Wortgefecht zwischen wütenden Bürgern und Verwaltung Meckenheimer Starkregenkarte: So fiel die Reaktion in Altendorf-Ersdorf aus

Meckenheim-Altendorf/Ersdorf · Bei der Vorstellung der jetzt online verfügbaren interaktiven Starkregenkarte für Meckenheim sowie der Bemühungen zum Bevölkerungsschutz reagierten Anwohner aus Altendorf-Ersdorf sehr unterschiedlich. Zum Schutz vor Wasser kann jeder etwas tun.

Wie genau sich die Wassermassen verhalten, die bei Starkregen niedergehen, zeigt für Meckenheim jetzt eine interaktive Simulation – für die Bürgerinnen und Bürger Hinweise geben können.

Wie genau sich die Wassermassen verhalten, die bei Starkregen niedergehen, zeigt für Meckenheim jetzt eine interaktive Simulation – für die Bürgerinnen und Bürger Hinweise geben können.

Foto: dpa-tmn/Armin Weigel

Jetzt ist sie online: die animierte, interaktive Starkregenkarte für Meckenheim der Ingenieurgesellschaft Hydrotec, die die Stadtverwaltung kürzlich in einer ersten öffentlichen Präsentation in der Schützenhalle den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt und erläutert hatte (der GA berichtete). Noch am späten Abend des 8. Dezember – offizieller Startzeitpunkt der Webseite war am Freitag, abrufen ließ sie sich aber schon ein paar Stunden vorher – hinterließ ein Nutzer den ersten Hinweis. Die Wormersdorfer Straße (L471), kurz hinter dem Ortsausgang Richtung Rheinbach, sei geflutet gewesen; gemeint ist zweifellos das Starkregenereignis von Mitte Juli 2021.

Interessant ist diese Feststellung für die Fachleute, die hinter den Kulissen mit der Wassersimulation arbeiten. Denn in der Animation wird die Landesstraße erst ein Stück weiter überflutet, an der Querung des Steigerbachs. Da die Programmierer für ihr Szenario noch mehr Regen vom Himmel fallen ließen als es im Sommer 2021 der Fall war, muss sich noch eine kleine Ungenauigkeit im Geländemodell verbergen, sofern der Bürgerhinweis präzise zutrifft. Zur bestmöglichen Unterstützung bitten die Fachleute um genaue Angabe von Zeit und Ort und, soweit vorhanden, Bildmaterial.

Stimmung der Anwohner gemischt

Der Start der Starkregenkarte fiel am Donnerstagabend zusammen mit einer zweiten Auflage der Informationsveranstaltung, zu der Vertreter von Stadtverwaltung, Hydrotec, Erftverband sowie Berater des Wiederaufbauteams des Rhein-Sieg-Kreises in die Altendorfer Mehrzweckhalle eingeladen hatten. Rund 40 Anwohnerinnen und Anwohner aus Altendorf-Ersdorf nahmen das Angebot an. Der Abend machte deutlich, dass die Stimmung im Doppelort teilweise noch immer gereizt ist – aber auch, dass sich die Haltung der Bürger nicht auf einen Nenner bringen lässt, wenn es um das Verhältnis zur Stadtverwaltung und deren Umgang mit der Flutkatastrophe geht.

So sahen sich Bürgermeister Holger Jung und der Technische Beigeordnete Heinz-Peter Witt drei Gruppen von Anwohnern gegenüber, deren Reaktionen von wütenden Anschuldigungen über stummes Zuhören bis hin zu spontanem Applaus reichte. Am plakativsten trat die Gruppe der Verwaltungsgegner auf, darunter die bekannten Kritiker Anselm Kalff, Josef Kessel und Rolf Schuh.

Experte widerspricht vorgetragener Kritik

Diese hatten sich offenkundig vorbereitet und großformatige Fotos drucken lassen. Eine Aufnahme des Durchlasses unter der Brücke über den Altendorfer Bach zwischen Burgstraße und Kutzenberg/Roßkamp zeigt laut Kalff überwucherte Sedimentablagerungen, die beweisen sollten, dass die Stadt Meckenheim ihrer Pflicht zur Gewässerpflege nicht nachgekommen sei.

 Die interaktive Starkregenkarte für Meckenheim ist online. Die Simulation lässt sich auch auf dem Smartphone anzeigen

Die interaktive Starkregenkarte für Meckenheim ist online. Die Simulation lässt sich auch auf dem Smartphone anzeigen

Foto: Alexander C. Barth

Oliver Buchholz, der als Experte die Firma Hydrotec vertrat, schien die Einschätzung, dass eine solche Ablagerung die Flutfolgen spürbar verschlimmert habe, nicht zu teilen. „Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird bei einer solchen Flut mitgerissen“, erklärte der promovierte Diplom-Ingenieur. Geländeprofil, das nach einer Überschwemmung wie im Juli 2021 noch intakt sei, lasse nur die Erklärung zu, dass dieser Bereich zum Abfluss des Wassers nicht erforderlich gewesen sei. Dabei berief sich der Fachmann auf Erfahrungen, die Hydrotec unter anderem 2002 bei einer Starkregenkatastrophe im Erzgebirge gesammelt hatte.

Zwischen Bürgermeister, Technischem Beigeordneten und den Verwaltungskritikern entspann sich in der Folge ein lautstarkes Wortgefecht. Jung gestand den Bürgern dabei ihre persönliche Betroffenheit als Flutgeschädigte zu. „Ich kann verstehen, dass Sie einen Schuldigen suchen“, rief er. Über die Angelegenheit habe man sich inzwischen jedoch mehrfach mündlich und schriftlich ausgetauscht, und die Verwaltung bleibe bei ihrer Einschätzung: Die in Rede stehende Reinigung des Durchlasses, die in den Augen der Kritiker zu spät erfolgte, hätte „weder für Sie noch für andere einen Unterschied gemacht.“

Keine pauschale Antwort zum Totholz

Es gehe jetzt darum, „nach vorn zu schauen“, so Jung. Mit der Aufforderung, bei der Fragerunde auch andere Betroffene zu Wort kommen lassen, erntete er Applaus. Einige Anwohner aus dem Doppelort zeigten sich demonstrativ genervt vom Auftritt ihrer Mitbürger, andere trugen eigene Kritikpunkte vor. So kam etwa abermals die Frage nach Totholz im Bachbett auf – das „im Ahrtal eingesammelt wurde, aber hier hat man’s liegengelassen“, wie es in einem Zwischenruf hieß. Buchholz erklärte, diesen Sachverhalt müsse man „differenziert“ betrachten. Nicht jeder Baumstamm, der quer über dem Bach liege, werde bei einer Flut mittransportiert. Größere Stämme seien oft fest verkeilt und sollten aus Naturschutzgründen an Ort und Stelle bleiben.

Konkrete Anfragen und Beschwerden zu bestimmten Stellen – etwa zur beschädigten Bachstraße, wo seit der Flut auch bei moderatem Regen Garagen volllaufen würden – beantwortete die Verwaltung letztlich, indem sie weiter um Geduld bat. Darauf lief auch ein Vortrag von Daniel Bittner vom Erftverband zum interkommunalen Hochwasserschutzkonzept hinaus: Eine isolierte Betrachtung einzelner Stellen sei nicht zielführend, und generell würden Hochwasserschutzmaßnahmen leider ihre Zeit brauchen: „Fünf Jahre sind da schon schnell“, sagte er.

Trotz diverser Dinge, an denen gearbeitet werde, gestand auch der Bürgermeister zu, die damit verbundenen Zeiträume seien „desillusionierend“. Auf die spätere Nachfrage aus dem Plenum, was die Verwaltung unter „mittelfristig“ umzusetzenden Maßnahmen verstehe, konnte niemand eine genaue Antwort geben. „Jedenfalls nicht 2023“, stellte Witt klar.