Hundeschulen in der Pandemie „Eine Generation verhaltensgestörter Hunde“

Meckenheim · Die Hundetrainerin Manuela van Schewick warnt vor den Auswirkungen der Pandemie und ihrer Maßnahmen für Hunde. Die Ausbildung der Tiere fehlt im Privaten genauso wie für Menschen mit Handicap, so van Schewick.

 Hundeschulleiterin Manuela van Schewick mit ihren Hunden Sontje, Samba, Namira, Joël und Gasthündin Querida auf dem Schulgelände.

Hundeschulleiterin Manuela van Schewick mit ihren Hunden Sontje, Samba, Namira, Joël und Gasthündin Querida auf dem Schulgelände.

Foto: Petra Reuter

Mit nur wenigen Wochen Teilbetrieb im vergangenen Sommer und geringen Ausnahmeaktivitäten wie Einzelunterricht sind die Hundeschulen zurzeit geschlossen. Die Folgen der Schließungen betreffen den Ottonormalverbraucher ebenso wie Menschen mit Behinderungen. Gerade angesichts der pandemiebedingten Tendenz der Haushalte, sich Hunde zuzulegen, sieht die Leiterin der Hundeschule am Tomberg, Manuela van Schewick, große Probleme auf die Gesellschaft zukommen.

„Wie beim Menschen gibt es auch bei Hunden Prägungsphasen, in denen sie bestimmte Fähigkeiten erwerben“, sagte van Schewick. „Vor allem für das Sozialverhalten der Hunde ist es wichtig, dass die Tiere innerhalb der ersten 16 Wochen ihres Lebens positiv gelenkte Sozialkontakte erleben.“ Macht der Welpe zu viele ungelenkte Negativerfahrungen, so die Fachfrau, entwickelt das Tier mit großer Wahrscheinlichkeit sozial unverträgliches Fehlverhalten. Aggressive Reaktionen bis hin zum augenscheinlich unkontrollierten Beißen ohne erkennbaren Auslöser können die Folge sein. „Wir rasen auf eine Generation verhaltensgestörter Hunde zu“, prognostizierte sie mit Blick auf die nach wie vor stark eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten der Hundeschulen. Auch wenn in einigen Abschnitten der Pandemie die Tätigkeit in reduzierter Form mit Welpengruppen oder Einzelunterricht möglich ist, reiche das nicht aus, so van Schewick. „Gerade in den vergangenen Wochen und Monaten haben sich die Menschen Tiere angeschafft, die aus problematischen Situationen oder Tierheimen stammen.“

Oft wisse man nichts über das, was die Hunde erlebt haben. Erst im Alltag zeigen sich dann Probleme. „Dann brauchen die Menschen Hilfe mit ihren Tieren“, so die Hundetrainerin. Eine digitale Analyse per Video vom Besitzer könne die analoge Betrachtung und die Arbeit mit dem Tier nicht ersetzen. Eine echte Hilfe wäre in solchen Fällen, wenn der junge Hund ebenso wie der erwachsene Vierbeiner Verhalten in der Gruppe trainieren könnte. „Das dürfen wir zurzeit nicht“, so van Schewick. Angesichts der Flächensituation mit viel Platz in ihrer Hundeschule stellt sie diese Entscheidung infrage.

Neben den Problemen der privat gehaltenen Hunde leidet aktuell ein weiterer wichtiger Teil der Hundeausbildung maßgeblich. „Wir bilden hier auch Assistenzhunde aus“, so van Schewick. Für Menschen mit Epilepsie oder Narkolepsie bedeutet ein solcher Hund oft den Unterschied zwischen einem durch die Krankheit stark eingeschränkten oder einem selbstbestimmten Leben, weil der Hund Anfälle oft schon Stunden vor dem Ereignis meldet. Auch mancher Rollstuhlfahrer ist auf vierbeinige Unterstützung angewiesen, wenn Türen oder Schubladen geöffnet oder andere kleine Handgriffe durch den Hund erledigt werden. „Auch und gerade diese Hunde brauchen eine gute Ausbildung in einem Sozialverband“, so van Schewick.

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