Kampagne zur Entstigmatisierung Jugendliche drehten Kurzfilm zu Depressionen

Rheinbach. · Das Thema Depression mit einem Kurzfilm aus der Tabuzone holen will eine Gruppe von Rheinbacher Jugendlichen. Er war beim Münchener Video- und Filmpreiswettbewerb Camgaroo Award nominiert.

 Simon Kleefuß hat mit seinen Freunden eine Kampagne gestartet und einen Film zum Thema Depressionen gedreht.

Simon Kleefuß hat mit seinen Freunden eine Kampagne gestartet und einen Film zum Thema Depressionen gedreht.

Foto: Axel Vogel

In einer Zeit mit zunehmendem Egoismus besteht die Gefahr, dass Menschen immer weniger voneinander wissen. Gespräche reduzieren sich auf den Austausch von Floskeln und beginnen oft mit der Fragen: „Und, alles gut?“ Häufig besteht Unsicherheit, dem Gesprächspartner Persönliches zu offenbaren. Dafür, dass über psychische Gesundheit mehr gesprochen wird, setzt sich eine sechsköpfige Gruppe um den Rheinbacher Gymnasiasten Simon Kleefuß ein.

Mit seinem Kurzfilm „Der Wald, das Feld und der Wind“ und einer Kampagne macht der 17-Jährige sich mit seinen Freunden für eine Entstigmatisierung von Depressionen stark. Ihre Filmpremiere feierten die Initiatoren Ende Mai in der Neuen Filmbühne Beuel. Seit Ende November ist der Film, der in der offiziellen Auswahl des deutschen Jugendfilmpreises und beim Münchener Video- und Filmpreiswettbewerb Camgaroo Award nominiert war, auf YouTube zu sehen.

 „Wie geht`s Dir, also so wirklich?“ Diese Frage steht auf Flyern und Aufklebern, mit der die 17-Jährigen an die Öffentlichkeit treten. „Genau darum geht es: Jeder fragt doch immer einfach mal so, wie es geht, aber kaum einen interessiert es wirklich“, sagt Nina Taddei. Für sie ist aufrichtiges Interesse auch eine Wertschätzung des Gegenübers. In allen gesellschaftlichen Schichten werde immer erwartet, dass alles funktioniere, entrüstet sich die Schülerin des Bonner Friedrich-Ebert-Gymnasiums. Auf Partys, in der Schule und auch in der Familie beobachte sie, dass oft nicht genug Raum und Zeit sei für Probleme.

„Zieh doch bitte die Stimmung nicht runter“, heißt es in einer Schlüsselszene des Films. „Es passt gerade nicht – aber wann passt es denn besser, als in dem Moment, wenn es aus der betroffenen Person herauskommt?“, hinterfragt Taddei. Als Laienschauspielerin hat sie bei einem früheren Dreh Simon Kleefuß kennengelernt. Auch Rasmus Dankert, mit dem Simon in Rheinbach seit Jahren die technische Begeisterung und die Leidenschaft Filme zu drehen teilt, wünscht sich einen sensiblen Umgang mit jemandem, dem es nicht gut geht.

Der Film „Der Wald, das Feld und der Wind“ macht auf die Thematik aufmerksam. Die Kampagne geht aber einen Schritt weiter und zeigt Hilfsmöglichkeiten auf. „Die Aktionen gehen Hand in Hand, aber mit eigenen Beinen“, erläutert Drehbuchautor und Regisseur Kleefuß. Der rund 20-minütige Film zeigt die persönliche Entwicklung der beiden Protagonisten Chiara und Daniel (gespielt von Taddei und Dankert). Mit ihren seelischen Problemen stoßen sie im Freundeskreis auf Unverständnis. Einfühlsam wird ihr Zwiespalt im Umgang mit der Situation gezeigt und der Weg beleuchtet, bis sie sich schließlich Hilfe holen.

„Der psychische Zustand der Hauptfiguren wird in den Naturmetaphern des Titels ausgedrückt“, erklärt Kleefuß, der im Frühjahr am Städtischen Gymnasium Rheinbach Abitur macht. Die Enge des Waldes stehe für die Depression. Den Weg auf das Feld vergleicht er damit, sich freizukämpfen. Der Wind wiederum symbolisiere, dass Bewegung einsetze und sich das Geschehen zum Besseren wende. Mit seinen Freunden wurden die Idee für die Kampagne entwickelt und der Film in Rheinbach innerhalb von sechs Monaten gedreht.

Die Jugendlichen wollen zwei Zielgruppen ansprechen. „Zum einen wollen wir denen, die sich mit Chiara und Daniel identifizieren, Mut machen“, erläutert Kleefuß. Zum anderen sollen wie im Film Menschen wie Tim (Allister Prüßmann) und Luis (Yannick Leif), die sich über Betroffene lustig machen, zum Nachdenken bewegt werden. „Jeder sollte überlegen, wie er jemandem helfen kann“, macht Kleefuß klar. Hier dient die Kampagne als Aufruf, sich Hilfe zu holen.

„Fatalismus ist hier fehl am Platz“, sagt Taddei und betont, wie wichtig es sei, sich nicht selbst zu verleugnen, sondern nach vorne zu schauen. „Wir nennen auf der Homepage Beratungsstellen und liefern Anregungen für die Suche nach einem Therapieplatz oder Gesprächspartnern“, erklärt Kleefuß. Oft seien die Betroffenen eingeschüchtert und auf der Suche nach Hilfe orientierungslos. Um dem Thema korrekt zu begegnen, haben sich die Initiatoren fachliche Beratung geholt. Im Zuge der Kampagne ist geplant, in Rheinbach mit Seminaren an Schulen und Vereine heranzutreten.

Der Kurzfilm „Der Wald, das Feld und der Wind“ läuft am 18. Januar in München im Café „Berg und Mental“, dem deutschlandweit ersten Mental Health Café.

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