Interview mit Meckerheimer Bürgermeister "Wir brauchen keinen Palast"

Meckenheim · Vor fünf Jahren, am 2. März 2008, wurde Bert Spilles zum Meckenheimer Bürgermeister gewählt - als Nachfolger von Yvonne Kempen, die auf Initiative des Stadtrates von den Bürgern abgewählt worden war. Über seine Amtszeit und aktuelle Vorhaben sprach Anita Borhau-Karsten mit dem Verwaltungschef.

 "Die Entwicklung am Neuen Markt bleibt abzuwarten", sagt Bürgermeister Bert Spilles.

"Die Entwicklung am Neuen Markt bleibt abzuwarten", sagt Bürgermeister Bert Spilles.

Foto: Henry

Am 11. März 2008 traten Sie Ihren Dienst an. Erinnern Sie sich an Ihren ersten Arbeitstag?
Spilles: Ja. Es war ein Dienstag. Ich wurde freundlich in der Verwaltung aufgenommen. Nachmittags fuhr ich gemeinsam mit Bürgermeister Stefan Raetz aus Rheinbach nach Bonn zur monatlichen Bürgermeisterkonferenz des Rhein-Sieg-Kreises - ein regelmäßiger offener Austausch, den ich sehr schätze.

Wie würden Sie das Erbe beschreiben, das Sie angetreten haben?
Spilles: Ein schwieriges Erbe. Nach einer Abwahl anzutreten, ist keine normale Staffelübergabe. Es gab viele Verletzungen und persönliche Enttäuschungen. Da muss man Vertrauen zurückgewinnen.

Welche Ihrer Pläne konnten Sie inzwischen umsetzen?
Spilles: Ich lade jeden ein, nach Meckenheim zu kommen. Vieles kann man sehen. Doch es ist nicht nur die Bautätigkeit. Auch Projekte wie MeGA (Meckenheimer Garantie für Ausbildung) und unsere aufsuchende Jugendarbeit gab es zuvor nicht. Wir haben uns sehr modern aufgestellt - auch als Bildungsstandort, wo wir bewusst das dreigliedrige Schulsystem beibehalten. Ich sehe meine Rolle als Bürgermeister vor allem darin, das Netzwerk innerhalb der Kommune zu gestalten und zu beleben.

Wie hat sich die Haushaltslage der Stadt in den letzten fünf Jahren entwickelt? Müssen die Meckenheimer Angst vor der Zukunft haben?
Spilles: Die NRW-Kommunen bekommen immer mehr Pflichtaufgaben. Die Situation bleibt auch in Zukunft schwierig. Doch wir haben das Glück, in einer wachsenden Region zu leben. Trotz unserer vielen Projekte wird Meckenheim auch in den nächsten Jahren nicht in die Haushaltssicherung geraten. Wir zählen zu den best-aufgestellten Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis. Die Gewerbesteuereinnahmen sind höher als erwartet. Das zeigt, dass es weiterhin sinnvoll ist, in die Ansiedlung von Unternehmen und Schaffung von Arbeitsplätzen zu investieren.

Die Karnevalisten warfen Ihnen vor, sich beim Rathausneubau einen Palast zu errichten. Ist die Baumaßnahme wirklich nötig?
Spilles: Schon seit Jahren legt uns die Gemeindeprüfungsanstalt nahe, die Wirtschaftlichkeit der vier Verwaltungssitze zu überprüfen. An den jetzigen Standorten fallen bald hohe Investitionen an. Auch Miete wird gezahlt. Zudem gab es eine Rückzahlungsverpflichtung wegen des anderweitig genutzten eigentlichen Rathausgrundstücks. Daher haben wir ein ergebnisoffenes Gutachten bei der VBD Beratungsgesellschaft in Auftrag gegeben, die den Neubau befürwortet. Der Rathausbau, so wie er jetzt realisiert werden soll, bedeutet die Chance, gleichzeitig die Jungholzhalle zu sanieren, mit der sich Synergieeffekte ergeben.

Wie weit sind die Planungen - wird es ein Palast?
Spilles: Wir erstellen gerade das Raumprogramm. Es wird ein funktionales Gebäude auf energetisch neuestem Stand. Wir brauchen keinen Palast, sondern Büros für etwa 150 Mitarbeiter. Der Standort in der Neuen Mitte hat den Charme, dass er Identität schafft für die Gesamtstadt. Alle Fraktionen stehen dahinter.

Vor allem bei den Anliegern in der Diskussion ist die Attraktivitätssteigerung der Altstadt. Wie soll es weitergehen - suchen Sie einen Kompromiss oder setzen Sie auf Überzeugungsarbeit?
Spilles: Im Moment warten wir auf den Förderbescheid. In Gesprächen mit den Anliegern wurde deutlich, dass wir eigentlich gar nicht weit auseinanderliegen. Es geht um Details, nicht ums große Ganze. Ich glaube an eine einvernehmliche Lösung.

Endlich stehen die Bagger auch in Merl-Steinbüchel, um die dortige Nahversorgung zu realisieren. Manche haben der Stadtverwaltung sogar die Verzögerung dieses Projektes unterstellt.
Spilles: Solche Äußerungen treffen die engagierten und hart arbeitenden Verwaltungsmitarbeiter, und das sollen sie offensichtlich auch. Über den Stil solcher Äußerungen kann man sich streiten. Der Fülle und Problemstellung der Aufgaben werden sie jedenfalls nicht gerecht.

Geschäftsleute am Neuen Markt befürchten wegen dieses Projekts Umsatzeinbußen. Sie auch?
Spilles: Die Entwicklung bleibt abzuwarten. Wichtig ist, dass sich die Bürger unserer Stadt der Qualität unserer Fachgeschäfte bewusst sind und diese auch nutzen.

Meckenheim ist Ihre Heimat. Können Sie noch als normaler Bürger durch Ihre Stadt gehen?
Spilles: Ich gehe gerne durch die Stadt und freue mich über jedes Gespräch. Meine Frau weiß inzwischen, dass es länger dauern kann, wenn sie mich zum Brötchenholen schickt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort