Landwirtschaft im linksrheinischen Kreis Zu wenig Regen lässt die Erträge der Getreideernte sinken

Swisttal/Bornheim · Beim Winterweizen machen extreme Wetterlagen den Landwirten in der Region zu schaffen. Immer öfter kommen neue Sorten zum Einsatz.

 Jens Woitel erntet mit dem Mähdrescher Winterweizen auf Versuchsflächen bei Morenhoven.

Jens Woitel erntet mit dem Mähdrescher Winterweizen auf Versuchsflächen bei Morenhoven.

Foto: Axel Vogel

Bei der Getreideernte, die in vollem Gange ist, werden die Landwirte wohl auch in der Region in diesem Jahr mit deutlichen Einbußen rechnen müssen. Was sich bereits bei der weitgehend beendeten Gerstenernte abgezeichnet hatte (der General-Anzeiger berichtete) setzt sich nun auch beim Einbringen des für die Landwirte wichtigen Winterweizens fort: Die viel zu trockene Witterung führt zu teils deutlichen Ertragsrückgängen. Das sag Jens Woitel, Leiter Versuchswesen des Unternehmens „Hauptsaaten für die Rheinprovinz GmbH Köln“, das in Meckenheim seinen Sitz hat, und Versuchsflächen bei Morenhoven betreut.

Unterm Strich rechnet Woitel mit bis zu drei Tonnen weniger Weizen pro Hektar an Ertrag auf den Flächen in der Region: „In einem normalen Jahr ernten die Landwirte etwa neun bis zehn Tonnen pro Hektar. In diesem Jahr dürften es nur rund sieben Tonnen werden“, schätzt Woitel. Die Ursache dafür hat er rasch ausgemacht: „Ich kann mich kaum an ein so trockenes Jahr mit so wenig Niederschlägen erinnern.“ Insgesamt beklagt er eine erneute Extremwetterlage mit einem trockenen Frühjahr, Spätfrost und dann Temperaturen bis 38 Grad: „Das sorgt bei den Pflanzen für Stress und vor allem dafür, dass neben dem Obstanbau auch das Getreide richtig gelitten hat.“

Frühreife Sorten werden angepflanzt

Damit die Landwirte für solche Extremwetter besser gerüstet sind, führe die Firma Hauptsaaten Sortenversuche für sämtliche Getreidesorten im Auftrag verschiedener Züchter durch, erklärt Woitel. So wächst etwa auf den Pachtflächen in Morenhoven auch ein spezieller Winterweizen, den Woitel für das Bundessortenamt testet. Dabei gilt es, neue Sorten auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und auch hinsichtlich ihres Ertragsniveaus zu testen. Ein ganz wichtiger Aspekt ist für Woitel, das Getreide gegen offensichtlich zunehmende Extremwetterlagen zu wappnen. Sprich: Sorten auf ihre Resistenz gegen Trockenheit und Kälte zu testen. Dabei hat er gute Erfahrungen mit frühreifen Sorten gemacht: „Das ist so etwas wie ein Steckenpferd unseres Unternehmens.“ Bis zu einer Tonne mehr Ertrag pro Hektar habe frühreifer Winterweizen auf den Flächen des Versuchswesens erbracht.

Ähnlich positiv mit der Anwendung solch frühreifer Sorten fallen die Erfahrungen etwa 20 Kilometer Luftlinie entfernt bei Peter Zillikens aus. Der Landwirt aus Bornheim-Sechtem beackert große Getreideflächen und hat jetzt seinen Mähdrescher über sein letztes, etwa sieben Hektar großes Feld rollen lassen, auf dem noch Winterweizen stand. Gerade noch rechtzeitig vor dem Heraufziehen dunkler Regenwolken. Der Kampf gegen die ungewohnten Widrigkeiten der Natur hat auch Zillikens jede Menge schlechter Erträge beschert.

Er geht von einem Minus von rund 30 Prozent beim Winterweizen aus: „Es war viel zu trocken und dann hat auch noch ein Unwetter mit Hagel große Schäden angerichtet.“ Da auch in den kommenden Jahren ähnlich ungünstige Wetterlagen zu befürchten sind, experimentiert Landwirt Zillikens mit frühreiferen Sorten. Auf etwa 20 Hektar hat er in diesem Jahr Winterweizen angebaut, der im Durchschnitt rund sechs Tage früher reif wird als herkömmliche Sorten. Auf diesen Feldern hat Zillikens rund 30 Prozent mehr geerntet als auf den herkömmlichen Flächen: „Diese sechs Tage können unter Umständen das Tüpfelchen auf dem i sein“, sagt er.

Landwirte hoffen auf konstantes Wetter

Die Befunde der beiden Landwirte passen aus Sicht von Andrea Hornfischer, Pressesprecherin des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV) in Bonn, ins Bild: „Der Weizen hatte es in diesem Jahr nicht leicht“, sagt sie. Deutliche Niederschlagsdefizite seit der Aussaat im Herbst und viel zu hohe Temperaturen im Mai und Juni ließen die Landwirte Ertragseinbußen befürchten „Die Erträge dürften um zehn bis 20 Prozent niedriger liegen als normal“, so Hornfischer. Bei sandigeren Böden sind noch höhere Ertragseinbußen eingetreten. Wie sich die Zahlen weiterentwickeln, das bleibe abzuwarten.

Für die Landwirte heiße es jetzt, auf konstantes Wetter zu hoffen. Wie der RLV erklärt, ist eine trockene und sonnige Witterung für die Ernte nötig, ansonsten besteht die Gefahr des Auswuchses. Auswuchs bedeutet, dass die Körner bei feuchter Witterung bereits in der Ähre erneut keimen, was enorme Qualitätsverluste zur Folge hat.

In NRW wird auf circa 270 000 Hektar Fläche Winterweizen angebaut. Ungefähr ein Drittel davon, nämlich 100 000 Hektar, liegen im Rheinland. Weizen ist in Deutschland die bedeutendste Getreideart.

Die Wintergerstenernte ist im Rheinland abgeschlossen. „Die Erträge lagen auch hier auf den sandigeren Böden und in den sehr trockenen Regionen um rund zehn Prozent unter dem gewohnten Niveau“, sagt Andrea Hornfischer. Auf besseren Böden seien normale Erträge geerntet worden. Die Qualität der Ernteware ist aus Sicht des Landwirtschafts-Verbandes „insgesamt gut“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort