Nigerianerin in Meckenheim Weihnachten in einer neuen Heimat

MECKENHEIM · Die 25-jährige Sharon Zaion hofft auf eine bessere Zukunft für sich und ihr Kind. Schwanger flüchtete sie vor einigen Wochen allein aus Nigeria nach Europa. Eine abenteuerliche Reise führte sie aus ihrer Heimatstadt Jos über Marokko per Schlauchboot nach Spanien.

 "Wir mussten einfach helfen": Romana Rawinski (l.) bietet Sharon Zaion und ihrem Sohn Noah mit Hilfe der Stadt eine Unterkunft.

"Wir mussten einfach helfen": Romana Rawinski (l.) bietet Sharon Zaion und ihrem Sohn Noah mit Hilfe der Stadt eine Unterkunft.

Foto: Wolfgang Henry

Dann ging es weiter Richtung Frankreich bis ins Zielland Deutschland. Seit dem 24. Oktober lebt die Afrikanerin in Meckenheim, wo sie vor drei Wochen auch ihren Sohn Noah zur Welt gebracht hat.

Sharon Zaion lebt mit dem Kleinen nicht in der Notunterkunft am Siebengebirgsring, sondern seit drei Wochen in einer hellen 65 Quadratmeter großen Wohnung im Erdgeschoss eines Einfamilienhauses in Altendorf. Dass die Verwaltung Zaion in einer externen Wohnung unterbringen konnte, verdankt sie dem Engagement der Hauseigentümer Romana Rawinski und Vahid Nabavi.

"Im November haben wir uns spontan überlegt zu vermieten. Dann kam die Frage auf, an wen. Und wir haben uns gesagt, wenn wir vermieten, dann an Bedürftige. Da kamen für uns nur die Flüchtlinge infrage", sagt die 34-Jährige, die als Operationsschwester in einem Remagener Krankenhaus arbeitet. "Der Hilfsgedanke steht bei uns im Vordergrund. Wir haben die Stadt angerufen und die Wohnung angeboten", so Rawinski.

360 Euro Kaltmiete, 117 Euro für die Nebenkosten sowie die Kosten für die Heizung übernimmt die Stadt Meckenheim. Außerdem erhält Zaion 370 Euro für ihren Lebensunterhalt sowie Geld für das Kind. Die 25-Jährige ist eine von drei Nigerianern, die in Meckenheim auf den Bescheid ihres Asylantrages warten. Insgesamt leben derzeit 91 Asylbewerber aus 22 Nationen in Meckenheim. Die Kosten für die Stadt betragen im Jahr 2014 rund 297.000 Euro. Wie Sharon Zaion sind 45 Asylbewerber in "externen" Wohnungen untergekommen.

Michael Leven, in der Abteilung Soziales der Verwaltung zuständig für Asylbewerber, sucht ständig freie Wohnungen, um Flüchtlinge unterzubringen. "Als der Anruf kam, dass eine Wohnung zu mieten ist, habe ich direkt zugegriffen. Die Wohnung in Altendorf ist ein Glücksfall", freut er sich. Zwei Zimmer, eine große Küche und ein großes Badezimmer stehen Sharon Zaion und ihrem Baby allein zur Verfügung. Und sie fühlt sich wohl dort, auch wenn sie es sprachlich nicht so ausdrücken kann, da sie kein Wort Deutsch und nur wenig Englisch versteht und spricht.

Ihre Heimatstadt Jos hat rund 900.000 Einwohner. "Mein Vater und zwei Brüder starben vor fünf Jahren bei einem Angriff auf die Kirche", erzählt die Christin. Da sie zu der Zeit krank gewesen und daher nicht in die Kirche gegangen sei, habe sie überlebt, berichtet die junge Mutter weiter. In den vergangenen Jahren habe es in der Region mehrere kämpferische Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen gegeben. Für Zaion steht fest, dass sie unbedingt hier bleiben und arbeiten möchte. Ihr Asylantrag läuft bereits. Wann sie Bescheid erhält, ist ungewiss.

Für Romana Rawinski ist die Hauptsache, dass Zaion bisher unbürokratisch geholfen werden konnte. Sie brachte die Einrichtung der Wohnung mit auf den Weg (Wiege, Kinderbett, Möbel), war mit der jungen Afrikanerin bei der Kleiderkammer - "Sie hatte nichts zum Anziehen" -, bei der Caritas, wo Zaion Lebensmittelgutscheine im Wert von 50 Euro erhielt, und Rawinski organisierte eine Hebamme und das Krankenhaus für die Entbindung.

"Ich habe eine Verantwortung für sie übernommen. Ich muss ihr aufzeigen, welche Möglichkeiten sie hier hat", erklärt Rawinski, die selbst in den 80er Jahren mit ihren Eltern aus dem polnischen Oberschlesien als Aussiedlerin nach Bonn gekommen ist und das Leben in einer Notunterkunft kennt. Für sie, ihren Lebensgefährten Nabavi und ihren siebenjährigen Sohn Lukas steht deshalb auch fest, dass sie Heiligabend gemeinsam mit ihrer Untermieterin feiern, damit sie nicht alleine ist. "Wir mussten einfach helfen", so Romana Rawinski.

Und Hilfe hatte Zaion vor einer Woche noch einmal dringend nötig, wäre doch ihr Baby fast am plötzlichen Kindstod gestorben. Nabavi belebte das Kind wieder und brachte es ins Krankenhaus. Mit einem tragbaren Monitor wird nun die Herztätigkeit des Kleinen permanent überwacht.

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