Politik zu Gast in Bornheim Wahlkampf-Schlagabtausch vor 100 Schülern

Bornheim · In der Rheinhalle in Hersel trifft die Jugend auf die Politik. Vertreter aus fünf Parteien stellen sich den Fragen des Publikums. Hitzig geht es vor allem beim Thema Bildung zu.

 In der Rheinhalle in Hersel stimmen rund 100 Schüler über wahlrelevante Themen aus der Bildungs- oder Klimapolitik ab.

In der Rheinhalle in Hersel stimmen rund 100 Schüler über wahlrelevante Themen aus der Bildungs- oder Klimapolitik ab.

Foto: Matthias Kehrein

Für das prominent mit Bundes- und Landepolitikern besetzte Podium geht es in der Herseler Rheinhalle ans Eingemachte. Mona Neubaur, Grünen-Landeschefin aus NRW, Ex-Linken-Bundesvorsitzender Bernd Riexinger, SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans und die Bundespolitiker Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Norbert Röttgen (CDU) lieferten sich vor der Bundestagswahl am 26. September einen rhetorischen Schlagabtausch vor etwa 100 Schülern. Besonders im Fokus standen dabei die Themen Klimapolitik und Digitalisierung. 

Nach dem Warm-up mit kurzer Vorstellungsrunde sollten die Protagonisten zu bestimmten Schwerpunkten Farbe bekennen. Beispielweise dazu, was ihre Parteien für junge Menschen leisten. „Bei uns spielen soziale Gerechtigkeit, die Klimakrise oder die Verkehrswende eine große Rolle“, sagte der digital zugeschaltete Riexinger. „Und für Schüler und Studenten hat das viel mit ÖPNV-Ausbau oder einem möglichen 365-Euro-Ticket zu tun.“

Röttgen pariert Affront

Grünen-Politikerin Neubaur stieß ins gleiche Horn: „Auch wir wissen genau, wem die Zukunft gehört.“ Unter anderem deshalb habe ihre Partei intensiv die Debatte um Bildungsgerechtigkeit im Blick und von „Stunde Null“ an den Austausch mit Akteuren der Klimaschutzbewegung Fridays for Future gesucht. „Wir sind vom ernsten Anliegen und Auftrag der Bewegung überzeugt. Andere hätten sie lieber wieder zurück in die Schule geschickt.“

Ein kleiner Affront Richtung Union und FDP, den Röttgen aufgriff. „Wir haben in den vergangenen Jahren sicherlich nicht alles mit der richtigen Bedeutung versehen“, eröffnete der CDU-Politiker, der in diesem Jahr erneut im Rhein-Sieg-Kreis II für ein Bundestagsmandat kandidiert. Allerdings habe seine Union sehr wohl die nötige Kompetenz in ihren Reihen, um unentbehrliche Kompromisse bei strittigen Zukunftsthemen zu erzielen. Röttgen: „Es braucht breite Kompetenz, denn Regieren wird in den nächsten Jahren enorm anspruchsvoll werden.“

SPD identifiziert ein wichtiges Thema

Walter-Borjans sparte eingangs ebenfalls nicht mit Kritik an seiner Partei. „Wir müssen uns eingestehen, dass wir beim Klimaschutz lange nicht die richtigen Weichen gestellt haben. Das müssen wir schnell ändern“, sagte der Sozialdemokrat, dessen Partei bei der Beantwortung drängender Zukunftsfragen bereits verschiedene Positionen auf sich vereine. „Dabei spielt auch Zukunftsangst eine wichtige Rolle, besonders für junge Menschen“, sagte Walter-Borjans.

  (v.l.) Norbert Röttgen, Mona Neubaur, Moderatorin Lena Behnke, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Norbert Walter-Borjans und   Bernd Riexinger (Leinwand).

(v.l.) Norbert Röttgen, Mona Neubaur, Moderatorin Lena Behnke, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Norbert Walter-Borjans und  Bernd Riexinger (Leinwand).

Foto: Matthias Kehrein

Wie sehr er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, belegte ein Blitz-Votum unter den Schülern. Die reckten dazu 100 rote und grüne Stimmkarten in Höhe.

Die überwältigende Mehrheit befürchtet demnach, aufgrund des Klimawandels bald schon einen Planeten vorfinden zu müssen, der deutlich anders und lebensfeindlicher ist als heute. Von nun an stand das Klima im Mittelpunkt. FDP-Politikerin Strack-Zimmermann plädierte für nicht zu rasch auszugebende Klimaziele, die sich am Ende nicht einhalten ließen. „Für uns ist es ebenso wichtig, dass die, die Arbeitsplätze schaffen, dabei nicht verprellt werden.“ Ihr Fazit: Regeln ja, Verbote nein.

Riexinger sprach bei der „meist von Liberalen und Union geführten Innovationsdebatte“ von einer „Scheindiskussion“, die Gutverdiener in der Konsequenz bevorteile und einen Klimaschutz verhindere, „den sich alle leisten können“.

Grünen-Politikerin Neubaur plädierte für eine „saubere Politik“, die konsequent von der „Verteidigung von veralteten Konzepten“ abrückt und sich traut, „sich für die wichtigen Dinge“ im Bau- und sozialen Sektor und in Sachen Mobilität der Zukunft einzusetzen“. Neubaur stellte klar: „Je mehr Zeit wir verlieren, desto drastischer müssen künftige Entscheidungen ausfallen.“

Wenn Bildung zum Streitthema wird

In Sachen Bildung und Digitalisierung arbeiteten sich alle Podiumsgäste an Zuständigkeiten von Bund und Land ab. Röttgen kritisierte den häufig hinderlichen Bildungsföderalismus. Strack-Zimmermann forderte im Namen der FDP eine „komplette Digitalisierung der Schulen. Ohne Wenn und Aber“. Und Linken-Politiker Riexinger prangerte den Investitionsstau in den Bildungseinrichtungen an. Routiniert ratterten die Polit-Profis das kleine Einmaleins des notwendigen Infrastrukturausbaus in ländlichen Regionen (Walter-Borjans) oder digitalen Schulen und Verwaltungen (Röttgen) herunter. Auch Versäumnisse hielten sie sich vor.

Dabei mischten auch die Schüler mit. Einige diskutierten energisch mit Strack-Zimmermann über die Gefahren überstrapazierter Digitalkompetenz bei frühkindlicher Bildung. Anderen Schülern rieben sich an einem anderen Umstand: Konsens auf der Bühne schien zu sein, dass der Bildungssektor zu wenig gefördert wird. Danach verloren sich alle Politiker allerdings im Klein-Klein, als es um die Finanzierung möglicher Auswege ging.

 Besonders deutlich wurde das Dilemma, als der 16-jährige Bornheimer Nehad zum Mikro griff. „Schüler von heute haben Lehrer von gestern. Und Sie erwarten tatsächlich, dass wir die Probleme von morgen lösen?“ Anhaltender Applaus und eifriges Nicken kamen daraufhin aus dem Publikum. Auf der Bühne tauschten die Politiker hastig Blicke. Die passende Antwort darauf schien zumindest an diesem Tag keiner der Protagonisten in petto zu haben.

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