Flüchtlinge in Swisttal-Heimerzheim Familie lebt wieder zusammen

Swisttal-Heimerzheim · Abdulnasir Al Melthaj ist glücklich. Fast zwei Jahre lebte der syrische Flüchtling getrennt von seiner Frau und den vier Kindern. Jetzt konnte seine Familie nach Heimerzheim holen.

 Familiennachzug bei Flüchtlingen: Roepke Rainer (l) betreut die syrische Flüchtlingsfamilie von Al Melthaji, Adulnasir (M) in Heimerzheim, der inzwischen seine Frau Basma Aldawud (r) aus Syrien nachgeholt hat; zudem die Kinder Maram (2vr) und Malak (3vl) und die Jungen Bars (2vl) und Mohammed (3vr)

Familiennachzug bei Flüchtlingen: Roepke Rainer (l) betreut die syrische Flüchtlingsfamilie von Al Melthaji, Adulnasir (M) in Heimerzheim, der inzwischen seine Frau Basma Aldawud (r) aus Syrien nachgeholt hat; zudem die Kinder Maram (2vr) und Malak (3vl) und die Jungen Bars (2vl) und Mohammed (3vr)

Foto: Axel Vogel

Ein Jahr und acht Monate waren sie getrennt: Abdulnasir Al Melthaji lebte in einer Gemeinschaftsunterkunft in Ludendorf, seine Frau Basma Aldawud mit den vier Kindern in Syrien. Im März 2014 reist der heute 41-Jährige nach Deutschland ein. Die Idee der Familie: Der Vater flieht allein aus dem Kriegsgebiet und holt seine Familie später nach Deutschland nach.

Ein gutes Jahr nach seiner Einreise wird Al Melthaji vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) als Flüchtling anerkannt, gleichzeitig wird der Anspruch auf Familiennachzug bestätigt. Nun kann Aldawud beim deutschen Konsulat im Libanon ein Visum beantragen. Vier Monate wartet die Familie auf die Papiere. Zur Ausreise muss Aldawud noch eine Genehmigung des syrischen Krankenhauses vorlegen, in dem sie als Krankenschwester gearbeitet hat.

Damit die Familienzusammenführung gelingt, engagieren sich viele, darunter das Diakonische Werk, die Caritas und der ehrenamtliche „Pate“ der Familie, Reiner Roepke. Die Flugkosten übernimmt das Diakonische Werk, Roepke holt die Familie am 30. November 2015 mit einem Kleinbus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) vom Flughafen ab. Bereits im Vorfeld haben die Helfer eine Wohnung in Heimerzheim gefunden, in die die Familie einziehen kann. „Die Wiedersehensfreude war riesig“, sagt Roepke. Während die Familie in Syrien weilte, konnten die Kinder mit dem Vater nur zwei- bis dreimal in der Woche telefonieren. Es gab oft Probleme mit dem Internet, sagt Aldawud.

Er hatte Angst um seine Familie im Kriegsgebiet, sagt Al Methaji: „Ich habe jeden Tag an sie gedacht.“ Seine Frau hätte viele gefährliche Dinge machen müssen. Zum Beispiel Gasflaschen für den Herd besorgen. Die sind im Krieg rar und teuer geworden, jeden Tag ändert sich der Preis, so Aldawud: „Vor dem Krieg haben sie 400 Lire gekostet, später 7000 bis 12 000 Lire“. Und: „Der Weg war sehr, sehr gefährlich“, so Aldawud. Sie fährt mit dem Auto oder mit einem Van, der als Bus fungierte. Auch das sei sehr teuer im Krieg, sagt sie. Jedes Mal habe sie Angst vor einem Bombenangriff gehabt. Auf dem Weg zur Verkaufsstelle muss Aldawud viele Kontrollen passieren: „Jeden Kilometer kommt ein Soldat und kontrolliert den Ausweis“, sagt Al Methaji.

Aldawud und ihre vier Kinder lebten während des Krieges nach eigenen Angaben an drei Orten. Ihr Haus in Daraa wurde zerstört, so wie achtzig Prozent der Häuser in ihrem Dorf, sagt die 38-Jährige. „Jeden Tag fielen Bomben, auch auf Kindergärten und das Krankenhaus“. Die Familie zog zunächst zu Aldawuds Eltern, später kamen sie bei anderen Verwandten unter.

Doch die Familie hatte Glück: Trotz der langen Wartezeit gelang der Nachzug. Für Flüchtlinge, die ihren Asylantrag nach Februar 2016 stellen, ist es zunehmend schwieriger, Ehepartner und Kinder nachzuholen, kritisierte das Deutsche Institut für Menschenrechte. Der eingetragene Verein mit Sitz in Berlin finanziert sich über Gelder des Bundestags und Drittmittel für Projekte. Nach eigenen Angaben überwacht und fördert er die Einhaltung der Menschenrechte.

„Beratungsstellen berichten zunehmend über verzweifelte Väter, Mütter und Kinder aus Syrien, die ihre Familienangehörigen im Kriegsgebiet oder in Flüchtlingslagern außerhalb Deutschlands zurücklassen mussten, weil die Flucht für alle zu gefährlich oder zu teuer war“, sagt das Institut in einer Stellungnahme vom 19. Dezember auf seiner Website. Seit März 2016 sei mit Inkrafttreten des Asylpakets II der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte pauschal für zwei Jahre ausgesetzt.

„Praktisch führt die Anwendung dieser Regelung dazu, dass Kinder regelmäßig über drei Jahre oder länger von ihren Eltern getrennt leben müssen“, so das Institut. Dies laufe der UN-Kinderrechtskonvention zuwider. Das Institut fordert deshalb in seiner Stellungnahme Korrekturen in Verwaltungspraxis und Gesetzgebung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort