Buchstaben-Klassiker Strategischer Wortakrobat aus Bornheim ist Scrabble-Profi

Bornheim · Hartmut Günther aus Bornheim hat eine Passion: Scrabble. Einmal im Monat lädt er andere Buchsaben-Profis zu Scrabble-Treffs zu sich nach Hause ein. Weitere Mitspieler erwünscht!

Hartmut Günther (71) überlegt, schaut abwechselnd auf das Scrabble-Spielbrett und auf das grüne Bänkchen vor sich, auf dem gelbe Kunststoffsteinchen liegen. „Es gibt immer mehr Möglichkeiten, als man in Betracht zieht“, sagt er fast zu sich selbst. Nach einem kurzen Augenblick legt Günther das Wort „entlasse“ – mit Hilfe eines Jokers (Blankostein). Nun zählt er: 60 Punkte.

Die Passion für das weltweit bekannte Brettspiel in Kreuzworträtsel-Optik Scrabble entdeckte der mittlerweile pensionierte Professor für Germanistik und deutsche Sprache und Literaturdidaktik der Uni Köln im Sommer 2000. Er stieß in einer Zeitung auf ein Scrabble-Spiel, bei dem der Hauptgewinn eine Kreuzfahrt war. Gewonnen hat Günther damals nichts. Dafür trat er einer Onlinegruppe für Scrabble unter dem Spitznamen „Palmström“ bei. Günther nennt sich deshalb Palmström, weil er ein Fan von Christian Morgenstern und dessen Gedichten ist.

Das Onlinespiel reichte Günther irgendwann nicht mehr und er beschloss, sich mit anderen Scrabblern zu treffen. Allerdings gibt es weder in Köln noch in Bonn eine Gruppe, die sich regelmäßig zum Spielen trifft.

Anlass genug für den Pensionär, selbst tätig zu werden und Interessierte zu sich einzuladen. „Jeden ersten Samstag im Monat treffen sich Scrabble-Spieler von 11 bis 17 Uhr bei mir“, sagt er. Seit 2009 existiert die Gruppe, zu der sogar Spieler aus Düren und Erftstadt nach Bornheim kommen. Sogar Ben Berger, Deutscher Scrabble-Meister 2017, saß schon bei Günther. „Nur Ulla Trappe, ehemalige deutsche Meistern, war noch nicht hier“, ergänzt er.

Dass bereits deutsche Meister an seinem Küchentisch grübelten und Buchstabensteine auf das grünfarbene Brett legten, schüchtert zunächst etwas ein. Aber Günther wiegelt ab und lacht: „Zu unserer Gruppe kann jeder kommen! Je frischer die Spieler sind, desto hilfsbereiter sind wir.“

Dann wird auch schon mal ohne Uhr wie beim Schach gespielt. „Früher gab es die nicht. Aber sie schafft schon eine gewisse Gerechtigkeit“, erklärt Günther und meint damit, dass ein Spiel nur 60 Minuten dauern darf. Stundenlanges Nachdenken und dann Hinlegen ist somit ausgeschlossen.

Das Schönste für den Wortakrobaten an dem Brettspiel, das 1931 von dem US-amerikanischen Architekten Alfred Mosher Butts erfunden wurde, ist der Zufallsfaktor beim Ziehen der Buchstaben aus einem Säckchen. „Beim Schach ist das anders. Da ärgert man sich über sich selbst, wenn man Fehler macht und nicht aufgepasst hat.“

Wichtigste Regel beim Spiel: nicht einfach Buchstabensteine hinlegen, sondern strategisch vorgehen – allein schon wegen der Punktzahl. „Man sollte versuchen, bei jedem Legen auf mindestens 30 Punkte zu kommen.“ Einfach ist allerdings anders. Günther ist davon überzeugt, dass das deutsche Scrabble vielfältiger ist als das englische und nennt ein Beispiel: „Von dem Wort 'euch' habe ich auf 'aufleuchtendes' erweitert.“ Aber auch Konjunktive wie „röche“ oder Wörter in der ersten Person Singular wie „esse“ legt Günther und gibt zu, dass man darüber schon ein wenig nachdenken muss und nicht immer sofort daraufkommt.

Wenn Buchstaben auf dem Bänkchen liegen, die nicht vielversprechend sind, kann der Spieler die Steinchen gegen andere austauschen – ablegen darf er dann allerdings nicht mehr, weil der nächste Spieler an der Reihe ist. „Eigennamen dürfen nicht gelegt werden“, erläutert Günther und verweist auf ein Buch neben sich. In dem stehen alle Wörter, die während eines Spieles gelegt werden dürfen. Zweifelt ein Spieler ein gelegtes Wort an, wird in dem Buch nachgeschlagen. Notfalls genügt auch der Duden.

In Deutschland finden an die 20 Turniere im Jahr statt, an einigen wenigen Wettkämpfen nimmt Günther teil – darunter auch Meisterschaften. Den besten Platz, den der Pensionär bisher belegte, war der zehnte unter 40 Teilnehmern. Doch: Bei solchen Turnieren hat er sogar schon gegen amtierende deutsche Meister gewonnen.

Kontakt per E-Mail an: vistembor@web.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort