Schiller-Autor aus Meckenheim Superstar der Weimarer Klassik

Meckenheim · Der Meckenheimer Udo Weinbörner legt den zweiten Teil seines Schiller-Romans vor. Er holt den Dichter vom Denkmalsockel und zeichnet ihn als Menschen mit Schwächen und Eitelkeiten.

 In seinen beiden Romanen spiegelt Udo Weinbörner das Leben von Friedrich Schiller.

In seinen beiden Romanen spiegelt Udo Weinbörner das Leben von Friedrich Schiller.

Foto: Matthias Kehrein

Es soll literarisch interessierte Jugendliche geben, die sich schon in der Schule für Friedrich Schiller begeistern: für dessen Freiheitsdrang und das revolutionäre Moment in „Die Räuber“. Udo Weinbörner gehörte in jungen Jahren nicht dazu. Der Meckenheimer entdeckte Schiller erst als Erwachsener, aber dann richtig. Jetzt hat der 61-Jährige den zweiten Teil seines Schiller-Romans herausgebracht. Titel: „Der lange Weg nach Weimar“.

Ging es im ersten Teil „Die Stunde der Räuber“ um Schillers Jugend und dessen  Anfänge als Schriftsteller, schildert Weinbörner nun im zweiten Teil die Entwicklung zum Superstar der Weimarer Klassik. Wenn Weinbörner über Schiller spricht, hört man aus jedem Wort die Faszination heraus, die der berühmte Deutsche auf ihn ausübt. „Den großen Freiheitsdichter Schiller kennt man, den Menschen Schiller und seine unglaubliche Lebensgeschichte gilt es zu entdecken.“ Und Autor Weinbörner hat zahlreiche Details aus Schillers Leben entdeckt und in der ihm eigenen lebendigen schriftstellerischen Form verarbeitet. Er spannt den Bogen von „Kabale und Liebe“ (erschienen 1784) über die Wallenstein-Trilogie (1799) bis hin zum „Wilhelm Tell“, den Schiller ein Jahr vor seinem frühen Tod 1805 veröffentlichte. Er wurde nur 45 Jahre alt.

Liaison mit der reizenden

Charlotte von Wolzogen

Weinbörner spürt nicht nur der Entstehung der literarischen Klassiker nach. Er holt ihn von seinem Denkmalsockel herunter und lässt ihn Mensch sein, mit all seinen Unvollkommenheiten, Egoismen und Eitelkeiten. Er schildert die Liaison des jungen Schiller mit der reizenden Charlotte von Wolzogen, die Qualen einer langen Kutschfahrt nach Leipzig und Dialoge mit seinem Dichterfreund Goethe.

Darf ein heutiger Schriftsteller solche Szenen und Dialoge erfinden? Selbstverständlich darf er das, ist Weinbörner überzeugt: „Ein guter historischer Roman sollte beides haben, Faktenwissen und Fantasie. Der Roman unterscheidet sich von der Biografie dadurch, dass er sich den Figuren empathisch nähert. Er kann mit einer erfundenen Episode oft mehr Wahres über die Hauptperson ausdrücken als durch eine Ansammlung von Fakten.“

Historische Fakten dienen Weinbörner dazu, atmosphärische Dichte herzustellen, wenn er beispielsweise Straßen, Häuser oder Gaststuben beschreibt oder literarische Querverweise zu Goethe, Herder oder Wieland bemüht. Diese Dichte entsteht auch durch  detailgenaue Skizzen der Kleidung seiner Figuren, ihrer Physiognomie oder ihrer Frisuren. Dabei verhaspelt sich Weinbörner nicht in pseudo-kunstvoll geschmiedeten Schachtelsätzen. Er schreibt geradeaus und treibt so auch die Handlung stringent voran. Bis zu Schillers Tod in Weimar.

Was bietet Schiller, der vor 250 Jahren gelebt hat, dem Leser in unserer Zeit? Auf diese Frage gibt  Weinbörner eine eindeutige Antwort: „Schiller überragte seine Zeitgenossen, sprengte Grenzen, dachte weiter, sah den Wert des einzelnen Menschen, zeigte, dass er Rechte besitzt. Er war eine Fackel voller Ideale, Ideen und Visionen.“ Wer Weinbörners Schiller folgt, taucht ein in die Welt der Weimarer Geistesgrößen. Der Leser wird auf viele damals angedachte Werte wie Würde und Selbstbestimmung stoßen, von denen einige heute die Basis unseres Grundgesetzes bilden.

„Der lange Weg nach Weimar“ 
(18 Euro) und „Die Stunde der Räuber“ (14 Euro) von Udo Weinbörner sind im Fehnland-Verlag erscheinen. 

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