Bürgerdialog nach Flut in Meckenheim „So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“

Meckenheim · Beim ersten Termin der Bürgerdialoge wollten es die Anwohner von Altendorf-Ersdorf genau von Bürgermeister Holger Jung wissen und stellten viele Detailfragen. Es ging unter anderem um liegengelassene Rückschnitte im Bachbett, verstopfte Wasserdurchlässe und riskante Bachbegradigungen.

 In Altendorf-Ersdorf wollen es die Anwohner beim Bürgergespräch zum Hochwasser von Bürgermeister Holger Jung genau wissen.

In Altendorf-Ersdorf wollen es die Anwohner beim Bürgergespräch zum Hochwasser von Bürgermeister Holger Jung genau wissen.

Foto: Matthias Kehrein

Viel Redebedarf gibt es nach der Hochwasser-Katastrophe in Meckenheim. Nach Rheinbacher und Swisttaler Vorbild stellte sich Bürgermeister Holger Jung jetzt beim Auftakt der Bürgergespräche in Altendorf-Ersdorf den drängendsten Fragen der Anwohner. Hitzige Debatten entbrannten zur Gewässerunterhaltung und zum Hochwasserschutz. Jung ließ jeden der etwa 50 Besucher zu Wort kommen, geriet gelegentlich in Bedrängnis, signalisierte jedoch stets Gesprächsbereitschaft.

Anselm Kalff hat mit seiner Partnerin Nicole vor vier Jahren einen Altendorfer Bauernhof übernommen, ihn mühsam saniert und wohnt dort seit 14 Monaten. „Dann kam die Flut, schwemmte unser Auto weg und bei mir stand das Wasser höher als einen halben Meter im Erdgeschoss“, sagt er. Angekommen seien bei ihm während der Katastrophe weder rechtzeitige Warnungen – obwohl offizielle Informationen dazu seiner Meinung nach schon vorher hätten Gehör finden müssen – noch Sandsäcke der Feuerwehr.

Kalff ist besonders betroffen, weil sein Grundstück direkt am Altendorfer Bach liegt. Seit dem 14. Juli sorgt dessen ungeahnte Zerstörungskraft bei ihm für schlaflose Nächte. „Es gab Zeiten, in denen ich völlig am Boden war“, sagt er. Doch Kalff hat sich schlau gemacht, Paragraphen studiert. „Deshalb will ich von Ihnen wissen, ob Sie Ihrer Gewässerunterhaltungspflicht nachgekommen sind“, adressierte er eine Frage aus seinem zusammengestellten Katalog mit zittriger Stimme an Bürgermeister Jung. Der musste in Anbetracht der ungeahnt präzisen Nachfrage sichtlich schlucken, versicherte aber wenig später, dass seitens der Stadt alles ordnungsgemäß geprüft worden sei.

Bürgermeister bemüht sich, Antworten zu geben

Zwischen Verwaltung und neugierigen Anwohnern ging es hin und her. Das Gespräch drehte sich um liegengelassene Rückschnitte im Bachbett, diverses Treibgut, das während des Starkregens zur Verstopfung von Wasserdurchlässen führte, oder Anhaltspunkte für viel zu riskante Bachbegradigungen im Gebiet Altendorf und Ersdorf.

Achtsam lauschten die Besucher Jungs Ausführungen zur Flut-Nacht, hörten aber noch genauer hin, als es um avisierte Vorkehrungen der Verwaltung ging, die einer möglichen Folge-Katastrophe vorbeugen sollen. Der Bürgermeister hatte keinen leichten Stand. Aber er wich den Fragen auch nicht aus, sondern war bemüht, so gut es „in dieser Phase der Aufarbeitung“ eben geht, gemeinsam mit seinem Stab Antworten zu liefern.

Jung suchte den Kontakt. Dazu passt, dass er auf Kalffs Einladung zum persönlichen Treffen einging. „Allerdings möchten wir, dass auch die alten Ölkanister, die seit der Flut im Bach liegen, verschwinden“, sagt Kalff. Das sagte Jung ebenso zu wie die Prüfung flutrelevanter Verwaltungsprozesse rund um die Gewässerunterhaltung. „Ich sehe Handlungsbedarf. So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“

Konzepte für Rückhaltebecken, Durchläufe, mögliche Staugefahren, Kanalsysteme und hilfreiche Starkregenkarten sollen auf den Prüfstand. „Dabei ist es sinnvoll, Einzelvorkommnisse auch nicht isoliert zu betrachten“, erklärte Jung. „Wir sollten alle Gewässer im Stadtgebiet im Blick haben.“ 

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Grauzone Flut
Kommentar zu Mietrechtsfragen nach der Flut Grauzone Flut
Aus dem Ressort