Drogenhandel in Meckenheim Cousins von ermordeten Berliner Clanmitgliedern in Bonn vor Gericht

Bonn/Meckenheim · Ein spektakulärer Drogenprozess hat im Bonner Landgericht begonnen. Drei Angeklagten wird Drogenhandel in großen Stil in Meckenheim vorgeworfen. Aufgrund des familiären Hintergrunds von zwei von ihnen sind die Sicherheitsvorkehrungen hoch.

 Am Bonner Landgericht wurden Fälle von Drogenkriminalität verhandelt.

Am Bonner Landgericht wurden Fälle von Drogenkriminalität verhandelt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Schon vor dem Eingang deuten mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten darauf hin, dass im Bonner Landgericht ein besonderes Verfahren anstehen muss. Am Dienstagmorgen hat vor der Großen Strafkammer 2a der Prozess gegen drei junge Männer begonnen, die zwischen dem 10. Juni und dem 6. Juli vergangenen Jahres den Verkauf von bis zu 35 Kilo Kokain in Meckenheim geplant und organisiert haben sollen. Letztlich wurde laut Anklage allerdings nur ein halbes Kilo tatsächlich gedealt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind daher auch nicht den Tatvorwürfen, sondern dem familiären Hintergrund von zweien der drei Angeklagten geschuldet.

Erst ein Blick auf die sitzungspolizeiliche Anordnung gibt Klarheit: Vor der eigens eingerichteten zweiten Sicherheitsschleuse hängen fünf eng bedruckte DIN A 4-Seiten, auf denen auch die Begründung der umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen zu lesen ist. Bei den Hauptangeklagten handelt es sich um Angehörige einer aus dem Libanon stammenden Großfamilie, deren Berliner Zweig enge Kontakte zu kriminellen Mitgliedern der Familie Abou-Chaker pflegen soll.

Rache für einen Mord?

Zwei Cousins der Angeklagten wurden in den Jahren 2018 und 2022 in der Hauptstadt ermordet. Der ältere Angeklagte soll einer Kontaktperson gegenüber davon gesprochen haben, für den zweiten Mord Rache üben zu wollen. Der jüngere Cousin wurde als erster in den Gerichtssaal geführt, in dem der haftverschonte dritte Angeklagte sich bereits mit seinem Verteidiger beriet.

Mit gesenktem Haupt nahm der 24-Jährige auf der Anklagebank Platz. Ganz anders sein 36-jähriger Cousin: Mit großer Geste begrüßte er die zahlreich erschienenen mutmaßlichen Familienmitglieder und Freunde, die im Zuschauerbereich des größten Bonner Gerichtssaals Platz genommen hatten, bevor er neben seinem Anwalt Mutlu Günal Platz nahm.

Den beiden Cousins wird von der Staatsanwaltschaft bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen vorgeworfen, dem Mitangeklagten Handel in einem Fall. „Spätestens am 10. Juni vergangenen Jahres“, wie es in der verlesenen Anklageschrift hieß, sollen sich die Cousins mit weiteren bisher unbekannten Mittätern zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um den Kokshandel im Raum Meckenheim in großem Stil zu organisieren.

Deal mit einem V-Mann der Polizei

Allerdings versuchte der 36-Jährige, der als Chef aufgetreten sein soll, laut Anklage ausgerechnet einem V-Mann der Polizei seinen Stoff anzubieten. Nach einem Treffen in einer Meckenheimer Eisdiele am 14. Juni 2022 – so nimmt die Staatsanwaltschaft an – wechselte zunächst ein halbes Kilo zum Preis von 19.000 Euro den Besitzer. Nach der Probelieferung kam es allerdings zu keinen weiteren Verkäufen: Ein Deal über zehn Kilo scheiterte laut Anklage daran, dass der dritte Angeklagte richtigerweise befürchtete, dass der Kunde Kontakte zur Polizei pflege.

Die Cousins sollen sich dann mit der Ausrede, sie hätten den Stoff leider doch nicht beschaffen können, aus der Affäre gezogen haben. Dennoch soll es weitere Gespräche über den Verkauf von zunächst fünf und später einer ganzen Lkw-Ladung von 30 Kilo gegeben haben. Die Übergabe scheiterte aber erneut. Und zwar an der Festnahme des älteren Cousins am 6. Juli.

Der erste Verhandlungstag ging zügig zu Ende: Der kurzen Ankündigung Rechtsanwalt Günals, dass sein Mandant sich zunächst schweigend verteidigen werde, folgte die Behauptung, dass es sich bei dem einzigen Zeugen der Anklage um einen „Berufskriminellen und Berufslügner“ handele. Die Verteidiger der beiden anderen Angeklagten wollen erst am nächsten Verhandlungstag sagen, ob sich ihre Mandanten zu den Vorwürfen äußern.

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