Stausee bei Euskirchen Hinter den Kulissen der Steinbachtalsperre

Euskirchen/Swisttal · Carsten Bönsch hat einen besonderen Arbeitsplatz: die Steinbachtalsperre in Euskirchen. Er wartet dort die aufwendige Technik – über und unter Wasser. Ein Blick hinter die Kulissen.

 Die Steinbachtalsperre aus der Vogelperspektive: Unten im Bild ist der  Damm zu sehen.

Die Steinbachtalsperre aus der Vogelperspektive: Unten im Bild ist der  Damm zu sehen.

Foto: Matthias Kehrein

Bei den Tropfen handele es sich um Kondenswasser. Der Hinweis von Carsten Bönsch beruhigt, als wir die Treppe hinabsteigen, die unter die Steinbachtalsperre führt. Ein Leck im Damm des 17 Meter tiefen Stausees im Euskirchener Stadtteil Kirchheim ist  folglich nicht zu befürchten. Allerdings macht sich bald bemerkbar, dass es immer kälter wird. Dies wiederum hängt Bönsch zufolge mit der Temperatur des Wassers über unseren Köpfen zusammen. „In jedem gesunden Gewässer beträgt die Temperatur am Grund vier Grad“, berichtet der Talsperrenwart. Als solcher ist Bönsch seit 2012 zuständig für die Sicherheit der Anlage. Ein Fugenblech im Tunnel der Herdmauer kann beispielsweise einen Hinweis auf ein Erdbeben geben. So kann Bönsch sehen, ob sich ein Block verschoben hat. Bislang sei dies aber noch nie der Fall gewesen.

Im Tunnel und am Staudamm misst der gelernte Rohrleitungsbauer den Druck. Sensoren, deren Aufzeichnungen digtital abrufbar sind, helfen dabei. Wenn der Druck plötzlich steigt, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass etwas nicht stimmt. Der Staudamm ist 250 Meter lang und 80 Meter breit. An der Innenseite verfügt er über eine Lehmdichtung, an der Außenenseite über eine Dichtung aus Asphalt. Bei Vollstau fasst die Steinbachtalsperre etwa 1,2 Milliarden Liter. Für einen Stausee ist das nicht viel. Die Siegburger Wahnbachtalsperre fasst gut 41 Milliarden Liter. Im Gegensatz zu dieser wird die Steinbachtalsperre auch nicht für Trinkwasser genutzt, sondern lediglich für Gebrauchswasser.

Gebaut wurde sie zwischen 1934 und 1936, um die örtliche Tuchindustrie mit Wasser zu versorgen. Heute werden Fabriken für Zucker und Tierfutter versorgt. Und auch Landwirte in der Region haben Zugang zum Wasser. Betreiber ist der Wasserversorgungsverband Euskirchen-Swisttal, die operative Betriebsführung liegt bei Bönschs Arbeitgeber, dem Energieunternehmen E-Regio. Gespeist wird die Talsperre vom namensgebenen Steinbach und dem Treuenbach. Von der Talsperre fließt das Wasser über Steinbach, Swist, Erft und Rhein in die Nordsee.

Im Entnahmebauwerk mitten unter der Talsperre rauscht jetzt Wasser in das Tosbecken. Dabei handelt es sich um ein Auffangbecken, von wo  aus das Wasser weiter in den Steinbach fließt. Zum Entleeren geöffnet sein muss der sogenannte Grundablass. „Das ist quasi der Stöpsel des Sees“, erläutert Bönsch. Mit einem Ringkolbenschieber kann er den Stöpsel regulieren. Drei Liter Wasser pro Sekunde müssten mindestens abgelassen werden, damit der Steinbach nicht austrocknet. Bönsch sorgt jedoch dafür, dass es wenigstens zehn sind. Den Stausee trocken zu legen, würde ihm zufolge etwa eine Woche dauern. Nötig wurde dies bei der Sanierung 1988 bis 1990.

Gerade liegt der Wasserstand bei gut zwei Metern unter Vollstau. Das sei „noch okay“, sagt Bönsch . Für den Hochwasserschutz versuche man, stets wenigstens 70 Zentimeter unter Vollstau zu liegen. Die Gitter des Überlaufs befinden sich am Staudamm. „Wenn es da herüber geht, sind wir machtlos“, erläutert Bönsch.  Das letzte „schlimme“ Hochwasser habe es 2016 gegeben. In Schweinheim seien damals die Keller vollgelaufen.  Die Extreme hätten sich in den vergangenen Jahren gehäuft – die nassen wie die trockenen. So gleiche der Regen, den es 2020 bislang gab, die Trockenheit  der Vorjahre nicht aus.

Beliebtes Ausflugsziel

Im Sommer ist die Steinbachtalsperre ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders aktiv sind Angler. So ist der Euskirchener Fischereiverein Pächter des Gewässers. Schwimmen ist indes verboten. Ein Grund: Vor Ort gebe es keine Rettungsschwimmer. Gefährlich sind ferner die Temperaturunterschiede der verschiedenen Wasserschichten. Während diese in einem Meter Tiefe noch bei etwa 20 Grad Celsius liege, sinke sie am Grund auf die bereits erwähnten vier Grad –  was Kreislaufprobleme hervorrufen kann. Doch ganz müssen Ausflügler auf eine Erfrischung im kühlen Nass nicht verzichten. Direkt an der Talsperre befindet sich das Waldfreibad. Das Wasser im dortigen Schwimmerbecken ist naturbelassen – für ein Gefühl wie am Badesee.

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