Gespräch am Wochenende Helmut Mertens über seine Leidenschaft für Literatur von Karl May

Meckenheim · Seine Leidenschaft für Literatur hat Helmut Mertens bereits in seiner Kindheit entwickelt. Besonderes Karl May hat es ihm angetan. Über dessen Werk hält er auch Vorträge.

Herr Mertens, Literatur ist Ihre Leidenschaft – seit wann?

Helmut Mertens: Als Kind schon habe ich viel gelesen – nicht immer zur Freude meiner Eltern. Eigene Bücher besaß ich nur wenige, aber ich habe alles verschlungen, was mir in die Finger kam.

Mögen Sie lieber Belletristik oder Lyrik? Haben Sie einen Lieblingsschriftsteller?

Mertens: Heinrich Heine! Ich kenne viele seiner Gedichte auswendig, womit sich auch Ihre erste Frage beantwortet. Mich fasziniert die Spritzigkeit, der Witz und die Tiefgründigkeit Heines.

Was lesen Sie zur Zeit?

Mertens: Ich habe gerade das jüngste Werk von Norbert Scheuer „Am Grund des Universums“ gelesen, ein mit Abstrichen guter Roman.

Seit einigen Jahren halten Sie Literaturvorträge, zumeist in Meckenheimer Buchhandlungen...

Mertens: Ja, seit 2005, etwa 30 Vorträge insgesamt. Meinen ersten Vortrag hielt ich über die jüdische Schriftstellerin Else Lasker-Schüler bei Bücher Brüssel. Nachdem Herr Brüssel seine Buchhandlung geschlossen hatte, bat mich seine ehemalige Mitarbeiterin Nicole Jünger, die jetzt den Buchladen am Neuen Markt betreibt, die Vortragsreihe fortzusetzen, weil sie von den Kunden darauf angesprochen worden war. Ich habe immer versucht, in Zyklen zu arbeiten, habe unter anderem auch die Werke Bertolt Brechts sowie englische und deutschsprachige Autoren behandelt. Auch habe ich in Kooperation mit dem katholischen Bildungswerk und der Stadt Meckenheim übergreifende Themen beleuchtet, zum Beispiel aus Anlass des Nationalfeiertags am 3. Oktober mich unter dem Titel „Das Unbehagen an der Wirklichkeit“ mit Utopien beschäftigt.

Bei Ihren literarischen Abenden mit von der Partie ist meist auch ein ehemaliger Kollege von Ihnen, Konrad Sangenstedt.

Mertens: Ja, er ist ein sehr guter Rezitator, hat ursprünglich am Theater gearbeitet und mit den Schülern unserer Schule hinreißende englische Theaterstücke aufgeführt. Mit seiner Unterstützung muss ich nicht die gesamten eineinhalb Stunden am Stück reden und die Zuhörer müssen nicht nur eine Stimme hören. Konrad Sangenstedt ist eine ideale Ergänzung.

Ihr nächster Vortrag beschäftigt sich bereits zum zweiten Mal mit Karl May, weil die Erstauflage ein sehr großes Interesse am geistigen Vater von Old Shatterhand, Winnetou und Hadschi Halef Omar offenbart hat. Wie stehen Sie selbst zu Karl May und seinem Werk?

Mertens: In meiner Jugend habe ich seine Bücher exzessiv gelesen. Die Bände habe ich mir in einer Bonner Bücherei ausgeliehen. Wie wohl alle habe ich die langen Passagen mit Beschreibungen geografischer Gegebenheiten einfach übersprungen und erst bei den Dialogen wieder eingesetzt. Ich finde es beeindruckend, dass Karl May es geschafft hat, der wohl meistgelesene deutsche Schriftsteller mit schwindelerregenden Auflagenzahlen zu werden, obwohl er aus ärmsten Verhältnissen stammte und eine erbärmliche Kindheit hatte.

Auch später hatte May es nicht immer leicht...

Mertens: Karl May war in seiner Jugend straffällig geworden, hatte seine kriminelle Vergangenheit aber peinlichst verschwiegen. Doch schließlich wurde sie aufgedeckt. Auch, dass er von sich behauptet hatte, selbst Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi zu sein, nahm man ihm übel. Die letzten Jahre seines Lebens waren von Prozessen überschattet. So ist es nicht verwunderlich, dass es das Thema Mays in seinen letzten Werken war, dass der Mensch sich im Laufe seines Lebens veredelt, zum Edel-Menschen wird.

Wie erklären Sie sich den Erfolg von Karl May?

Mertens: Durch die Ich-Perspektive und die klare Trennung von Gut und Böse kann sich der Leser sehr gut mit den Hauptcharakteren identifizieren. Die Dialoge sind oft witzig, zum Beispiel wenn Kara Ben Nemsi dem gutmütigen Hadschi Halef Omar die Dinge wie einem kleinen Kind erklärt. Zudem erleichtert der parataktische Satzbau mit vielen Hauptsätzen das Lesen.

Haben Sie schon ein nächstes Thema für weitere Literaturvorträge ins Auge gefasst?

Mertens: Ja, ich möchte gerne Goethes Leben anhand seiner Erlebnislyrik skizzieren. Mit der Ausarbeitung habe ich allerdings noch nicht begonnen.

Der Vortrag von Helmut Mertens mit Rezitationen von Konrad Sangen-stedt „Karl May – Leben und Werk“findet am Donnerstag, 1. Februar, ab 19.30 Uhr im „Buchladen am Neuen Markt“, Neuer Markt 54, Meckenheim, statt. Der Eintritt ist frei. Spenden für die Aktion „Warme Mahlzeit“ werden gesammelt. Anmeldung unter (02225) 8 88 08 33.

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