Karneval für blinde Menschen Farberkenner sind eine große Hilfe

Meckenheim · Der Karneval ist auch ein Spektakel der Farben. Doch wie nehmen erblindete Menschen den Fastelovend wahr? Das Meckenheimer Prinzenpaar wollte es wissen.

Karneval für blinde Menschen: Farberkenner sind eine große Hilfe​
Foto: Petra Reuter

Sich einfach mal darüber austauschen, wie die Welt der Sehenden und die Welt der Erblindeten zur Hochzeit der Session aussehen. Das war das Ziel des vom Meckenheimer Prinzenpaar Sven I. und Sabrina I. und der Prinzengarde initiierten Treffens mit Blinden und Sehbehinderten im Café Sofa. Dabei gab es Überraschungen auf beiden Seiten.

Karneval für blinde Menschen: Farberkenner sind eine große Hilfe​
Foto: Petra Reuter

Der in vielen Bereichen ehrenamtlich aktive Friedel Groß stellte an diesem Tag den restsehenden oder vollständig erblindeten Gästen weniger sich als sichtbare Person, sondern vor allem seine Stimme als die des Kommandanten der Prinzengarde in Meckenheim vor. Zudem erklärte er die Funktion der Prinzengarde als Begleitung der Tollitäten. „Wir möchten hier gemeinsam ein bisschen voneinander lernen“, sagte Groß. „Die Idee hatte meine Prinzessin, die gleichzeitig meine Ehefrau ist“, erzählte Sven I. und begann, sein Ornat zu beschreiben. „Es ist schon sehr aufgeplustert“, sagte er. Reich verziert sei es natürlich ebenfalls.

Die Orden werden ertastet

So entdeckten Monika, Sonja, Manuela und Robert – in der Community duzt man sich - zuerst nacheinander tastend die vom Prinzenpaar verliehenen Orden. Anschließend ließen sie sich von den Unterschieden zwischen der Uniform von Groß und den in der Form, dem Stoff und der Aufmachung völlig anders gestalteten Ornaten der Tollitäten überraschen.

Wer nun geglaubt hätte, bei den Farben sei Schluss, hatte sich getäuscht. „Wenn man das mit seiner Restsehkraft nicht mehr erkennen kann, nimmt man den Farberkenner“, erklärte Sonja Kurzmann. Das kleine Gerät misst die Farbwerte und sagt die Farben an. Andere Geräte hingegen helfen im Alltag, indem sie beispielsweise Beschreibungen auf Packungen oder andere Texte vorlesen, erfuhren die Karnevalisten überrascht.

Trotz des Umwegs über die Technik seien Farben für sie nicht belanglos, sagte Sonja. Sie war wie Monika und Manuela erst im Laufe des Lebens erblindet und kannte deshalb Farben. „Man kann es vielleicht damit vergleichen, wie man ein Buch liest“, sagte sie. Auch da entstehe das Bild der Handlung erst in der Fantasie. „Wenn ich weiß, wie die Farben sind, kann ich mir die Szene vorstellen“, sagte sie. Diese Fragen stellte sich Robert Landsberg, zugleich Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenvereins (BSV) Bonn/Rhein-Sieg, nicht: „Ich bin seit meiner Geburt blind, darüber mache ich mir eigentlich wenig Gedanken.“

Musik und Gesang lassen Atmosphäre erleben

Den Straßenkarneval erlebe er dennoch intensiv mit, sagte der Vorsitzende. „Ich höre die Geräusche des Zugs, die Musik, die Stimmen, das Singen der Menschen“, beschrieb Robert Landsberg und stellte fest: „Da ist gute Stimmung, da machen wir mit.“ Zum Beispiel mit dem Akkordeon, das er seit Jahren spielt, so Landsberg. Dass man ein Instrument erlernen kann, indem man es ausschließlich ertastet und hört, beeindruckte den Prinzen als Trompeter und Leiter des Fanfarencorps sehr.