Keine Einigung Bücherei-Verhandlungen mit Kirche in Meckenheim sind geplatzt

Meckenheim · Das Aus der Meckenheimer Bücherei in ihrer jetzigen Form scheint besiegelt, die Kirchengemeinde hat den Kooperationsvertrag mit der Stadt gekündigt. Wie Nutzer und Beschäftigte reagieren.

Mechthild Nitsche ist eine von derzeit noch drei Festangestellten in der Bücherei St. Johannes der Täufer. Sie hebt die Bedeutung ihrer Arbeit bei der Leseförderung für Kinder hervor.

Mechthild Nitsche ist eine von derzeit noch drei Festangestellten in der Bücherei St. Johannes der Täufer. Sie hebt die Bedeutung ihrer Arbeit bei der Leseförderung für Kinder hervor.

Foto: Alexander C. Barth

Die Verhandlungen sind geplatzt: Über einen Erhalt der Katholischen Öffentlichen Bücherei St. Johannes der Täufer in Meckenheim sind sich Kirchengemeinde und Stadtverwaltung nach monatelangem Tauziehen nicht einig geworden. Da der derzeit gültige Kooperationsvertrag von 2007 eine Kündigungsfrist von einem Jahr vorsieht, hat die Kirchengemeinde diesen jetzt zum Stichtag 31. Dezember 2023 beendet.

Dabei beruft sich die Gemeinde auf den angekündigten Rückzug des Erzbistums Köln aus der Finanzierung zum selben Datum. „Daher ist der Kirchengemeinde ein weiteres Festhalten an dem Kooperationsvertrag aus finanziellen Gründen nicht möglich“, heißt es in dem Schreiben. Und: „Die Notwendigkeit dieser Kündigung bedauern wir außerordentlich und hoffen, dass sich eine befriedigende Nachfolgelösung finden lassen wird.“

Wie eine solche Lösung genau aussehen könnte, ist aktuell unklar. Der Stadtrat muss sich in seiner letzten Sitzung des Jahres am Mittwoch, 14. Dezember, mit der Angelegenheit befassen. Der Beschlussvorschlag sieht vor, die Verwaltung mit dem Erarbeiten eines Konzepts zu beauftragen, „ob und wie ein öffentliches Bibliotheksangebot im Stadtgebiet sichergestellt werden kann“. Nach Darstellung der Verwaltung hatten sich Bürgermeister Holger Jung, Erster Beigeordneter Hans Dieter Wirtz und Silvia Klemmer, Leiterin des Fachbereichs Bildung, Kultur und Sport, Ende November zu einem letzten Gespräch mit Vertretern von Kirchengemeinde und Erzbistum getroffen.

Kirche schließt Beteiligung an Kostendefizit aus

Die Gemeinde legte demnach ein Konzept vor, das den Erhalt der Bücherei durch zwei Maßnahmen ermöglicht hätte: Erstens Einsparungen im Bereich Personal (1,5 statt 2,5 Vollzeitstellen) sowie beim Angebot, darunter Medienbestand und Öffnungszeiten. Zweitens hätte sich die Stadt Meckenheim verpflichten müssen, für Kosten aufzukommen, die über den bisherigen städtischen Anteil an der Finanzierung und den Medienzuschuss der Gemeinde hinausgehen.

Eine kirchliche Beteiligung beim Ausgleich von Defiziten schlossen die geistlichen Vertreter aus. Da solche Defizite mit Blick auf steigende Energie- und Personalkosten zu erwarten seien, die Verwaltung bedingt durch die Haushaltssicherung aber keinen „bedeutend höheren Finanzeinsatz“ der Stadt habe zusagen können, steht unterm Strich jetzt das Scheitern der Verhandlungen.

Die Bücherei an der Adolf-Kolping-Straße ist bei einem Ortsbesuch am Dienstag adventlich geschmückt, die Stimmung jedoch gedämpft. Den Beschäftigten stößt sauer auf, dass ihr Arbeitgeber sie nicht über die Kündigung des Kooperationsvertrags informiert habe. „Wir haben schon 2021, als das Erzbistum das Ende der Finanzierung bekannt gegeben hat, aus der Presse davon erfahren“, berichtet Mechthild Nitsche, eine der derzeit noch drei Festangestellten.

 Neben Familien wissen auch Meckenheimer Senioren das wohnortnahe Angebot in der Innenstadt zu schätzen.

Neben Familien wissen auch Meckenheimer Senioren das wohnortnahe Angebot in der Innenstadt zu schätzen.

Foto: Alexander C. Barth

Am Montag seien sie und ihre Kollegin Marion Willenbücher durch einen Hinweis auf der Webseite der Stadt Meckenheim auf die neue Sachlage aufmerksam geworden. Leiter der Bücherei ist offiziell noch Herbert Kalkes, der zum Jahresende seinen Ruhestand antritt. Das letzte Personalgespräch, das Mitte September stattgefunden habe, beschreibt Nitsche als wenig einfühlsam; in Anwesenheit eines Anwalts habe man ihr nach jahrzehntelanger Mitarbeit empfohlen, ein mögliches Ende der Beschäftigung „in meine Lebensplanung einzubauen“, berichtet die 60-Jährige entrüstet.

Nutzer der Bücherei sind besorgt

Besucher, die sich an diesem Vormittag mit neuem Lesestoff versorgen, reagieren ebenfalls empört auf die schlechte Nachricht. „Wenn die Bücherei schließt, wäre das ein Mega-Verlust“, sagt etwa Monika Röhrig (64). Seit 1991 ist sie Stammkundin, mehr als 4000 Titel hat sie seit 2003 – weiter lässt sich das nicht zurückverfolgen – ausgeliehen. „Zeitschriften, Sachbücher, Belletristik, ich leihe hier alles“, erklärt die Meckenheimerin. Nur das DVD-Regal sei nicht mehr interessant für sie seit es Online-Streamingdienste gebe.

Auch Michaela Lindemann schätzt das wohnortnahe Angebot: Seit 1983 nutzt die Seniorin die Bücherei, im laufenden Kalenderjahr hat sie schon 220 Titel geliehen. Sie lobt neben der Vielfalt der verfügbaren Medien auch die Betreuung durch die Mitarbeiter: „Die sind klasse. Die kennen sich bestens aus und geben gute Empfehlungen.“ Inzwischen wüssten diese ja, was ihr gefalle, ergänzt sie. Eine Alternative sieht sie für sich persönlich nicht: „Ich weiß wirklich nicht, wo ich hingehen soll, wenn es in Meckenheim keine Bücherei mehr gibt.“ Dafür nach Rheinbach oder gar Bonn zu fahren, kann sie sich nicht vorstellen.

Auswärtige Angebote für viele keine Alternative

Anne Steffens-Kronenberg aus Meckenheim, seit mehr als 40 Jahren Nutzerin, bezeichnet die Bücherei als ihr „verlängertes Wohnzimmer“. Wie viele hier schätzt auch sie dessen soziale Funktion, also den persönlichen Kontakt zu Mitarbeitern und anderen Besuchern. Nötigenfalls würde sie darüber nachdenken, eine Alternative außerhalb des Stadtgebiets zu nutzen, aber: „Das sagt sich so leicht. In Kombination mit dem 49-Euro-Ticket – vielleicht.“

Marion Willenbücher geht anhand ihrer persönlichen Erfahrung davon aus, dass nach einer Schließung viele Nutzer nicht auf ein auswärtiges Angebot ausweichen würden: „Zeigen Sie mir mal die Mutter, die sich mit Kinderwagen in den Zug setzt, um in eine Bücherei zu fahren.“ Mechthild Nitsche hebt die Bedeutung des Angebots für Kinder hervor. Neue Studien würden bestätigen, dass Lesekompetenz mit gedruckten Büchern besser gefördert werden könne als durch eBooks.

Die Fraktionen im Stadtrat sind sich bislang einig, das Angebot in Meckenheim erhalten zu wollen. Die Verwaltung möchte diesbezüglich bei der Kommunalaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises vorsprechen, um eine Genehmigung von Mehrausgaben trotz Haushaltssicherung auszuloten.

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