BWI aus Meckenheim bei Symposium in Berlin Digitales Wettrüsten: Sicherheitsexperten halten praxistaugliche Quantencomputer ab 2030 für möglich

Meckenheim · Experten rechnen damit, dass die ersten praxistauglichen Quantencomputer womöglich schon in wenigen Jahren auf den Markt kommen. Auf welchem Anwendungsgebiet die neue Technologie dramatische Folgen hätte.

 Quantencomputer könnten ab 2030 für die ersten Anwendungsgebiete praxistauglich sein – bei der digitalen Infrastruktur von Streitkräften droht ein Wettlauf gegen die Zeit.

Quantencomputer könnten ab 2030 für die ersten Anwendungsgebiete praxistauglich sein – bei der digitalen Infrastruktur von Streitkräften droht ein Wettlauf gegen die Zeit.

Foto: dpa-tmn/Nicolas Armer

Der in Meckenheim-Merl ansässige IT-Dienstleister der Bundeswehr (BWI) befasst sich mit Quantencomputern: Diese mögliche Schlüsseltechnologie der Zukunft war jetzt Thema bei einem Symposium in Berlin. Unter dem Titel „Operationalisierung von Quantentechnologien für die Bundeswehr“ berieten unter anderem Vertreter des BWI und des Verteidigungsministeriums über das Potenzial der neuen Technik für die deutschen Streitkräfte.

Nachdem Quantencomputer lange in den Bereich der Science-Fiction verortet wurden und die Wissenschaft dazu nur theoretisch arbeitete, ist inzwischen die experimentelle Umsetzung geglückt. Experten gehen davon aus, dass schon zu Beginn der 2030er Jahre die ersten praxistauglichen Systeme auf den Markt kommen könnten. Nicht für Privatanwender, sondern als High-End-Lösung für extrem komplexe Rechenaufgaben wie Simulationen oder Datenverschlüsselung.

Neues Luftkampfsystem dürfte Quantensensorik benötigen

„Quantentechnologien haben einen Reifegrad erreicht, der zu hoch ist, um ihre Auswirkungen auf Staat und Wirtschaft zu ignorieren“, betont Manfred Lochter vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Seiner Einschätzung nach wird der Sprung bei der Rechenleistung, den Quantencomputer versprechen, für alle Bereiche der Verteidigungsfähigkeit relevant sein. Hochentwickelte Navigations-, Aufklärungs- und Überwachungssysteme etwa, wie sie bei dem in Entwicklung befindlichen deutsch-französischen Future Air Combat System (SCAF) zum Einsatz kommen sollen, würden kaum ohne Quantensensorik auskommen. Das SCAF soll den Luftkampf mit Mehrzweck-Kampfjets, unbemannten Begleitflugzeugen sowie neuartigen Waffen- und Kommunikationssystemen revolutionieren.

Bei der Kryptographie droht ein Wettrennen gegen die Zeit

„Nach zwei Jahrzehnten aktiver Grundlagenforschung zeichnen sich vielversprechende Anwendungen ab“, setzt auch Matthias Görtz, Chief Technology Officer beim BWI, große Hoffnungen in die neue Technologie. Quantenkryptographie gilt dabei als der am weitesten fortgeschrittene Teilbereich. Es drohe ein Wettrennen gegen die Zeit, warnt Manfred Lochter, denn die erste Nation, die über einen einsatzfähigen Quantencomputer verfüge, könne die Verschlüsselung herkömmlicher Systeme theoretisch problemlos knacken.

Das Symposium, an dem verschiedene Ministerien, Forschungseinrichtungen und Verbände beteiligten, soll dabei helfen, die Bundeswehr zukunftssicher auszurichten. Die Bundesregierung fördert die Entwicklung von Quantencomputern mit insgesamt rund zwei Milliarden Euro.