Interview mit Joachim Strauß „Wir wollen noch ein Gründerzentrum bauen“

Bornheim · Der Gewerbepark Bornheim Süd/Alfter Nord wächst rasant. Am Mittwoch erfolgte der Spatenstich des Autoteile-Lieferanten PV Automotive. Für die Vermarktung der Grundstücke zwischen der A 555 und der Eisenbahnlinie ist die Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Bornheim (WFG) zuständig. Mit Prokurist Joachim Strauß sprach GA-Redakteurin Antje Jagodzinski.

 Joachim Strauß ist Prokurist.

Joachim Strauß ist Prokurist.

Foto: Antje Jagodzinski

Womit kann Bornheim als Wirtschaftsstandort punkten?
Joachim Strauß: Bornheim zeichnet sich durch die günstige Lage zwischen den Zentren Köln und Bonn aus. Ein wesentlicher Faktor ist auch der Autobahnanschluss, der seit 2003 den direkten Zugang zur A 555 ermöglicht, was sehr positive Auswirkungen auf die Entwicklung insbesondere auf das Gebiet Bornheim Süd hatte.

Was zählen Sie zu den größten Erfolgen der WFG?
Strauß: Ein Meilenstein war, dass es uns gelungen ist, mit dem Porta Einrichtungshaus und dem Baumarkt Bauhaus zwei große Magneten anzusiedeln. Dadurch hat das Gebiet über die Region hinaus Aufmerksamkeit bekommen. Aber man muss auch die konjunkturelle Entwicklung sehen. Allein in Bornheim Süd haben wir von 1999 bis 2015 30 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert. Und die Ansiedlung der Unternehmen führt ja zu weiteren Aufträgen, etwa für Bau- und Handwerksfirmen.

Auffällig ist in Bornheim Süd der Branchenmix...
Strauß: Uns ist wichtig, dass das Gebiet von der Bevölkerung akzeptiert wird. Unser Konzept sieht daher vor, dass wir in Eingangsbereichen auch Freizeit- und Gastronomienutzung ansiedeln, damit es abends und an Wochenenden belebt ist. Solche Angebote haben wir inzwischen mehrere, wie das Bowling-Center, die L'Osteria, den Mallorquiner, der jetzt mit einer Kochschule erweitert und ein Frauenfitnesscenter baut. Und im interkommunalen Bereich, also Alfter Nord, will sich ja bekanntlich noch ein Miss Pepper American Diner Restaurant ansiedeln.

Die WFG ist gegründet worden, um die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen in Bornheim zu verbessern. Inwieweit ist das in den vergangenen 20 Jahren gelungen?
Strauß: Wir haben als kommunale Gesellschaft, als GmbH, im Kern die Aufgabe, die Erschließung und Entwicklung von Gewerbegebieten zur Ansiedlung von Unternehmen voranzutreiben, die wiederum Arbeitsplätze schaffen. Und das ist auch erfolgreich gewesen: Wir haben in den letzten 15 Jahren allein in Bornheim Süd circa 65 bis 70 Unternehmen angesiedelt. Insgesamt kommen wir dort, wenn man das angrenzende Gebiet von Landgard mitrechnet, auf 1900 Arbeitsplätze, die geschaffen oder erhalten werden konnten.

Wo lagen die Herausforderungen in den Anfängen der WFG, und wo werden sie künftig liegen?
Strauß: Das Produkt, das wir verkaufen, ist das voll erschlossene Gewerbegrundstück. Wichtig ist da natürlich erst mal die Flächenverfügbarkeit. Also erst mal muss man größere Flächen zusammenhängend akquirieren können, dann folgen Planungsrecht und Erschließung und schließlich die Vermarktung. Es ist sehr viel Know-how und Engagement eingeflossen, denn die Kunst war, die ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen über freiwilligen Grunderwerb anzukaufen. Das war der Startpunkt, und dann ist das Gebiet Bornheim Süd in drei Bauabschnitten Zug um Zug entwickelt worden. Spannend wird sein, ob es auch in Zukunft gelingt, zusammenhängende Flächen zu entwickeln.

Stichwort Landwirtschaft, die ist in Bornheim ja auch prägend. Sehen Sie sich dazu in Konkurrenz?
Strauß: Es besteht natürlich schon eine gewisse Flächenkonkurrenz zwischen Landwirtschaft und Gewerbeflächenentwicklung, aber auch zu Wohnen, Freizeit und Erholung. Die Landwirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor hier in Bornheim. Wenn man darüber nachdenkt, wo künftige Gewerbeflächen liegen könnten, dann ist es schon wichtig, da einen Interessenausgleich zu finden, zum Beispiel über Tauschflächenangebote. Wir haben auch ein Modell für die ökologischen Ausgleichsflächen, die wir für Eingriffe in Natur und Landschaft ankaufen und anlegen müssen. Wenn es sich dabei um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt, ermöglichen wir den Landwirten hier eine weitere Bewirtschaftung unter bestimmten ökologischen Kriterien – so gehen ihnen die Flächen nicht verloren, lediglich das Bewirtschaftungskonzept muss angepasst werden.

Wo könnten neue Flächen liegen?
Strauß:Für neue Gewerbeflächen ist der Zugang zur überregionalen Infrastruktur und damit die Nähe zu Autobahnanschlüssen entscheidend. Denkbar sind eine Erweiterung von Bornheim Süd auf der anderen Seite der Autobahn in Hersel (Mittelweg) oder eine Fortsetzung der interkommunalen Kooperation bei der möglichen Ausdehnung des Teilbereiches Alfter Nord. Dazu läuft in der Nachbarkommune Alfter eine Machbarkeitsstudie; auch in Bonn wird das Thema gutachterlich untersucht. Zudem könnten weitere Flächen in Sechtem liegen. Hier sind im Flächennutzungsplan bereits Erweiterungsflächen für den Gewerbepark Sechtem ausgewiesen.

Inwiefern bringt eine eigene Gesellschaft Vorteile?
Strauß: Man ist näher an den Unternehmen dran. Wir sind als kommunale Gesellschaft ja ein Stück weit aus der Verwaltung ausgelagert, das heißt, die Politik gibt nur die Rahmenbedingungen vor, zum Beispiel mit einem Bebauungsplan, und wir agieren dann als GmbH mit unseren eigenen Gremien. So können wir schneller entscheiden, die Wege sind kürzer.

Sie sprachen schon den Teil Alfter Nord im Gewerbepark an, den Sie für die Nachbargemeinde mit erschließen und vermarkten. Wie wichtig ist diese Kooperation?
Strauß: Da die Flächen knapper werden, macht es Sinn, interkommunal zusammenzuarbeiten. Das wird auch von Seiten der Landespolitik unterstützt. Wir treten auch auf Messen gemeinsam als Region Bonn und Metropolregion Köln-Bonn auf. Das Überregionale ist der Maßstab, so hat man vielleicht auch Möglichkeiten, andere, auch internationale Firmen anzusiedeln, die man alleine nicht hätte.

Aber sind Sie für die Stadt Bonn nicht auch zum Konkurrenten geworden? Denn es ziehen ja auch einige Bonner Unternehmen nach Bornheim Süd und Alfter Nord....
Strauß: Nein, das sehe ich nicht so. Aus Sicht der Bonner besteht ja auch ein Interesse, die Unternehmen in der Region zu halten. Viele Geschäftsführer wohnen nach wie vor mit ihren Familien in Bonn, also die Kaufkraft ist nach wie vor in der Region. Es ist nun mal so, dass die Flächen in Bonn und auch in Köln knapp sind, und so kommen viele Unternehmen eben automatisch auf Bornheim. Insofern ist es wichtig, dass man da zusammenarbeitet. Das könnte auch noch intensiviert werden, zum Beispiel, dass Wirtschaftsförderer sich gemeinsam Gedanken machen, wie man die Altstandorte der Unternehmen weiter verwerten kann.

Und wie knapp sind die Flächen in Bornheim Süd mittlerweile?
Strauß:Die letzten Flächen, das sind noch circa drei Hektar von insgesamt 44,5 Hektar Gewerbeflächen, sind jetzt im Angebot und werden voraussichtlich in diesem oder nächsten Jahr verkauft. Wir haben zum Beispiel vor, noch ein Gründerzentrum zu bauen. Dafür haben wir jetzt einen Investor gefunden, der ein Gebäude mit kleineren Büro- und Halleneinheiten bauen will. Das bietet auch wieder Kooperationsmöglichkeiten, beispielsweise mit der Alanus Hochschule. Das ist unter anderem für Gründer sehr attraktiv.

Die WFG

Die Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Bornheim (WFG) wurde am 22. März 1996 von Vertretern der Stadt, der heutigen Kreissparkasse Köln und der heutigen Volksbank Bonn Rhein-Sieg als GmbH ins Leben gerufen. Am 14. Mai erfolgte der Eintrag ins Handelsregister. Die WFG vermarktet mit zwei festen, zwei freien und zwei städtischen Mitarbeitern die Gewerbeparks in Bornheim Süd, Sechtem und Kardorf.

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