Von spontaner Hilfe zum etablierten Verein Die Erfolgsgeschichte von „Meckenheim hilft“ soll weiter gehen
Meckenheim · Aus einer spontanen Welle der Hilfsbereitschaft für Flutbetroffene ist in Meckenheim ein Verein entstanden, der aktuell vor allem humanitäre Hilfe für die Ukraine leistet – und nach anderthalb Jahren nicht ans Aufhören denkt.
Mit Beginn der Adventszeit richtet sich die Aufmerksamkeit vieler Menschen verstärkt auf die Bedürfnisse anderer. Zwischen Pandemie, Flut und Ukraine-Krieg ist deren Zahl gewachsen – aber auch die Hilfsbereitschaft. Ein eindrückliches Beispiel ist der Verein Meckenheim hilft, der vor nunmehr anderthalb Jahren eher zufällig entstanden ist. Die Initiative hat sich seitdem verstetigt, gewandelt und auf neue Krisen eingestellt. Inzwischen ist die Organisation als gemeinnütziger Verein anerkannt.
Ein wichtiger Schritt, sagen die beiden Hauptverantwortlichen Stefan Pohl und Brigitte Kuchta. Denn größere Spenden, zum Beispiel von Stiftungen, würden oftmals davon abhängen, ob der Empfänger eine rechtsgültige Quittung ausstellen kann. Vom Verein kommen regelmäßig neue Erfolgsmeldungen, gerade haben die Ehrenamtlichen ihren 16. humanitären Einsatz in der Ukraine abgeschlossen und dabei in der Hauptstadt Kiew erneut zwei von deutschen Kommunen gespendete Feuerwehrfahrzeuge sowie einen Rettungswagen an die dortige Katastrophenschutzbehörde Staatlicher Dienst für Notfallsituationen (DSNS) übergeben.
Der Bedarf nach Einsatzfahrzeugen ist groß
Seit Kriegsbeginn seien mehr als 600 solcher Fahrzeuge zerstört oder entwendet worden, verdeutlicht der Vereinsvorsitzende Pohl die Dringlichkeit des Bedarfs: „Hinzu kommt, dass durch die aktuellen Raketenangriffe weitere Fahrzeuge und Feuerwehrgerätehäuser zerstört werden.“ Der ehemalige DSNS-Leiter Mykola Chechotkin hebt die Bedeutung der Hilfe aus Deutschland hervor, die nicht nur praktischer Natur sei: „Auch die moralische Botschaft, die das Team um Stefan Pohl mitbringt, ist enorm wichtig für uns.“
Dass er heute enge Beziehungen zu ukrainischen Zivilschutzbehörden pflegt, hätte sich der Meckenheimer noch vor einigen Monaten nicht träumen lassen. Der Ursprung des Vereins liegt in der Starkregenkatastrophe des 14. Juli 2021, damals hätten sich die Ehrenamtlichen „aus der Not heraus“ zusammengefunden, erinnert sich Pohl. Als langjähriger ehrenamtlicher Katastrophenhelfer weiß er, dass Feuerwehr und THW nur akute Hilfe leisten können. „Nach so einem Einsatz gibt es aber oft einen langen Rattenschwanz, die Betroffenen brauchen dann immer noch viel Unterstützung.“ Wie lange nach der Flut in vielen Fällen weiter Hilfe benötigt wurde, hätte ihn aber selbst überrascht, merkt Pohl an.
In den ersten Tagen herrschte Chaos
Zum Glück sei auch die Welle der Hilfsbereitschaft enorm gewesen, berichtet Brigitte Kuchta: „Die Menschen kamen in Massen. Die Facebook-Gruppe, die wir damals gegründet haben, hatte schnell 1000 Mitglieder.“ Über die Whatsapp-Gruppe der Meckenheimer SPD, der Pohl und Kuchta angehören, wurden die ersten Hilfsmaßnahmen koordiniert, später organisierte der Unternehmer eine Hotline, die drei Ehrenamtliche schichtweise besetzten. „Am Anfang hatte die Stadt meine private Telefonnummer als Notfallkontakt bekannt gegeben, das würde ich nicht noch einmal so machen“, erinnert sich Pohl an das Chaos der ersten Tage.
Entscheidend sei aber nicht die fehlende Struktur gewesen, sondern der Wille, zu helfen, gerade in dieser Zeit, betont der Sozialdemokrat: „Durch Corona waren wir ja ein Stück weit entsozialisiert. Aber als die Not groß war, klappte es plötzlich.“ Kuchta erinnert sich an unzählige Sachspenden, die teilweise anonym auf Pohls Firmengelände am Hambuch abgestellt wurden. Eine damals leer stehende Etage diente als improvisiertes Lager, bis das Unternehmen Meckenheimer Bioenergie (MBE) im September 2021 eine Lagerhalle an der Buschstraße, ebenfalls im Industriepark Kottenforst angesiedelt, als Depot zur Verfügung stellte. Es waren bewegte Monate, in denen die Gruppe nicht nur in Meckenheim, sondern auch in der Umgebung vielen Flutbetroffenen half. Die Ersuche und Spendenangebote seien von immer weiter weg gekommen, erinnert sich Kuchta: „Unser Netzwerk reichte irgendwann bis nach Düren.“
Bleibende Eindrücke aus dem Krisengebiet
„Im Februar wollten wir die Sache eigentlich auslaufen lassen. Dann kam der Krieg“, berichtet der Vorsitzende von dem großen Wendepunkt. Fortan prägten Hilfstransporte durch Polen, teilweise bis in Krisengebiete in der Ukraine hinein, die Arbeit der Ehrenamtlichen. Stefan Pohl war kurz nach dem Abzug der russischen Truppen in Butscha und nahm erschütternde Bilder mit nach Hause. Die Reisen seien nicht immer ganz ungefährlich gewesen, gibt er zu: „Bei einem meiner ersten Besuche in Kiew gab es plötzlichen einen ohrenbetäubenden Knall, da wurde eine russische Rakete ganz in der Nähe von der Luftabwehr abgeschossen.“ Die Konvois würden aber grundsätzlich in enger Absprache mit den ukrainischen Behörden geplant, von diesen begleitet und nötigenfalls verschoben. Bis auf einen einzelnen Einbruch im Depot in Meckenheim sei nie etwas passiert, auch nicht beim Übernachten auf Autobahnraststätten, berichtet Pohl.
Das Lager an der Buschstraße hat der Verein kürzlich geräumt, mit „Meckenheim hilft“ soll es aber weitergehen. Schwerpunktmäßig für die Ukraine, aber auch in anderen Bereichen. Man wolle dabei mit keiner bestehenden Hilfsorganisation in Konkurrenz treten, erklärt der Vorsitzende.