Schotterflächen sind in Königswinter künftig tabu Für „Gärten des Grauens“ ist kein Raum

Königswinter · Die Stadt Königswinter will mit einer neuen Satzung die zunehmende Versiegelung von Gartenflächen verhindern.Die Stadt Bad Honnef denkt darüber nach.

 Schottergärten (hier in Berlin) schaden der Artenvielfalt und dem Klima. Der Königswinterer Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz bringt deshalb eine neue Satzung auf den Weg.

Schottergärten (hier in Berlin) schaden der Artenvielfalt und dem Klima. Der Königswinterer Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz bringt deshalb eine neue Satzung auf den Weg.

Foto: dpa/Annette Riedl

Königswinter sagt der Versiegelung von Vorgärten den Kampf an. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz hat sich für eine von der Verwaltung erarbeitete Vorgartensatzung ausgesprochen. Wenn der Stadtrat am 28. Juni den endgültigen Beschluss fasst, wird diese anschließend bekannt gemacht und tritt dann in Kraft. Während künftig nur noch maximal 50 Prozent der Vorgartenfläche versiegelt werden dürfen, genießen vorhandene Vorgärten bis zu einem Neu- und Umbau des Gebäudes oder einer Änderung des Vorgartens Bestandsschutz. 

Die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hatten im vergangenen Jahr im Rahmen der gemeinsamen Volksinitiative Artenvielfalt NRW ein klares Verbot von Schottergärten in der Landesbauordnung gefordert. Die bisherigen Vorschriften der Landesbauordnung liefen in der Praxis ins Leere.

Viele Städte in NRW ändern Bebauungspläne

Obwohl darin festgeschrieben sei, dass „nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbaute Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen sind“, entstünden ungebremst überall im Land neue Schottergärten. Über das Insekten- und Vogelsterben nur zu klagen, helfe keiner einzigen Wildbiene auf der Suche nach Nektar und keiner Amsel, die nach einem Wurm suche. Die Naturschützer gehen davon aus, dass bundesweit rund 15 Prozent der Vorgärten in Schottergärten umgewandelt werden. Viele Städte in NRW hätten daher bereits ihre Bebauungspläne geändert.

Die CDU-Fraktion hatte im Mai 2020 in einem Antrag in Königswinter den Ausschluss von Schotterflächen gefordert. Wegen der Pandemie konnte die Vorgartensatzung erst jetzt im Ausschuss beraten werden. Durch Mindestanforderungen für die Gestaltung von Vorgärten sollen sowohl ein grüneres Ortsbild geschaffen als auch Verbesserungen für den Artenschutz, das Mikroklima und den Wasserhaushalt erreicht werden. Befestigte Flächen sind künftig nur noch auf maximal 50 Prozent der Vorgartenfläche zulässig. Als befestigte Flächen zählen Garagen, Carports, Pflaster, Rasengittersteine, wassergebundene Decken, Steine, Sand, Kiesel- und Schotterflächen. Bei Doppel- und Reihenhäusern können die befestigten Flächen bis zu 70 Prozent einnehmen. Wer sich nicht daran hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 100 000 Euro geahndet werden kann.

Der Beschluss wurde einstimmig gefasst, nur Jessica Gaitskell (FDP) enthielt sich. Sie stellte die Maßnahme im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit generell in Frage und bezweifelte, dass „ein so harter Eingriff“ in die Freiheit der Bürger gerechtfertigt sei. Auch stehe der Kontrollaufwand für das Ordnungsamt in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen. Stattdessen solle man besser Aufklärung betreiben und zum Beispiel durch einen Wettbewerb für den schönsten Vorgarten positive Anreize setzen.

Dafür erntete sie heftigen Widerspruch seitens der anderen Fraktionen und der Verwaltung. „Die Frage, ob das was bringt, ist völlig überflüssig“, meinte Rainer Blanke (Grüne). Laut Cornelia Gamm vom Technischen Dezernat reichten positive Anreize nicht aus. „Wir stellen fest, dass bei sehr vielen neuen Bauvorhaben massiv die Vorgärten versiegelt werden“, meinte sie. Für Dezernent Theo Krämer geht es um „eine Frage der Haltung“. „Wenn wir dieses Thema ausnehmen, werden auch die vielen Dinge, die wir gerade beim Klimaschutz versuchen in Gang zu setzen, schwieriger.“

Ulrike Ries (Köwi) meinte, dass „man der Verantwortung des Einzelnen manchmal mit einer Satzung eben auf die Sprünge helfen muss“. Josef Griese (CDU), dessen Fraktion den Anstoß zur neuen Satzung gegeben hatte, betonte, dass es nicht darum gehe, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Zukunft Eigenheimbesitzer drangsalieren. „Wir haben aber immer gesagt, dass wir bei Neubauvorhaben klare Kante zeigen wollen.“ Alles andere werde man der Aufklärung durch die Verwaltung überlassen. In einem Flyer mit dem Titel „Grün statt Grau“, der sich auf der Homepage der Stadt findet, wird auf die Vorteile naturnaher Vorgärten hingewiesen und Beratung angeboten.

In Bad Honnef gibt es noch keine Vorgartensatzung. Das Problem ist aber nach Angaben der Stadt aus städtebaulichen und klimarelevanten Gründen bekannt. „Steingärten sind tote Gärten und bilden keinen Lebensraum für Insekten und Vögel“, so Stadtsprecherin Christine Pfalz. Die Bauaufsicht habe sich dazu beispielsweise mit der Verwaltung in Bonn ausgetauscht. Im Rahmen von Bebauungsplänen und Bauanträgen werde auf die entsprechende Umsetzung der Begrünung hingewirkt. Die Landesbauordnung NRW sehe zwar eine Begrünung nicht bebauter Flächen vor, der Begriff sei aber gesetzlich so unbestimmt, dass auch in Bad Honnef eine Konkretisierung geplant sei.

„Das Thema steht im Zusammenhang mit den Klimaschutzaktivitäten der Stadt auf der Agenda. Dazu gehört auch, dass die Stadt Bad Honnef neben dem ordnungsrechtlichen Ansatz eine Vorbildfunktion hat mit den verschiedenen Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt wie extensive Grünpflege und Bienenwiesen“, so Pfalz. Die Stadt kläre dazu umfangreich auf – etwa im Rahmen von „Bad Honnef lernt Nachhaltigkeit“. Hier seien Akteure aus den Bereichen Bildung, Vereinen und Wirtschaft und die Stadt Bad Honnef aktiv.

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