Im Moment geht es Janosch gut Kind aus Alfter leidet am Wiskott-Aldrich-Syndrom

Alfter. · Wie haben Janosch aus Alfter, der an einer seltenen Krankheit leidet, und seine Eltern das Jahr verbracht? Ende Dezember 2018 hatte der GA die Familie erstmals besucht. Das zu dieser Zeit einjährige Kind stand damals kurz vor einer Knochenmarktransplantation.

 Janosch

Janosch

Foto: Hofmann/Alex

Ein Jahr hat 8760 Stunden oder 525 600 Minuten. Jeder Mensch kennt wohl Momente, in denen sich eine Minute wie ein Jahr anfühlt. Etwa dann, wenn man in großer Sorge um geliebte Menschen ist. Katja Alex (31) und Stefan Hofmann (46) hatten in diesem Jahr sicher einige solcher Minuten-Jahres-Momente, in denen sich düstere Gedanken um Sohn Janosch drehten.

Vor einem Jahr, Ende Dezember 2018, hatte der General-Anzeiger die Familie Hofmann/Alex zum ersten Mal in Alfter besucht. Janosch stand damals kurz vor einem großen medizinischen Eingriff. Eine Chemotherapie und eine Knochenmarktransplantation wurden vorgenommen. Denn Janosch leidet seit seiner Geburt an einer äußerst seltenen Krankheit: dem Wiskott-Aldrich-Syndrom (siehe Info-Kasten). Allerdings fanden Ärzte das erst nach vielen Monaten mit zig Untersuchungen heraus. Seit Janoschs Geburt am 23. Dezember 2017 war die Familie Dauergast in der Onkologie der Uni-Kinderklinik, weil die Blutwerte nicht stimmten und sich Janosch so viel kratzte, dass es blutete. Auch war sein Immunsystem so angegriffen, dass eine einfache Erkältung schon hätte tödlich sein können. Regelmäßig musste das Kind Antibiotika nehmen und Transfusionen mit Immunglobulinen (Antikörpern) erhalten. Bis es im Februar 2019 endlich zur Behandlung bei einem Spezialisten nach München ging.

„Ich war mit Janosch sieben Monate am Stück dort“, berichtet Mutter Katja Alex nun beim zweiten Besuch des General-Anzeigers. Das habe vor allem an den umfangreichen Kontrollen nach den Eingriffen und der stetigen Medikamentennachjustierung gelegen. Im Moment gehe es Janosch gut. Bis auf zwei Medikamente müsse er nichts mehr einnehmen, sein Immunsystem baue sich wieder auf. Da die Gefahr, durch kleine Infekte schwer krank zu werden, nun geringer geworden sei, kann Janoschs älterer Bruder wieder in die Kita. Die Eltern hatten ihn aus Angst vor übertragbaren Krankheiten herausgenommen. Während des Aufenthalts in München wohnte er mit seiner Mutter in einer Wohnung der Elterninitiative „Intern 3“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Eltern mit krebskranken Kindern in einer so schwierigen Zeit zu unterstützen. Auch Janosch könnte jetzt in eine Kita gehen, sagt seine Mutter weiter. Allerdings sei es schwer, einen Platz zu bekommen, wenn das Kind noch nicht vollständig durchgeimpft sei – und das war bei Janosch aufgrund seiner Erkrankung bislang nicht möglich.

Großeltern ebenfalls pflegebedürftig

Während Katja Alex erzählt, tut Janosch das, was ein Kind im Alter von zwei Jahren so macht: Er hampelt herum, knabbert an einer Salzbrezel und räumt die Küchenschubladen aus. Man sieht ihm nicht an, was er hinter sich hat. Allerdings ist er ein wenig kleiner und schmächtiger als für sein Alter üblich. „Janosch war ja ein Frühchen“, sagt Vater Stefan Hofmann. Er selbst hat seine Familie sooft es ging in München besucht. Es sei schrecklich gewesen, das kleine Kind einer Chemotherapie ausgesetzt zu sehen, berichtet er. Allerdings stapelten sich derweil auch die Probleme daheim im Vorgebirge. Hofmanns Eltern sind beide schwer pflegebedürftig. Sein Vater lebt in einer Betreuungseinrichtung, seine Mutter wird von einer Pflegekraft zu Hause versorgt.

Auch Hofmann und Alex leben mit ihren Kindern in dem Haus. Doch ein wohnliches Heim ist es nicht. In den Betonwänden steckt Schimmel, an vielen Stellen ist er bereits an die Oberfläche getreten. Die obere Etage muss aufgrund einer defekten Fußbodenheizung mit Holz gewärmt werden. 15 Festmeter Holz müsse man für ein Jahr kaufen, aufarbeiten und fortlaufend verfeuern, so Hofmann.Vater, Mutter und die beiden Kinder wohnen im unteren Bereich des Hauses – mitten in einer Baustelle. Weil das Geld knapp ist, versucht Hofmann als gelernter Schreiner alle Sanierungsarbeiten mittels Anleitungen selbst zu erledigen. Hofmann und Alex führen herum.

Schlafzimmer ist kalt wie Kühlschrank

Im Wohnbereich der Familie ist der Schimmel mittlerweile aus den Wänden raus, ein Zimmer, das einmal das neue Kinderzimmer werden soll, wird aktuell gedämmt und verputzt. Solange schlafen die Kinder mit bei den Eltern – in einem Zimmer mit schimmelfreien, aber nackten Betonwänden. Das Zimmer ist quasi ein Rohbau, der sich kaum heizen lässt. Die Außenwände sind trotz der wenig winterlichen Temperaturen richtig kalt. „Wenn man im Bett liegt, ist es wie in einem Kühlschrank“, sagt Hofmann. „Die Zähne klappern.“ Aktuell erhält die Familie Geld vom Jobcenter. Hofmann hofft, bald wieder als selbstständiger Schreiner geregelt arbeiten zu können. Dafür hatte er in den vergangenen zwei Jahren kaum Luft: Die Sorgen um die pflegebedürftigen Eltern, die ständigen Arzttermine mit Janosch und das marode Haus zehrten die Kräfte auf. Hofmann will aber nicht aufgeben. Mit einem Existenzgründerdarlehen will er 2020 mit dem Aufbau eines Handelsunternehmens wieder auf die beruflichen Füße kommen.

In dem kleinen Raum, der als Küche und Wohnzimmer dient, stehen vier rote Kerzen auf dem Tisch. An einer Wand steht ein wenig geschmückter Weihnachtsbaum. Was wünscht sich die Familie zum Fest? Ein warmes Haus, sagt Hofmann. Und ein geregeltes Arbeitsleben. Vielleicht auch ein wenig Zeit und Luft, um das Erlebte aufzuarbeiten. Und dann ist da noch Janosch selbst. Es bestehe ein geringes Restrisiko, dass er an Leukämie erkrankt, so Hofmann. Im Februar steht die nächste Kontrolle in München an.

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