Vortrag über Luther in Meckenheim Kein ketzerischer Kirchenspalter

Meckenheim · Wenn vom Namensgeber der evangelischen Kirche die Rede ist, haben sowohl Katholiken als auch Protestanten eine feste Vorstellung. Aus einem anderen Blickwinkel beleuchtete Pater Augustinus Sander aus dem Benediktinerkloster Maria Laach die Bedeutung Martin Luthers.

 Katholischer Luther: Pater Augustinus Sander sprach über den "katholischen Luther".

Katholischer Luther: Pater Augustinus Sander sprach über den "katholischen Luther".

Foto: Roland Kohls

Martin Luther: Kirchenspalter oder Kirchengründer? Wenn vom Namensgeber der evangelischen Kirche die Rede ist, haben sowohl Katholiken als auch Protestanten eine feste Vorstellung. Aus einem anderen Blickwinkel beleuchtete Pater Augustinus Sander aus dem Benediktinerkloster Maria Laach die Bedeutung Martin Luthers. Unter dem Thema „Der katholische Luther: Ein Lutherbild, das aus dem Rahmen fällt“ analysierte Pater Augustinus vor rund 250 Zuhörern in der Friedenskirche in Meckenheim das „theologische Sein“ des Reformators.

Mit dem Vortrag läutete das evangelische Forum eine Vortragsreihe zum Jubiläumsjahr 2017 – dem 500. Jahrstag des Thesenanschlag an die Schlosskirche zu Wittenberg im Jahr 1517 – ein. „Im Zuge des Lutherjahres wollten wir nicht nur die evangelische, sondern auch die katholische Seite hören“, erklärte Andreas von Below vom evangelischen Forum. „Luther hat die Kirche reformieren wollen. Ja – er war ein Reformkatholik“, zitierte der Benediktinerpater eingangs den emeritierten Bischof Joachim Wanke aus Erfurt. Auf eine Spurensuche nach den geistigen Wurzeln des katholischen Luthers nahm der Referent seine Zuhörer mit. Was sagt Luther? Woher kam das, was er sagt? In welcher Tradition stand der Reformator? Was wurde aus dem, was er gesagt hat? Das waren die zentralen Fragen, auf die Sander mit Beispielen aus den verschiedenen Luthertexten Antworten gab.

Als prägend für Luthers Leben bezeichnete Sander dessen Zeit als Mönch bei den Augustiner-Eremiten in Erfurt. Denn dort war der geistige Einfluss von Kirchenvätern wie des heiligen Augustinus und des heiligen Bernhard von Clairvaux sehr präsent. Ein Einfluss, dem sich Luther nicht entziehen konnte, so dass er noch auf dem Sterbebett den heiligen Augustinus zitiert habe („Wir sind Bettler“). Der katholische Einfluss sei bis heute im kleinen Katechismus der lutherischen Kirche sichtbar, der noch Elemente der klösterlichen Konstitutionen beinhalte. Luthers Suche nach „einem gnädigen Gott“ und seine Antwort darauf 1534, dass Gott den Gläubigen schon durch die Taufe Gnade geschenkt habe, sei eine, so Sander, „zutiefst katholische Auffassung.“

Luther habe in seinen Thesen und Aussagen klassisch von Augustinus abgeschrieben. „Aber auch von Bernhard von Clairvaux hat Luther in seinen Schriften mehr als 700 Mal zitiert“, so Sander schmunzelnd, der noch ein Bonmot am Rande erwähnte. So seien sich Luther und Clairvaux auch menschlich ähnlich gewesen. „Beide waren Choleriker und mit Beiden gingen gelegentlich die Gäule durch“, erläuterte der Lutherexperte. Sander beschäftigt sich seit Jahren mit Luther und der Ökumene. Der Benediktinerpater ist freier Mitarbeiter des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik und arbeitet am internationalen Projekt einer „Ökumenischen Kommentierung der 95 Ablassthesen Martin Luthers“ mit.

Wie sehr sich die lutherische und die katholischen Kirche nach 500 Jahren der Trennung mittlerweile angenähert haben, zeigen die verschiedenen Kongresse und Symposien der vergangenen Jahre. Seit rund 50 Jahren gibt es den katholisch-lutherischen Dialog. So wird am diesjährigen Reformationstag, 31. Oktober, Bischof Karl Lehmann mit der Martin Luther-Medaille ausgezeichnet. Das Reformationsjubiläum feiern am selben Tag in einem gemeinsamen Gottesdienst Papst Franziskus und der Lutherische Weltbund im schwedischen Lund.

„Ökumenischer Dialog bedeutet, sich von Denkmustern abzuwenden, die durch die Unterschiedlichkeit der Konfessionen entstanden sind und die deren Unterschiede betonten. Stattdessen blicken die Partner zuerst auf das, was ihnen gemeinsam ist und gewichten erst dann die Bedeutung der Unterschiede“, bilanzierte Sander abschließend.

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