Prozessauftakt in Bonn Geiselnehmer wollte erschossen werden

Euskirchen/Bonn · Ein 27-Jähriger nahm 2021 in einem Hotel in Euskirchen eine Geisel. Nun begann vor dem Landgericht Bonn der Prozess.

 Ein Mann muss sich jetzt wegen einer Geiselnahme in Euskirchen vor dem Landgericht Bonn verantworten.

Ein Mann muss sich jetzt wegen einer Geiselnahme in Euskirchen vor dem Landgericht Bonn verantworten.

Foto: dpa/Arne Dedert

Der Geiselnehmer verlangte zwei Millionen Euro und einen Hubschrauber zur Flucht: Vor dem Bonner Landgericht hat am Freitagmorgen das Verfahren gegen einen 27-jährigen Euskirchener begonnen, der am Gründonnerstag 2021 einen Rezeptionsmitarbeiter eines großen Business-Hotels unweit des Euskirchener Bahnhofs mit einem Messer bedroht und als Geisel genommen hatte. Davon, dass er es wirklich auf Geld abgesehen hatte, geht die Staatsanwaltschaft aber gar nicht aus. Vielmehr gelangten die Ankläger zu der Überzeugung, dass die gesamte Tat in Selbstmordabsicht durchgeführt worden war.

„Ich wollte, dass mich die Beamten erschießen“, sagte der komplett geständige Angeklagte den Richtern der 3. Großen Strafkammer gleich am Anfang des Verfahrens. Einen Plan im eigentlichen Sinne habe er allerdings nicht gehabt. Zweimal im März 2021 habe er bereits vergeblich versucht, sich das Leben zu nehmen. Er sei verzweifelt über seine Arbeitslosigkeit, seine finanziellen Schwierigkeiten und seine Spielsucht gewesen. Das erste Mal habe er versucht, sich zu töten, indem er einen Toilettenreiniger zu sich genommen habe, das zweite Mal mit einer Überdosis Schmerzmittel. Letzteres sei am Vortag der Geiselnahme geschehen; er habe sich dann aber quasi selbst aus dem Krankenhaus entlassen.

Da ihm die Schilderung sichtlich schwerfiel, nutzte er nun einen von ihm zuvor auf dem Handy verfassten Text als Gedächtnisstütze: Er sei nach Hause zurückgekehrt, las er aus seiner Aufzeichnung vor, und habe sich ratlos gefühlt. Er habe sich dann ein Küchenmesser genommen und unter die Jacke gesteckt. So ausgestattet habe er dann nach einem kurzen Spaziergang durch die Euskirchener Innenstadt die Lobby des Hotels betreten.

Täter wollte zwei Millionen Euro Lösegeld

Für den heute 23-jährigen Rezeptionisten begann damit ein Albtraum: Unversehens sah sich der junge Mann, der bei seiner Aussage als Zeuge von seinen Eltern unterstützt wurde, der gegen seinen Bauch gerichteten 21 Zentimeter langen Klinge des vom Angeklagten mitgeführten Filetiermessers ausgesetzt. Schnell verlangte der Geiselnehmer, dass der Rezeptionist den Notruf wählen und der Polizei sagen solle, dass er von einem Mann bedroht werde, der auch eine Bombe bei sich trage. Der Täter wolle ein Lösegeld in Höhe von zwei Millionen Euro. Bereits kurze Zeit nach dem Anruf trifft das SEK am Tatort ein. Nun verlangt der Geiselnehmer außer dem Lösegeld auch noch nach einem Hubschrauber zur Flucht. Andernfalls werde er seine Geisel töten und die Bombe zünden.

In einem günstigen Moment gelang es den Beamten dann, den Geiselnehmer mit einem Schuss ins Bein zu Boden zu bringen und das Opfer zu befreien. Der Mann war von dem Geiselnehmer am linken Ringfinger verletzt worden. Ob das Absicht oder ein Versehen des Geiselnehmers war, muss sich in der Verhandlung noch erweisen.

Der Angeklagte befand sich nach der Tat rund zwei Monate in der Psychiatrie. Derzeit steht er unter Betreuung, befindet sich aber auf freiem Fuß. Weil auch die Anklage davon ausgeht, dass die Tat mindestens im Zustand erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit geschah, kommt außer einer Verurteilung auch eine dauerhafte Einweisung in eine psychiatrische Klinik infrage.

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