Druck hat jedoch zugenommen. Die Lehrpläne sind zwar angepasst worden, aber man wird in kürzerer Zeit zum Abitur geführt. Das kann dazu führen, dass die Kinder auch nach der Schule viel lernen müssen. Dies versuchen wir durch ein entsprechendes Hausaufgabenkonzept in der Schule abzumildern.

Haben Sie das Gefühl, dass manche Kinder nicht auf dem Gymnasium sein sollten?

Heußner: Wir versuchen, die Eltern vor der Einschulung entsprechend zu beraten, um zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen. Wir nehmen aber auch Kinder auf, bei denen man von der Notenlage her annehmen muss, dass sie es bei uns schwerer haben. Aber diejenigen versuchen wir zu fördern und dazu zu bringen, das Klassenziel zu erreichen. Wir haben aber auch Kontakte zu anderen Schulen vor Ort und zeigen dann natürlich auch Alternativen zu unserer Schule auf. Jeder kann unterschiedliche Bildungsabschlüsse auf unterschiedlichen Wegen erreichen, und darin sehe ich eine große Chance. Man hat ja nach der vierten Klasse nur eine Momentaufnahme. Es kann immer sein, dass manche in der fünften Klasse einen unglaublichen Entwicklungsschub haben, in einer neuen Schulumgebung mit anderen Lehrern Freude am Lernen haben und dann über sich hinauswachsen.

Sehen Sie die verkürzte Schulform als Chance oder Last?

Heußner: Es ist eine Chance für Kinder, die mit Schule und Lernen in ihrem bisherigen Werdegang wenig Probleme hatten. Andere Kinder, die mehr Zeit brauchen oder auch in einzelnen Fächern Nachholbedarf haben, die müssen sich dann eben für eine Schulform entscheiden, wo es nach neun Schuljahren funktioniert. Ich glaube, dass nach der vierten Klasse in Absprache mit den Eltern, den Grundschullehrern und uns schon eine Entscheidung getroffen werden kann, dass Kinder das Abitur auch in acht Jahren schaffen können, ohne zu viel Druck zu haben. Eine Last könnte sein, dass die Jugendlichen bereits mit 17 Jahren ihr Abitur haben. So früh wissen einige ganz häufig nicht, welche Ausbildung oder welches Studium sie aufnehmen sollen. Damit sind viele überfordert. Dadurch kann sich das eingesparte Jahr wieder nivellieren.

Ist es im täglichen Unterricht möglich, auf Kinder mit Defiziten ausreichend einzugehen?

Heußner: Bei Klassen mit 30 Schülern kann nicht permanent auf einzelne Schüler eingegangen werden. Durch ein unterschiedliches Lerntempo und verschiedene Lernzugänge versuchen wir dennoch, bei jedem Schüler den optimalen Weg zu finden.

Wie könnte sich das Recht für Kinder auf Chancengleichheit im Bildungssystem verbessern?

Heußner: Eine frühkindliche Förderung ist die Voraussetzung. Wichtig sind die Übergänge zwischen den Grundschulen und den weiterführenden Schulen. Es sollten Kontakte zwischen den Schulen geschaltet werden, und man sollte das Kind nicht erst bei der Anmeldung kennenlernen. Über die familiären Verhältnisse informiert zu sein, ist auch von Vorteil. Zudem kann man auch nicht sagen, dass Deutschland ein Migrationsproblem hat. Wir haben ein Problem mit einer Bildungsferne des Elternhauses. Die häuslichen Strukturen sind daher für die Kinder und ihre Leistungen entscheidend. Eine Schlüsselkompetenz ist jedoch die deutsche Sprache.

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