Interview mit Komikerin Mirja Boes liebt es, mit dem Publikum zu spielen

Meckenheim · Mirja Boes kommt am Donnerstag, 27. Juni, mit „Auf Wiedersehen Hallo“ nach Meckenheim. Im Interview mit dem General-Anzeiger spricht die Komikerin über Nutellabrote im Restaurant und ein Mirja-Musical.

 Kann über sich selber lachen: Mirja Boes.

Kann über sich selber lachen: Mirja Boes.

Foto: DPA

Sie legen sich fest, Ihrem Publikum die „wahrscheinlich definitiv wirklich allerletzte Abschiedstour“ zu präsentieren. Warum Abschied und warum jetzt?

Mirja Boes: Nee, ist ja kein Abschied. Es war mal die Idee, das noch krasser auszudrücken: Leute, Leute, das war es. Aber das „wahrscheinlich“ legt mich nicht fest als Frau. Es gibt natürlich Abschiede. Man sagt „Auf Wiedersehen“ zu Dingen – freiwillig und unfreiwillig. Und davon handelt letztendlich das Programm. Aber: Die Leute fragen viel: Hörst du jetzt tatsächlich auf? Ich sage: Nee, komm: Ein bisschen kann ich ja noch...

Wonach strebt eine fünffache Comedypreisträgerin nach der Abschiedstournee?

Boes: Ich habe nur drei im Regal stehen. Ich war eben im Wohnzimmer und habe sauber gemacht. Ich habe nur drei gefunden.

Ach was.

Boes: Gemein ist das. Nee, vier habe ich gefunden: Einer hat so ein lustiges Kostüm an. Es gibt so viele Gemeinschaftsleistungen, die genauso schön sind wie eigene Leistungen. Darum sind es nur vier. Ich bin ehrlich: Da ist man noch ein Stück stolzer drauf, wenn der eigene Anteil, den Preis zu bekommen, größer ist. Einen habe ich bekommen für „Frei Schnauze“. Das freut mich natürlich und ehrt mich, aber die einzelnen Preise, die man bekommt, sind schon schöner.

Aus dem Fernsehen kennen wir Sie insbesondere von RTL. Zieht es Sie künftig – eingedenk des Jugendwahns – eher zu Arte und 3sat?

Boes: Ich glaube, Arte und 3sat nicht. Die Frage ist, ob man mit 47 Jahren in dem Alter ist, wo die Zuschauer sagen: Die Alte soll eine Personality-Show im WDR machen. Ich bin immer da, wo es mich hintreibt. Wo man mich mag, da lasse ich mich nieder. RTL ist seit Jahren mein Wegbegleiter. Ich bin eine sehr treue Seele. Ich würde mich als RTL-Gesicht bezeichnen, und wenn ich was Neues hatte, würde ich immer zuerst zu RTL gehen. Wo es mich noch hintreibt, weiß ich wirklich nicht.

Ein Schwerpunkt Ihrer Show ist Improvisationscomedy. Aus welchen Quellen schöpfen Sie Inspiration?

Boes: Aus dem Publikum. Bei mir ist die Improvisation eigentlich der Abend. Ich liebe es, mit dem Publikum zu spielen. Ich finde es toll, wenn das Publikum nach Hause geht und sich als Teil der Show fühlen konnte. Dann bekommt man immer neuen Input, und diese Sachen schleppe ich durchs Programm, wenn etwas besonders witzig war, was aus dem Publikum kam.

Dass Sie eine Band mitbringen, zeigt, dass Sie bei „Auf Wiedersehen Hallo“ zu Ihren Wurzeln zurückkehren – dem Gesang. Was singt Mirja Boes anno 2019: Deutschrock, Ballermannhymnen über männliche Körperlichkeit...

Boes: Die männliche Körperlichkeit kommt vor, die Ballermannhymne wird sehr abgewandelt stattfinden – eine salonfähige Variante. Wenn ich das, was ich gesanglich mache, beschreiben müsste, wäre das Comedy-Pop. Es darf herzhaft gelacht werden – über die Texte der Songs. Und es gibt ernstere Lieder, denn es ist ein emotionales Programm. Gerade beim Thema Abschied gibt es auch traurige Momente. Genau wie alle anderen Menschen bin ich einer, dem tolle Sachen passieren, aber auch schlimme. Ich finde, das gehört in die Comedy mit rein: Weinen und Lachen liegen mitunter ganz nah beieinander. Es gibt durchaus mal eine Ballade, aber auch ein Lied, wo ich die Leute schon mal anschreie, dann spiele ich auch mal schlecht Klavier – ein buntes Potpourri der guten Laune.

Wäre mit dem Erfahrungsschatz des Ballermanns der Karneval eine Bühne für Sie?

Boes: Nein. Ich finde, dass Karneval eine wahnsinnig männerlastiges Gelöt ist. Zu Möhre-Zeiten habe ich tatsächlich so was bedient. In der jüngeren Vergangenheit habe ich mich da immer erfolgreich drum herum schiffen können. Aber: Ich feiere sehr gerne Karneval – privat. Hach, aber den Spaß sollen die anderen an Karneval machen.

Die Boes kann nicht nur lustig, sie kann auch gute Gastgeberin sein: In Essen führen Sie mit zwei Kompagnons ein Restaurant. Wie kam es dazu?

Boes: Die beiden sind meine engsten Freunde. Einer von denen ist schon Ewigkeiten Gastronom und hat schon immer den Traum, selbstständig zu sein. Er ist natürlich der Verantwortliche. Wir sagen: Dieses Restaurant soll gut funktionieren, weil es lecker schmeckt, die Gäste sich wohlfühlen und nicht, weil es eine Promibude ist, die abhängig davon ist, ob ich komme und Halligalli mache. Ich komme ab und zu, bringe alles durcheinander, und dann gehe ich wieder.

Es gibt ja tolle Dinge auf der Karte. Himmel und Erde ebenso wie den Grillteller Schimanski...

Boes: Toll, ne? Die Kinderkarte habe ich übrigens entworfen. Man kann ein Nutellabrot kriegen.

Lecker.

Boes: Ja, oder Leberwurststulle als Abendbrot. Ich glaube mich noch daran zu erinnern, was für einen unfassbar abartigen Geschmack ich als Kind hatte. Meine Eltern haben mir das immer erfüllt. Darum finde ich, dass man diese Tradition weiter fortleben lassen soll.

Neben Italienisch, Spanisch und Musik- und Medienwissenschaften haben Sie Musical studiert. Welchen Titel geben Sie dem Musical, welches sich mit dem Leben von Mirja Boes befasst?

Boes: „Der ganz normale Wahnsinn“. Nee: „Sind wir nicht doch alle Fritten?“Das fänd ich schön – mit Fragezeichen.

Muss ja zum Nachdenken sein.

Boes: Ja, genau.

Wie müsste die Handlung lauten?

Boes: Es müsste verfilmt werden. Ich würde nämlich gern Comic-Momente drin haben – über mich selbst. Ich glaube, es wäre sehr viel Selbstironie drin. Ich bilde mir ein, dass ich wahnsinnig gut über mich selbst lachen kann, weil ich mich manchmal wahnsinnig schwachsinnig finde. Es würde viel Alltag darin vorkommen: Wenn ich unten stehe, meine Kinder zum zehnten Mal rufe und merke, mit der hysterischen Stimme: Ich würde auch nicht kommen (schreit schrill). Jetzt kommt endlich. Mann, die sind sechs und acht Jahre alt. Ich würde im Musical wahnsinnig oft neben mir stehen und beobachten, wie chaotisch ich mich verhalte. Ich finde, dass der Mensch wahnsinnig oft ein Heini ist – oder eine Fritte eben.

Jedes Musical braucht ein krachendes Finale. Wie endet „Sind wir nicht doch alle Fritten?“

Boes: Wir werden feststellen, dass wir alle Fritten sind, dann gibt es das Finale, und ich würde einen Charthit Nummer eins landen – aus Versehen allerdings. Mit einer Windmaschine natürlich. Ich werde die Céline Dion des Musicals. Um festzustellen, dass mir das doch Angst bereitet. Eigentlich müsste das letzte Lied heißen: „Hurra, eigentlich ist alles so wie vorher“.

Und das lässt dann den Zuschauer beglückt und nachdenklich nach Hause gehen...

Boes: Das ist ja mein höchstes Ziel, dass die Leute mit einem Grinsen im Auto sitzen und sagen: Die Alte hat sie doch nicht alle, aber darüber freuen sie sich.

Mirja Boes gastiert am Donnerstag, 27. Juni, 20 Uhr, in der Jungholzhalle Meckenheim, Siebengebirgsring 4. Karten gibt's für 28 Euro plus Gebühr in Meckenheim im Ticketshop Ruland, in Rheinbach bei Lotto-Toto Sigrid Krämer und unter www.bonnticket.de.

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