Nachhaltiger Anbau mit Mikroorganismen Wie ein Meckenheimer Unternehmen die Landwirtschaft umkrempeln möchte

Meckenheim · Mit einer Methode aus Japan möchte die Firma Emiko Landwirte überzeugen, durch die Hilfe von Mikroorganismen ihre Ackerböden wieder natürlich fruchtbar zu machen. Warum Emiko zuversichtlich nach vorn blickt.

   Der Mikrobiologe Mark Beenen verantwortet als Geschäftsführer von Emiko Umwelttechnologie die Produktentwicklung in Meckenheim.

Der Mikrobiologe Mark Beenen verantwortet als Geschäftsführer von Emiko Umwelttechnologie die Produktentwicklung in Meckenheim.

Foto: Alexander C. Barth

Ausgelaugte Böden, steigende Düngerpreise und die Trockenheit: Heimische Landwirtinnen und Landwirte stehen vor großen Herausforderungen. Als Lösung preist das Unternehmen Emiko aus Meckenheim in Tanks gezüchtete Mikroben an, sogenannte Effektive Mikroorganismen (EM). Diese sollen ohne Chemie den Weg zurück zu einem natürlichen, nachhaltigen Anbau ermöglichen. Was fast wie ein Wundermittel klingt, ist bislang ein Nischenprodukt: Emiko beliefert weniger als ein Prozent der Agrarbetriebe in Deutschland, und viele Mitbewerber gibt es derzeit nicht. „In den letzten fünf, sechs Jahren ist das Interesse aber größer geworden. Auf Fachmessen werden wir neuerdings auch von großen Herstellern von Landwirtschaftstechnik angesprochen“, berichtet Moritz Mühlen, Geschäftsführer der für den Vertrieb zuständigen Emiko-Handelsgesellschaft.

Um mehr Erzeuger vom Nutzen der Mikroben zu überzeugen, geht das Unternehmen neue Wege und lädt im Oktober mit Partnern wie der Universität Bonn zu einem Infotag ein. Dabei sollen Vorbehalte abgebaut werden, denen Emiko immer noch regelmäßig begegnet. „Japanische Techniken können im deutschen Ackerbau nicht funktionieren“, zitiert Mark Beenen einen häufigen Einwand. Der Mikrobiologe verantwortet als Geschäftsführer des Teilunternehmens Emiko-Umwelttechnologie die Produktentwicklung und spielt auf die Entdeckung der EM vor etwa 40 Jahren durch den japanischen Agrarprofessor Teruo Higa an. Daraus abzuleiten, dass Emiko Kleinstlebewesen aus Asien importiere, sei ein Irrtum, erklärt Beenen: Alle bei Emiko verwendeten Mikroorganismen kämen auf natürliche Weise in der heimischen Umwelt vor und seien in Deutschland ausdrücklich zugelassen.

Chemisches Düngen ist keine Dauerlösung

Das Problem der konventionellen Landwirtschaft sei ihre Abhängigkeit von einer Produktionsweise, die auf rein chemischen Prozessen beruhe. Diese im 19. Jahrhundert entdeckten Zusammenhänge und die Erfindung von künstlichen Mineraldüngern haben die Produktivität stark erhöht, ökologisch verträglich sind sie ultimativ nicht. „Eine dauerhafte Lösung wäre das nur für Pflanzen, die im Gewächshaus in einer Nährstofflösung wachsen“, erklärt Beenen.

Seit etwa 100 Jahren nehme der nährstoffreiche Teil des Bodens, der gemeinhin als Humus bekannt ist, durch Rodung von Wäldern und intensive Bewirtschaftung ab – eine Entwicklung, die sich in den 1960er Jahren stark beschleunigt habe. „Wir haben keine 10.000 Jahre Zeit, um die Humusschicht durch das Anpflanzen von Mischwäldern so wieder herzustellen, wie sie ursprünglich entstanden ist“, erklärt Mark Beenen weiter. Viel schneller könnten das die Mikroben leisten, die bei Emiko im Meckenheimer Gewerbegebiet in Nährlösungen vermehrt werden. Bis zu zwölf Wochen könne der gesamte Prozess bis zum Abfüllen der bräunlichen Flüssigkeit in Tanks, Kanister oder Schraubflaschen in Anspruch nehmen, sagt der Mikrobiologe beim GA-Besuch in der Produktion.

Mit den Mikroben stinkt es auch weniger

Schutzkleidung sieht man dort ebenso wenig wie Symbole, die vor chemischen oder biologischen Gefahren warnen – die Herstellung ist weder giftig, noch birgt sie Ansteckungsgefahr. Es riecht nicht einmal unangenehm in der Halle, was übrigens auch ein positiver Nebeneffekt sei, wenn man EM auf Abfallprodukte wie Tierfäkalien anwende, um daraus haltbaren, biologischen Dünger zu machen, merkt Beenen an. Für den höflich als „Landluft“ umschriebenen Gestank sei im Wesentlichen Ammoniak verantwortlich, und genau der entstehe bei der Fermentation durch Effektive Mikroorganismen nicht.

Seinen Umsatz bestreitet Emiko in etwa zu gleichen Teilen mit verschiedenen Produktkategorien, zu denen auch Reinigungsmittel und Hygieneprodukte gehören. Im Agrarbereich sieht das Unternehmen besondere Wachstumschancen. „Man kann Landwirte überzeugen“, betont Beenen. Moritz Mühlen sieht die bislang rund 100 Anmeldungen zum Infotag als Beleg für großes Interesse in der Branche. Dazu hätten auch die jüngsten Erfahrungen mit Dürre und Starkregen beigetragen, denn ein Humusreicher Ackerboden könne enorme Wassermengen speichern, während steriler Boden im schlimmsten Fall überhaupt kein Wasser mehr durchlasse.

Ohne ein wenig Geduld geht es nicht

EM in die landwirtschaftliche Produktion zu integrieren, sei mit geringen Investitionen in technische Geräte möglich, wirbt Emiko. Sichtbarer Erfolg stelle sich nach Ablauf einer Fruchtfolge ein, so viel Geduld müssten Bauern aufbringen, sagt Moritz Mühlen. Der durch das Einbringen der Mikroorganismen und ausreichend „Futter“ wie Pflanzenreste gebildete Humus führe jedoch erfahrungsgemäß zu einem deutlich höheren Ertrag und besserer Resistenz der angebauten Pflanzen gegen Trockenheit, Krankheiten und Schädlinge.

Es müsse nur gelingen, Bodenbiologie in den Fokus landwirtschaftlichen Denkens zu rücken, sagt Beenen. Diesen Aspekt zu berücksichtigen, hätten viele Landwirte verlernt. Auch in der Lehre an den agrarwissenschaftlichen Instituten spiele Bodenbiologie noch keine große Rolle, das könnte und sollte sich jedoch ändern, meint Mark Beenen und verweist auf die Zusammenarbeit von Praxis, Forschung und Lehre. Dabei leiste Emiko einen wichtigen Beitrag, sagt Moritz Mühlen: „Wir haben einen Beratungs- und Überzeugungsauftrag zu leisten.“

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