Landwirt schützt seine Süßkirschen-Plantage Netze gegen die Kirschessigfliege

MECKENHEIM · Der Anbau von Süßkirchen ist für Landwirte wie Manfred Felten mit seiner Frau Zuzanna in der Regel ein lohnendes Geschäft. Denn das schmackhafte Obst ist beim Kunden gefragt und wird durchschnittlich im geschützten Anbau mit einem Preis von zwischen vier und sechs Euro das Kilogramm gehandelt, erklärt Manfred Felten.

 Viel Aufwand betreibt Landwirt Manfred Felten bei der Hege seiner Süßkirschenplantage, unter anderem spannte er ein neues, engmaschigeres Netz gegen die Kirschessigfliege.

Viel Aufwand betreibt Landwirt Manfred Felten bei der Hege seiner Süßkirschenplantage, unter anderem spannte er ein neues, engmaschigeres Netz gegen die Kirschessigfliege.

Foto: Axel Vogel

Was der Spargel beim Gemüse ist, sei die Süßkirsche beim Ost, ergänzt er. Nur wenige Verbraucher dürften allerdings wissen: Um Süßkirchen denn auch wirklich ernten zu können, muss der Landwirt zuvor viel Aufwand betreiben. Denn auf Süßkirschen haben es auch andere Lebewesen abgesehen.

Nicht nur, dass Amsel Fink und Star, wenn man sie denn lassen würde, sich liebend gerne an den Kirschbäumen laben würden. Auch bei Insekten stehen die schmackhaften dunkelroten Kugeln ganz hoch im Kurs. Beispielsweise bei der hierzulande verbreiteten Kirschfruchtfliege. Um sich gegen jene ungebetenen Kunden zu schützen, hatte das Ehepaar in der Vergangenheit bereits vorgesorgt. Ihre gesamte 1,2 Hektar große Süßkirschenplantage ist mit einem Netz überzogen, dass eine Maschenbreite von 1,5 Millimetern hat. Das hielt bislang Vögel und besagte Kirschfruchtfliegen ab.

Nicht aber die kleinere Kirschessigfliege aus Fernost, lateinisch Drosophila suzukii, die 2008 nach Europa eingeschleppt wurde und im vergangenen Jahr durch ihr massenhaftes Auftreten in Deutschland für Negativschlagzeilen gesorgt hat.

Die kleinen Insekten stürzten sich förmlich auf reifende Früchte von Kirschen, Heidelbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Pfirsichen und Pflaumen. Auch die Obstplantagen der Feltens blieben nicht verschont. Zwar nicht auf ihre Süßkirschen hatten es die kleinen Plagegeister abgesehen, wohl aber auf die Hauszwetschgen. Und zwar derart intensiv, dass Manfred Felten die gesamte Ernte an den Bäumen hängen lassen musste. Mehrere tausend Euro Schaden waren die Folge.

Das Fatale an den Tierchen ist nicht nur, "dass sie ihre Eier in das Obst legen und die Brut dann das Fruchtfleisch frisst", so Landwirt Felten. Zurück blieben dann nur noch schlaffe Fruchthülsen. Verheerend wirkt sich vor allem aus, dass die Kirschessigfliege im Gegensatz zur allseits bekannten Fruchtfliege einen kurzen Entwicklungszyklus hat. Anders formuliert: Die Kirschessigfliegen vermehren sich rasend schnell.

Um das zu verhindern, haben Manfred und Zuzanna Felten ein zweites Netz über die Süßkirschenplantage spannen lassen. Das hat nur eine Maschenbreite von 0,8 Millimetern. Ein hundertprozentiger Schutz ist das allerdings nicht, da die Netzdecke wegen der Befestigungen an vielen Stellen Löcher aufweist, also Schädlinge so durchaus eindringen können.

Gleichwohl hofft er, dass sein neues Netz die Insekten weitgehend abhält. Ob es gelingt, wird sich etwa Mitte Juni zeigen: Dann können die Sauerkirschen geerntet werden.

Interview: Kurz gefragt

Über die Kirschessigfliegenplage sprach Axel Vogel mit Dr. Adrian Engel, Sachbereichsleiter Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau, Bienenschutz bei der Landwirtschaftskammer NRW in Bonn.

Herr Engel, wann ist diese Fliege hierzulande zum ersten Mal aufgefallen?

Adrian Engel: In NRW 2012, aber auf einem niedrigen Niveau. Im vergangenen Jahr sind dann aber die ersten Regionen massiver betroffen gewesen. So etwa die Zülpicher Börde, Regionen im bergischen Land, in der Eifel und Voreifel, etwa in Meckenheim. In Bonn-Roleber ist uns beispielsweise eine Versuchsplantage mit Sauerkirschen innerhalb von zwei Tagen regelrecht weggebrochen. Man muss sich darauf einstellen: Für Winzer und Obstbauern, aber auch für private Hobbygärtner wird diese Fliege zu einer Art Pest werden.

Was macht das Insekt so bedrohlich?

Engel: Anders als die hier heimische Fruchtfliege geht die Kirschessigfliege auch an Obst, das noch am Baum reift. Außerdem kann ein einzelnes Weibchen bis zu 500 Eier legen, das heißt, es entstehen schnell immens große Populationen. Was der Fliege noch entgegenkommt: Oft heiße Sommer mit Temperaturen weit über 30 Grad wie in Japan, wo die Kirschessigfliege herkommt, gibt es hier kaum.

Welches Obst ist besonders gefährdet?

Engel: Grundsätzlich jedes Beerenobst, vor allem Süß- und Sauerkirschen, Heidel-, Himbeeren, Holunder und Johannisbeeren. Diese Insekten verschonen aber auch Weinreben nicht, gleichwohl steht Obst mit weicher Fruchthaut ganz oben auf dem Speiseplan der Drosophila suzukii.

Wann lässt sich abschätzen, ob es auch in diesem Jahr eine Plage gibt und wie schlimm es wird?

Engel: Die Weibchen haben hier überwintert und werden jetzt im Mai und im Juni so richtig aktiv. Wenn die Süßkirschenernte Mitte Juni naht, hat auch die Fliege ihre Hochzeit.

Was kann man neben dem Spannen von engmaschigen Netzen noch gegen die Kirschessigfliege tun?

Engel: Zunächst ist es hilfreich, Fallen aufzustellen um zu testen, ob sich Kirschessigfliegen in der Plantage breitmachen. Ist das der Fall, hat sich dann der Einsatz eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels mit dem Namen Spin Tor als effektiv erwiesen. Dessen Wirkstoff Spinosad wird aus einem Bodenbakterium gewonnen. Das Bakterium wurde nicht gentechnisch verändert. Die Bakterien werden in einem Fermenter gezüchtet, und durch Reinigung wird Spinosad aus dem Kulturmedium gewonnen. Das Pflanzenschutzmittel wirkt speziell auf Fliegen.

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