Tötung eines Vierjährigen in Euskirchen Staatsanwalt will zehn Jahre Haft für tatverdächtige Mutter

Euskirchen · Die Überforderung einer 42 Jahre alten Mutter endete in Euskirchen mit einer Katastrophe: Sie soll ihren vier Jahre alten Sohn ermordet haben, während er spielte. Vor dem Bonner Landgericht biegt der Prozess gegen die Frau jetzt auf die Zielgerade.

 Vor dem Bonner Landgericht muss sich die 42 Jahre alte Mutter des getöteten Vierjährigen verantworten.

Vor dem Bonner Landgericht muss sich die 42 Jahre alte Mutter des getöteten Vierjährigen verantworten.

Foto: Nicolas Ottersbach

Nach dem tragischen Tod eines Vierjährigen in Euskirchen hat der Vertreter der Staatsanwaltschaft zehn Jahre Haft für die Mutter des Kindes gefordert. Die Anklage geht davon aus, dass die psychische kranke Frau ihr Kind heimtückisch ermordet hat. Die 42-Jährige plante offenbar ihrem Sohn zunächst im Schlaf das Leben zu nehmen. Als das Kind aufwachte, schlug sie es mit einer neun Kilo schweren Buddha-Statue bewusstlos und strangulierte es. Von diesem Szenario ging jedenfalls der Staatsanwalt in seinem Plädoyer aus und Verteidiger Martin Kretschmer stimmte ihm in weiten Teilen zu.

Offenbar war der Frau mit der Geburt ihres Sohnes ein langjähriger Traum in Erfüllung gegangen. Sie steigerte sich aber nach Überzeugung der Anklage dann aber spätestens nachdem sich ihr Mann von ihr getrennt hatte, derart in ihre neue Rolle hinein, dass Mutter und Kind in die Katastrophe schlitterten. Offenbar scheiterte sie an ihren übersteigerten Ansprüchen an sich selbst.

Falsche psychische Diagnose bei tatverdächtiger Mutter

Anklage und Verteidigung stimmten in der Einschätzung überein, dass die bei der Frau im Vorfeld schlecht therapiert wurde. Ein vom Gericht beauftragter Gutachter attestierte der Angeklagten eine Borderline-Erkrankung. Die war zuvor nicht diagnostiziert worden, stattdessen wurde die Patientin wegen depressiver Wahnvorstellungen behandelt.

So vereinbarten die Therapeuten eine Art Notfallplan mit der Mutter: Wenn sie sich mit Selbstmordgedanken trage, solle sie ihre Psychiaterin anrufen. Am Abend des 5. Juni war es dann soweit: Nachdem der Junge die Woche bei seinem Vater verbracht hatte, sollte ein Wochenende bei der Mutter folgen. Nachmittags waren noch die Großeltern mütterlicherseits zu Besuch, während das Kind fröhlich im Garten spielte. „Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnt“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, sei „dass sie sich und ihr Kind umbringen will.“ Die Tatsache, dass sie ihre Therapeutin nicht erreichen konnte, habe sie dann als Zeichen gewertet, dass sie ihren Plan diesmal in die Tat umsetzen müsse.

Mildere Strafe auch bei Mord-Urteil möglich

Da der Gutachter nicht ausschließen konnte, dass die Steuerungsfähigkeit der Mutter krankheitsbedingt zur Tatzeit erheblich eingeschränkt war, plädierte der Staatsanwalt für eine Verschiebung des Strafrahmens: Für Mord kommt normalerweise nur eine lebenslange Freiheitsstrafe in Betracht, in dem hier angenommenen Fall darf das Gericht aber auch eine Strafe zwischen drei und 15 Jahren verhängen. Hier sah der Staatsanwalt zehn Jahre als Tat- und Schuld-angemessen an, der Anwalt der Mutter wünscht sich, dass das Gericht noch deutlich darunter bleibt.

Der Mord sei eine „vollkommene Verzweiflungstat“ gewesen, so Kretschmer. Einig waren sich Anklage und Verteidigung darin, dass niemandem mit einer längeren Haft gedient sei. „Ihr persönliches Lebenslang hat sie sowieso“, formulierte der Staatsanwalt mit Blick auf die Schuldgefühle der Angeklagten.

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