Unterstützung im Rhein-Sieg-Kreis In Zeiten des Coronavirus wächst die Nachbarschaftshilfe

Rhein-Sieg-Kreis · Auch im Linksrheinischen bieten immer mehr Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen älteren Menschen ihre Unterstützung an. Nach ihrem Hilfsangebot in den Sozialen Netzwerken ist eine Bornheimerin überwältigt.

 Ein Anruf genügt: In der privaten Initiative „Nächstenhilfe Alfter“ engagieren sich Nina und Christian Lanzrath und kaufen für Senioren ein.

Ein Anruf genügt: In der privaten Initiative „Nächstenhilfe Alfter“ engagieren sich Nina und Christian Lanzrath und kaufen für Senioren ein.

Foto: Matthias Kehrein

„Social Distancing“ lautet gerade die vorherrschende Empfehlung im Umgang mit anderen – wegen des Coronavirus sollen Menschen, vereinfacht gesagt, Abstand zueinander halten. Experten raten, zu Hause zu bleiben, um die Ausbreitung von Covid-19 zu verlangsamen oder gar zu verhindern. Das gilt besonders für sogenannte Risikogruppen wie Senioren oder Menschen mit Vorerkrankungen, für die eine Ansteckung lebensbedrohlich sein könnte. Doch auch diese müssen früher oder später vor die Tür, zum Beispiel um einkaufen zu gehen. Um ihnen zu helfen, haben sich in den vergangenen Tagen im Linksrheinischen mehrere Gruppen zusammengefunden. Auch einzelne Freiwillige bieten in den Sozialen Medien ihre Hilfe an.

Helfer aus der Nachbarschaft warten auf Anrufe

Unter #EinHamsterfürAlle stellt die Bornheimerin Nadine A. sich zur Verfügung. „Wir erledigen kleine Einkäufe, einen Gang zur Post oder in die Apotheke, eine Gassirunde mit dem Hund usw. für diejenigen in unserer Mitte, die älter als 60 Jahre oder krank zu Hause sind“, heißt es in ihrem Facebook-Post. „Ich bin auf die Idee gekommen, weil ich in Merten im Nahkauf arbeite und gesehen habe, wie leer die Regale, wie rücksichtslos und fies die Leute teilweise waren. Da hat sich in mir ein großes Bedürfnis nach Gerechtigkeit und positivem sozialen Miteinander aufgestaut“, erklärt die 30-Jährige, die vor einem Jahr von Dresden nach Merten gezogen ist.

Bisher habe sie keinen Anruf von Hilfesuchenden erhalten, dafür etwa zehn von Bornheimern, die ihre Hilfe anbieten wollen. „Das begeistert mich und lässt mich weiterhin hoffen, dass doch der überwiegende Teil der Nachbarn genauso ein großes Herz hat wie ich und nach dem Motto lebt: Gemeinsam ist besser als allein.“ Sobald Anfragen eintreffen, will sie sich mit den anderen Helfern koordinieren, um möglichst viele Gebiete abdecken. Kontakt unter  ☏ 0151-12666843.

Zu den Freiwilligen gehört auch der 28-Jährige Marcel Brinckmann. In einem Facebook-Post bietet er Menschen aus Risikogruppen seine Hilfe an. „Ich kam auf die Idee, weil die ältere Generation jetzt in Zeiten von Corona dringend Hilfe braucht. Die ältere Generation war auch für mich sehr oft da, vor allem die Eltern von meinen Schwiegereltern in spe“, erklärt der Auszubildende im Sicherheitsdienst seine Motivation. „Man darf ja auch nicht vergessen was die ältere Generation nach dem Zweiten Weltkrieg alles geleistet hat. Und ich persönlich kann mir vorstellen, wie schwer es auch für die kranken Menschen im Moment ist, in der Gefahr zu Leben.“ Bisher habe sich noch niemand auf seine Angebot gemeldet, aber er sei optimistisch. Erreichbar ist Brinckmann über seine E-Mail-Adresse Brinckmann.marcel1991@mail.de.

Im Bornheimer Ortsteil Brenig sind die organisatorischen Strukturen für schnelle Hilfen unter Nachbarn bereits eingespielt. Bei Sabine Görres, Ansprechpartnerin der Gemeindesozialstelle „Lebensnah - aktiv vor Ort“ im Pfarrheim, laufen die Fäden der Breniger Nachbarschaftshilfe in Zeiten der Coronakrise zusammen. Mit Flyern machen Lebensnah und der Förderverein St. Evergislus auf das Einkaufsangebot für die Älteren des Ortes aufmerksam.

„Schon während der Flüchtlingskrise gab es in Brenig eine große Hilfsbereitschaft, und wir bekommen jetzt auch sehr viele positive Rückmeldungen“, berichtete Görres. Sie hofft, dass Ende der Woche die ersten Einkäufe getätigt werden können. Zu erreichen ist die Stelle telefonisch unter ☏ 01­­57-54686811 und ☏ 02222-9299205 sowie mit einer E-Mail an lebensnah@sanktevergislus.de.

 Einkauf auf Bestellung.

Einkauf auf Bestellung.

Foto: Matthias Kehrein

In Kardorf riefen der Junggesellenverein und der Ortsausschuss eine Nachbarschaftshilfe ins Leben: ☏ 0157-34873863. In Widdig stellen sich mehrere Personen zur Verfügung; den Kontakt kann Konrad Velten herstellen. Der Ortsvorsteher ist unter ☏ 02236-2216 zu erreichen. Viel Zuspruch erhielt auf Facebook der Beitrag eines 13-Jährigen, der Gefährdeten in Sechtem Botengänge anbietet. Unter dem Motto „Bornheim hält zusammen – wir helfen“ bündeln Junge Union und CDU Ihre Kräfte. „Dieses Projekt soll über unsere Parteigrenze hinweg ein Forum schaffen, in dem Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich in der jetzigen schwierigen Zeit des Coronavirus sich gegenseitig helfen können“, heißt es von der Partei. Helfer und Hilfesuchende können sich unter ☏ 0160-95528807 melden.

In Alfter hat sich eine private Initiative junger Menschen, „Nächstenhilfe Alfter“, zusammengefunden, die unter ☏ 01573-4874923 oder hilfe-alfter@gmx.de zu erreichen ist. „Wer einen Bedarf wie einen Lebensmitteleinkauf hat, kann sich gerne an diese Nummer wenden, eine Unterstützung wird dann organisiert. Die Bezahlung der Waren kann dann an der Haustür erfolgen“, sagt Christian Lanzrath von der Initiative. Mehr Infos auf wasserturmfreunde-gielsdorf.com.

Im Rheinbacher Höhenort Groß Schlebach macht Jörg Meyer sich Gedanken, wie er den Älteren in den umliegenden Dörfern helfen kann. „Eins ist klar: Gegenseitige Hilfe werden wir in Deutschland mit dieser Krise neu lernen“, findet er. Via Facebook bot er sich als Einkaufshilfe für alle Merzbacher und Neukirchener Senioren ab 65 Jahren an. Gerade Senioren sind ja bei Corona mehr gefährdet“, sagt der Diplom-Ingenieur. Er sehe daher in der Unterstützung der Älteren eine Chance, „deren Infektionsrisiko durch deren Aufenthalt in Geschäften, Bussen etc. zu vermeiden“. Sein Aufruf habe einige Resonanz erfahren. „Klar, dass das Ganze nun erst einmal anläuft.“ Er hofft, dass andere seinem Beispiel folgen mögen, auf diese Weise auf die Nachbarn zu achten.

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