Nach der Flutkatastrophe Landrat kritisiert schleppende Aufbauhilfe im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Sebastian Schuster, der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, ist sauer: Vier Monate nach der Flutkatastrophe habe das Land nicht einmal zehn Prozent der Anträge auf Aufbauhilfen bearbeitet.

 Der Wiederaufbau geht zwar voran, aber die Hilfen durch das Land laufen „unbefriedigend“, so Landrat Sebastian Schuster.

Der Wiederaufbau geht zwar voran, aber die Hilfen durch das Land laufen „unbefriedigend“, so Landrat Sebastian Schuster.

Foto: Matthias Kehrein

Die Aufbauhilfen des Landes für die von der Flutkatastrophe betroffenen privaten Haushalte, Gewerbetreibenden und Kommunen laufen offenbar sehr schleppend. Landrat Sebastian Schuster kritisierte am Montag im Kreisausschuss, dass die Kommunen immer noch keine Anträge stellen könnten, weil das Land noch keine Musterbescheide aufgestellt habe. So sitze der Rhein-Sieg-Kreis beispielsweise nach wie vor auf rund 20 Millionen Euro alleine an Entsorgungskosten.

Bei den privaten Haushalten seien bislang noch nicht einmal zehn Prozent der Anträge bewilligt worden, so Schuster. Von 3000 antragsberechtigten Betrieben seien gerade mal 19 Anträge bewilligt worden, sagte er. „Das ist sehr unbefriedigend.“ Das sei auch Thema der Vorstandssitzung des Vereins Köln Bonn am Montagmorgen gewesen.

Zwischenbericht des Rhein-Sieg-Kreises

Wie berichtet, können seit dem 17. September betroffene Privathaushalte und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen Anträge auf Auszahlungen aus dem Fonds „Aufbau Hilfe 2021“ stellen. Dies sei ausschließlich online über ein Förderportal des Landes NRW möglich, sagte die Leiterin der Stabsstelle Wiederaufbau in der Kreisverwaltung des Rhein-Sieg-Kreises, Ulla Thiel, die dem Ausschuss einen Zwischenbericht über den Stand des Wiederaufbaus nach der Überflutungskatastrophe vorlegte. Es komme immer wieder vor, dass sich Bürgerinnen und Bürger an die Kreisverwaltung wendeten, die noch nie mit E-Mails zu tun hatten beziehungsweise nie online gearbeitet hätten, so Thiel. Das Gros aber käme damit ganz gut zurecht oder hätte Familienangehörige, die ihnen dabei helfen könnten.

Die Kreisverwaltung unterstütze die Betroffenen dabei an vier Standorten in Swisttal-Ludendorf, in Rheinbach, in Meckenheim und im Kreishaus in Siegburg. Schwierigkeiten gebe es bei Betroffenen immer wieder, Schadensgutachten durch die Versicherungen zu bekommen. Viele wüssten gar nicht, dass sie die Anträge auch ohne dieses Gutachten stellen und das Gutachten dann später nachreichen könnten, so Thiel.

Personal aufgestockt

Die Wiederaufbauberatung, die montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr stattfindet, werde von zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Personalbestand der Kreisverwaltung abgedeckt. Bislang seien rund tausend Beratungen durchgeführt worden. Zusätzlich habe der Kreis externe Unterstützung durch 21 weitere Personen bekommen, hieß es. Unterstützung in verschiedenen Fachbereichen durch Bundesbeamte sei angefragt worden. Mittlerweile sei die Stabsstelle um zwei Mitarbeiterinnen aufgestockt worden. Somit arbeiten mittlerweile zwei Vollzeitkräfte und zwei Teilzeitkräfte in der Stabsstelle.

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Mit Blick auf den Winter sagte Thiel, dass niemand im Kalten sitzen müsste. Die Situation sei nicht mit der im Ahrtal zu vergleichen. Der Bedarf an Heiz-Radiatoren sei von den Kommunen gedeckt worden. Eine konkrete Abfrage der Stabsstelle habe ergeben, dass in keiner der betroffenen Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises eine akute Notlage oder drohende Obdachlosigkeit bestehe. Wohnungsangebote seien vorhanden, ebenso bestehe die Möglichkeit, durch Containerlösungen oder Unterbringung in städtischen Notunterkünften, Ferienwohnungen oder Hotels Ersatzwohnraum anzubieten.

Die Versorgungsproblematik in Bezug auf Gas ist Thiel zufolge „tendenziell abnehmend“. Verzögerungen bei der Wiederherstellung der Heizungsanlagen seien unter anderem auch dem Umstand geschuldet, dass Handwerker stark ausgelastet sind und Brenner und Thermen derzeit schwer zu beschaffen seien.

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