Chef des Meckenheimer Verbundes „Nichts ist gefühlt geschehen“

Interview | Meckenheim · Der Vorsitzende des Meckenheimer Verbunds spricht im GA-Interview über die Auswirkungen des verlängerten Lockdowns.

 Vor seinem Geschäft: Willi Wittges-Stoelben.

Vor seinem Geschäft: Willi Wittges-Stoelben.

Foto: Axel Vogel

Der Lockdown bringt viele Geschäfte auch in Mecken­heim an den Rand der Existenz. Doch es gibt auch kreative Ansätze, wie man mit der Situation umgehen kann. Mit Willi Wittges-Stoelben, dem Vorsitzenden des Gewerbevereins Meckenheimer Verbund, sprach Axel Vogel.

Herr Wittges-Stoelben, der Lockdown wird jetzt auf Beschluss der Ministerpräsidenten und der Bundesregierung bis zum 31. Januar verlängert, und dabei noch verschärft. Was bedeutet das für den Meckenheimer Einzelhandel und die Gewerbetreibenden?

Willi Wittges-Stoelben: Für die Betriebe bedeutet das eine Katastrophe! Es können keine Umsätze generiert werden, die Hilfen kommen schleppend oder bisher gar nicht. Alle haben sich große Mühe gegeben, in Hygienekonzepte investiert und wurden bitter enttäuscht. Wenn ich mit den Mitgliedern spreche, sehen alle die Notwendigkeit zu handeln. Die Restaurants, die Einzelhändler haben viel investiert und vieles befolgt. Und wir sehen mit Entsetzen, wie der Impfstart anläuft und dass die Probleme in Schulen, Gesundheitsämtern sowie Alten- und Pflegeheimen anscheinend nicht angegangen wurden. Nichts ist gefühlt geschehen, und die Händler, Friseure, alle Betriebe, die geschlossen sind, zahlen die Rechnung. 

Wie ist Ihre spezielle Situation: Mit welchen Umsatzeinbußen im Prozentbereich rechnen Sie?

Wittges-Stoelben: In den Betrieben, die seit dem 16. Dezember schließen mussten, gehen die Einbußen bis zu 100 Prozent des Umsatzes. Alle Unternehmen geben sich große Mühe. Es gibt viele Angebote wie zum Beispiel der Liefer- und Abholservice bei den Gastronomen, die Kunden können sich vieles von den Händlern vor Ort liefern lassen, fast jeder bietet einen Kundenservice in diesen Zeiten an. Aber die Umsätze sind nicht vergleichbar, wie gesagt, es geht bis an die 100 Prozent.

Aus Anwaltskreisen ist zu hören: Außergerichtliche Gespräche zwischen Mietern und Vermietern in Sachen Stundung beziehungsweise Reduzierung der Gewerbemiete wegen der Auswirkungen der Pandemie ist ein großes Thema. Auch in Meckenheim?

Wittges-Stoelben: Ich kenne die Thematik aus der Presse, und ich bin auch Vermieter. Aktuell kenne ich aber keinen Fall aus Meckenheim. Grundsätzlich brauchen wir in der Situation natürlich einen vernünftigen Interessenausgleich, der beiden Vertragsparteien gerecht wird. 

Einzelhandelsexperten prognostizieren eine Insolvenzwelle im Frühjahr. Ist damit auch bei Mitgliedern des Meckenheimer Verbundes zu rechnen?

Wittges-Stoelben: Nein, das sehe ich nicht so für Meckenheim. Wenn wir aber nicht endlich ein vernünftiges Konzept bekommen, wir keine verlässlichen Aussagen erhalten, wird sich das ändern. Worauf sollen wir uns verlassen, wie sollen wir planen? Und sollte der Lockdown über den 31. Januar hinaus- oder gar bis in das Frühjahr hineingehen, dann wird es immer schwieriger. 

Wie sieht es mit den staatlichen Hilfen aus: Sind diese bei Ihren Mitgliedern angekommen, und wenn ja: Hilft die Förderung?

Wittges-Stoelben: Es gibt viele vollmundige Versprechen, Programme und Ankündigungen. Die Umsetzung, die Beantragung und Verzögerungen sind aber ein Debakel. Einige können froh sein, wenn sie Abschläge erhalten. Für jeden Monat gibt es neue Anforderungen, neue Bestimmungen und Ideen in der Politik, die mit der Lebenswirklichkeit nichts mehr zu tun haben. Ich kann nur hoffen, dass dennoch Hilfe bei möglichst vielen ankommt. 

Welche Maßnahmen würden Sie sich von der Politik wünschen? Kann die Stadt Meckenheim etwas tun?

Wittges-Stoelben: Das Erste wäre endlich ein vernünftiges Konzept mit Perspektive, das wäre der Schüssel. Wir brauchen Verlässlichkeit, um planen zu können. Wirkliche Hilfen, schnell und unbürokratisch. Zu wenig Impfstoff und Impfungen, dann verlängern wir eben den Lockdown. Das brauchen wir nicht. Die Stadt Meckenheim kann, wie sie es auch bereits getan hat, die Betroffenen durch Erleichterungen bei den Gebühren unterstützen, Steuern stunden und Vorauszahlungen runtersetzen, Hilfen für Beantragung von Hilfen anbieten. 

Sehen Sie bei Ihren Mitgliedern spezielle, auf die Corona-Krise zugeschnittene Angebote, mit denen die Geschäftsleute ein Stück weit ihre Umsatzeinbußen ausgleichen können? Stichwort: Essensgerichte to go!

Wittges-Stoelben: Alle Geschäftsleute haben Konzepte, Angebote und Maßnahmen ergriffen, unsere Kunden auch weiterhin zu bedienen, zu beraten und zumindest einen Teil der Umsätze zu generieren. Von Essen to go bis click and collect. Fast jeder hat auf seiner Homepage oder in den sozialen Medien Informationen dazu. Die Kunden haben reichhaltige Möglichkeiten, unsere Angebote und Leistungen zu nutzen. 

Könnte die Meckenheimer Geschäftswelt einen Lockdown über den 31. Januar  hinaus überhaupt noch verkraften?

Wittges-Stoelben: Je länger es dauert, desto schwieriger wird die Situation. Das Verkraften wird immer schwerer, die Ernüchterung der Betroffenen im Anblick der Handlungsdefizite ist erschreckend.

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