Aufräumen nach dem Unwetter Für Heimerzheim ist die Evakuierung aufgehoben

Swisttal-Heimerzheim · Die Menschen packen gemeinsam an und entsorgen das zerstörte Hab und Gut. Berge voller Sperrmüll vor den Türen. Der Kreis beklagt zehn Todesopfer.

 In Heimerzheim stand das Wasser etwa 2,50 Meter in der Kölner Straße. Viele Autos sind zerstört, die Infrastruktur ebenso.

In Heimerzheim stand das Wasser etwa 2,50 Meter in der Kölner Straße. Viele Autos sind zerstört, die Infrastruktur ebenso.

Foto: Ralf Klodt

 „Was die Folgen des Unwetters an Solidarität hervorbringt, ist ein großer Schritt gegen die Spaltung, die Corona angerichtet hat“, sagt Günther Mahlberg. Der Heimerzheimer hilft beim Aufräumen an mehreren Stellen der Bachstraße. Seine Familie ist gleich mehrmals hart von der Flutwelle getroffen. An der Bachstraße, Quellenstraße und Kölner Straße und drumherum stand die Swist, die sonst nur ein Rinnsal ist, bis knapp unter das erste Stockwerk. Die Folge: Alle Häuser waren in Keller und Erdgeschoss geflutet. Die Möbel: Alle Schrott. Weil das Wasser auch noch am Donnerstag hoch in den Straßen stand, mussten die Menschen per Hubschrauber oder Boot evakuiert werden. Sie kamen in der Turnhalle und der Georg-von-Boeselager-Schule unter.

Am Wochende hatten die meisten woanders Quartier gefunden. Hermann Menth und Hanne Kirleis sammelten unterdessen in der Turnhalle Kleidungsstücke und Nahrungsmittel. Alles wohlsortiert zur freien Abgabe. In der Boeselagerschule waren nur noch 30 Evakuierte. Unter anderem Katharina (83) und Rudolf (85) Hornstein aus Odendorf, die am Samstagabend ihr Haus hatten räumen müssen. „Ich hatte noch Unkraut im Garten gezupft, da kam die Feuerwehr und holte uns raus“, so Katharina Hornstein. Etwas tiefer gelegen im Dorf machen sich viele Helfer am Hotel Weidenbrück zu schaffen. Auch dort wird zerstörter Hausrat hinausgeschafft und geputzt. Hotelchefin Elisabeth Weidenbrück hatte auch Swistwasser im Privathaus. Im Hotel sind viele Hochwasseropfer untergekommen. Immer wieder kommen Menschen, die beim Aufräumen helfen wollen. Plötzlich taucht Seniorchef Willi Weidenbrück aus dem Keller auf. Er hat die Diplomarbeit seiner Tocher gefunden — unbeschadet. Ein Lichtblick. Überhaupt ist die Stimmung ganz gut. „Wir haben hier das beste Team der Welt“, sagt Elisabeth Weidenbrück.

Überall Zerstörung

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Foto: Matthias Kehrein

Am Peter-Esser-Platz wird der Sperrmüll gesammelt. Ein Bagger schiebt Stunde um Stunde die kaputten Möbel zusammen. Die Bachstraße gleicht einem Kriegsgebiet. Überall Zerstörung. Inzwischen haben die Menschen alles aus den Kellern an die Straße gestellt. Von keinem Gegenstand konnte groß Abschied genommen werden. Die Arztpraxis: zerstört. Das Restaurant Linde: vor dem Ruin. Auf der Quellenstraße ist kaum Durchkommen, so hoch stapelt sich der Unrat. Plötzlich dröhnen Motoren, und eine Kolonne von acht Müllfahrzeugen der Abfallgesellschaft fährt in die Bachstraße ein. Wieder ein Lichtblick.

Allerdings gibt es auch Schatten. In der Quellenstraße kam es in der Nacht zu Diebstählen. „Als es dunkel war, kamen Leute, die mehrere Notstromaggregate mitnahmen“, berichtet Anwohner Wilfried Engels. Aus Widdig kamen ähnliche Berichte, wonach Poolpumpen heiß begehrt waren.

Kritik an Kommunikation

Und es gibt Kritik an der Kommunikation der Behörden. „Die Leute wussten nicht Bescheid, was Sache ist“, so Engels. Tatsächlich hatte der Stromausfall dazu geführt, dass der Krisenstab beim Rhein-Sieg-Kreis nur sporadisch Kontakt mit Swisttal hatte. Der Gemeindekrisenstab hatte in der Bundespolizeischule Unterschlupf gefunden. Dort bedankte sich Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner am Sonntagmorgen beim Präsidenten der Bundespolizei. Die Kommunikationsschwierigkeiten waren aber noch tiefergehend.

So hatten die meisten Heimerzheimer verstanden, dass das Unterdorf Evakuierungsgebiet wegen der Gefahr eines Dammbruchs an der Steinbachtalsperre sei. Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg bestätigte allerdings am Sonntagabend dem General-Anzeiger, dass sich die Evakuierung Heimerzheims nur auf die akute Zeit des Hochwassers bezogen habe. Nur Oberdrees, Niederdrees, Morenhoven, Essig, Miel und Odendorf waren generell für die Bürger gesperrt mit Blick auf die Dammbruchgefahr.

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