Nach der Flut Diskussionen in Altendorf-Ersdorf über angebliche Versäumnisse

Altendorf-Ersdorf · Wie können künftige Fluten eingedämmt werden? Bei einer Begehung am Altendorfer und Ersdorfer Bach werden 19 Problemstellen identifiziert und in das neue Bürgerportal eingestellt.

 Bachbegehung am Altendorfer Bach: Vor dem Durchlass an der Bachstraße hatte sich das Wasser am 14. Juli gestaut. Auch weil eine gefällte Pappel teils noch im Bachbett lag.

Bachbegehung am Altendorfer Bach: Vor dem Durchlass an der Bachstraße hatte sich das Wasser am 14. Juli gestaut. Auch weil eine gefällte Pappel teils noch im Bachbett lag.

Foto: Axel Vogel

Eigentlich wollten die Ortsvorsteher von Altendorf und Ersdorf, Otmar Soukup und Ferdi Koll, beim Ortstermin ausschließlich „nach vorne blicken“. Geplant war eine Begehung der innerörtlichen Bachverläufe des Ersdorfer und des Altendorfer Baches mit Interessierten und von der Flutkatastrophe betroffenen Anliegern, um dann Vorschläge für einen verbesserten Unwetterschutz aktenkundig zu machen: Und zwar gemeinschaftlich auf dem neuen digitalen Bürgerportal der Stadt Meckenheim (der GA berichtete).

Doch zu Beginn der Begehung, die am Altendorfer Bach an der Straße „Widdenberg“ starte, stand einer Reihe von rund 20 Interessierten, unter ihnen SPD-Fraktionschef Stefan Pohl,  zunächst der Sinn nach etwas anderem: Nämlich nach einer vorherigen Aufarbeitung von Versäumnissen insbesondere bei der Gewässerpflege durch die dafür zuständige Stadt Meckenheim. 

Nach vorne blicken

Und dabei ging es anfangs hitzig zu. „Wie sollen wir nach vorne blicken, wenn wir vorher nicht über die Versäumnisse der Vergangenheit sprechen können?“, ereiferte sich Heinz-Peter Hilberath lautstark. Sein Haus, dass unmittelbar am Altendorfer Bach an der Bachstraße liegt, war am 14. Juli von den Unwetterfluten betroffen gewesen.

Er kritisierte massiv, dass die Durchlässe vor der Flut nicht gesäubert worden seien. Wir berichtet, hatte der Technische Beigeordnete Heinz-Peter Witt erst jüngst bekräftigt, dass die Stadt ihren Verpflichtungen in Sachen Gewässerunterhaltung vor Ort nachgekommen sei. Natürlich seien auch Aufräumarbeiten ein Bestandteil der Sofortmaßnahmen, so Witt. Allerdings würden alle Maßnahmen, die ein Gewässer betreffen, „einem Abwägungsprozess unterliegen“, führte der Beigeordnete aus.

„Noch nie etwas gemacht worden“

Doch auch Anliegerin  Iris Jörgens, die direkt an der bei den Juli-Überschwemmungen so problematischen Brücke am „Rosskamp“ wohnt, und bei der das Wasser 35 Zentimeter hoch im Erdgeschoss stand, sieht das anders: „In meiner Jugend konnte ich gebückt unter der Brücke durch den Bach laufen.“ Doch dann habe Geschiebe im Laufe der Zeit den Durchlass so zugesetzt, „dass noch nicht einmal mein sechs Jahre alter Enkel durchgekommen wäre“.  Jörgens betont: „Das ist seit 20 Jahren so. Hier ist noch nie etwas gemacht worden.“

Josef Kessel, Nachbar von Hilberath, beklagte insbesondere, dass es auch anders geht: „Seht euch den Orbach in Odendorf an, wie da die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe kostenfrei aufgeräumt hat.“  Außerdem kritisiert er, dass bei den von der Stadt beauftragten Gewässerbegehungen durch ein Ingenieurbüro keine Anlieger beteiligt worden seien: „Dann hätte man möglicherweise ein ganz anderes Bild von der Situation hier bekommen.“

Kritik an den Ortsvorstehern

Roland Saam stellte sich ferner die Frage, ob es sich überhaupt lohne, bei der Begehung dabei zu sein: „Wir reden hier seit Monaten über das Thema, aber man hat nicht das Gefühl, dass etwas umgesetzt wird.“  Auch sei er sich nicht sicher, ob die Verbesserungsvorschläge, die die beiden Ortsvorsteher auf dem Bürgerportal eingeben wollen, auch wirklich Berücksichtigung finden würden. 

Anselm Kalf, Anwohner am Rosskamp, ärgerte vor allem die  Informationspolitik der beiden Ortsvorsteher: Es habe zwar eine einmalige Einladung zu einem Bürgerdialog geben. Im Anschluss daran sei aber nur der Kreis an Personen weiter informiert worden, der teilgenommen hatte. „Unter Transparenz und Bürgernähe verstehe ich etwas anderes“, sagte Kalf. Soukup und Koll bestritten die Darstellung allerdings energisch: „Jeder, der sein Interesse bekundet, wird auch von uns beispielsweise über geplante Maßnahmen oder Termine informiert.“ 

19 problematische Stellen

   Im Verlauf der rund vierstündigen Begehung hatten sich dann aber die Gemüter beruhigt. Insgesamt 16 problematische Stellen vom Hangrutsch bis zur Engstelle wurden allein am Altendorfer Bach mit Text und Fotos identifiziert. „Inzwischen sind die Punkte auch in das neue Bürgerportal eingestellt“, so Soukup. „Weitere drei Problemstellen am Ersdorfer Bach“, ergänzte Koll.  Zudem hatten Koll und Soukup während der Begehung noch erklärt, sich bei der Stadt Meckenheim für eine Gewässerschau des Kreises eingesetzt zu haben.

KASTEN

Gewässerunterhaltungspflicht und Gewässerschau Zur Frage, welche Aufgaben grundsätzlich für eine Gemeinde mit einer bestehenden Gewässserunterhaltungspflicht verbunden sind, sagt Katja Eschmann, Mitarbeiterin in der Pressestelle der Kreisverwaltung in Siegburg; „Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast).“ Zur Gewässerunterhaltung gehöre die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses, die Erhaltung der Ufer sowie deren Freihaltung für den Wasserabfluss, sowie  die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. „Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen des Wasserhaushaltsgesetzes ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden“, so Eschmann. Die Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung werden üblicherweise mit den zuständigen Behörden im Vorfeld abgestimmt. Ein mögliches - und bewährtes - Instrument der Abstimmung sei der Gewässerunterhaltungsplan (GUP). „Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung eines GUP gibt es in NRW nicht.“  Die Aufgabe der Gewässeraufsicht sei es dabei, die Gewässer, alle ihre Benutzungen und Anlagen auf Einhaltung aller rechtlichen Verpflichtungen sowie zur Abwehr von Gefahren zu überwachen: „Eine Möglichkeit der Überwachung ist die Gewässerschau“, so Eschmann weiter: „Ob, in welchen zeitlichen Abständen und in welcher Weise ein Gewässer zu schauen ist, ist der Behörde freigestellt.“ Auf der Grundlage des abgestimmten Gewässerunterhaltungsplans in Verbindung mit Vor-Ort-Abstimmungen und stichprobenhaften Vor-Ort-Kontrollen habe es in den vergangenen Jahren keinen Bedarf für eine Gewässerschau gegeben. Eine solche stehe derzeit auch nicht an: „Die Stadt hat nach dem Hochwasser ein Ingenieurbüro mit der Aufnahme der Missstände vor Ort beauftragt. Die Ergebnisse sowie daraus abzuleitende Maßnahmen werden in Kürze gemeinsam mit der Kreisverwaltung abgestimmt.“ voa