Glockenbeiern in Mehlem Das Aufleben einer alten Tradition

Mehlem · Das Beiern von Kirchenglocken hat eine lange Geschichte, aber den langjährig tätigen Glockenspielern fehlt der Nachwuchs. In St. Severin in Mehlem soll bald wieder „gebeiert“ werden.

 Georg Wagner (im Hintergrund) und Ariane Toffel haben sehr lange Erfahrung mit dem Glockenspiel und ließen sich von Toni Liessem die Kunst des Beierns in der katholischen Kirche in Mehlem erläutern.

Georg Wagner (im Hintergrund) und Ariane Toffel haben sehr lange Erfahrung mit dem Glockenspiel und ließen sich von Toni Liessem die Kunst des Beierns in der katholischen Kirche in Mehlem erläutern.

Foto: Alfred Schmelzeisen

In der südlichst gelegenen katholischen Kirche im linksrheinischen Bereich des Erzbistums Köln wurden bis vor zwei Jahren zu ganz bestimmten Festveranstaltungen die Glocken gebeiert. Zu Fronleichnam und zur Mehlemer Kirmes im Herbst waren Männer im Kirchturm am Glockenstuhl zugange. Und auch am Mittag des Karnevalsdienstag diente das Beiern dann ganz speziell in Erinnerung an „Heinrich und Kunigunde“, deren Sagengeschichte seit Jahrzehnten zur gleichen Zeit am Rodderberg von Vertretern der Mehlemer Sebastianus-Schützen vorgetragen wird.

Das Beiern unterbleibt allerdings seit zwei Jahren, weil man für Toni Liessem, den langjährigen Hauptakteur beim Glockenbeiern in Mehlem, noch keinen Nachfolger gefunden hat. Liessem, der von Beruf Anstreicher und später Berufsfeuerwehrmann war, ist in Mehlem kein Unbekannter. Über 40 Jahre nahm er in der Kirche den Posten des Hausmeisters wahr. Sein handwerkliches Geschick führte dazu, dass er auch in den Nachbar-Kirchengemeinden zum Einsatz kam. „Schließlich habe ich mich um fünf Kirchen, fünf Kindergärten und die jeweiligen Pfarrheime gekümmert“ erzählt Toni Liessem, und erwähnt dann, dass er 1956 das Beiern der Kirchenglocken bei Toni Grenzdörfer erlernt hat und als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr weitere Feuerwehrkameraden, unter anderem auch Karl-Heinz Katz und Hans-Heinrich Walbröl sowie Otto Busch halfen, das Glockenbeiern zu realisieren. Aber altersbedingt kann Toni Liessem all seine Fähigkeiten nicht mehr einbringen.

Es ist nun quasi ein Zufall, dass künftig zu besonderen Anlässen wieder im Kirchturm von St. Severin „gebeiert“ werden könnte. Statt des normalen Geläuts werden beim Beiern kurze Melodien auf den Glocken im Turm gespielt. Der Vorsitzende des Verein Bürger.Bad.Godesberg, Joachim Schäfer, erwähnte in einem ganz anderen Zusammenhang, dass doch aus dem Kreis der Spieler des Carillon-Glockenspiels im Bad Godesberger Stadtpark die ausgebildeten Carilloneure Ariane Toffel und Georg Wagner vielleicht daran interessiert sind, in Mehlem die alte Glockenbeiern-Tradition wiederzubeleben. Und beide trafen sich in der vergangenen Woche mit Toni Liessem an der Severinskirche zu einem kurzen Vorstellungstermin.

Dabei kam dann auch schnell heraus, dass Georg Wagner und seine Ehefrau Ariane Toffel das Beiern von Kirchenglocken sehr gut kennen und ihr Können auch auf der gegenüberliegenden Rheinseite an Kirchen schon oft vorgestellt haben. Georg Wagner spielt in der von Pfarrvikar Alexander Wimmershoff, dem ehemaligen Mehlemer Pfarrer, geleiteten Pfarreiengemeinschaft Königswinter Am Oelberg auf der gegenüberliegenden Rheinseite oft auch die Kirchenorgel. Ariane Toffel sang schon mehrfach beim Bad Godesberger Projektchor mit und kennt die Severinskirche sehr genau.

Wann beide nun das erste Mal im Glockenturm an der unter Denkmalschutz stehende Bronzeglocke „Bärbchen“ oder den drei knapp 70 Jahre alten Stahlglocken „Maria“, „Sebastianus“ und „Severin“ die Kunst des Glockenbeierns vorstellen werden, steht noch nicht fest. Zunächst müssen die kirchlichen Entscheider ihr Einverständnis geben, damit die alte Tradition eine Fortsetzung erlebt. Toni Liessem war auf jeden Fall sichtlich begeistert, dass die Carilloneure des Bad Godesberger Glockenspiels auch in St. Severin bald ihr Können zu Gehör bringen wollen.

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