Abschied nach 35 Jahren Pfarrer Eckart Wüster aus Bornheim geht in den Ruhestand

Bornheim-Hersel · Er geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Seit 1985 war Eckardt Wüster als Pfarrer in der Kirchengemeinde Hersel tätig. Und hat in diesen Jahren tieftraurige, aber auch wunderschöne Dinge erlebt. Für die erste Zeit im Ruhestand hat er sich nichts vorgenommen. Er will die Rente erste einmal üben.

 35 Jahre wirkte Eckart Wüster als evangelischer Pfarrer in Hersel. An diesem Sonntag verabschiedet er sich in den Ruhestand.

35 Jahre wirkte Eckart Wüster als evangelischer Pfarrer in Hersel. An diesem Sonntag verabschiedet er sich in den Ruhestand.

Foto: Matthias Kehrein

Nach 35 Jahren geht Pfarrer Eckart Wüster von der Kirchengemeinde Hersel in den Ruhestand. Für ihn war bereits zu Abiturzeiten klar, welchen beruflichen Weg er einschlagen möchte. „Ich hatte auch mal überlegt, Sport und Musik zu studieren. Aber dann wurde es doch Theologie und für mich war das die perfekte Entscheidung.“ Denn so konnte er seine Hobbys mit in den Beruf einfließen lassen. „Und kaum ein Beruf ist so vielseitig. Ich erlebte tieftraurige Geschichten, bekam aber auch immer wieder wunderschöne Ereignisse mit.“

Anders als viele andere hat sich Wüster bewusst für die erste Zeit seines Ruhestands nichts vorgenommen. „Das Schöne ist, dass man als Pfarrer ja nicht komplett gehen muss und immer mal wieder als Vertretung einspringen kann“, so der 65-Jährige. Doch auch diese Vertretungsdienste wolle er bewusst ein Jahr lang nicht ausüben. „Ob ich diese selbst auferlegte Auszeit wirklich aushalte, weiß ich selbst noch nicht“, sagt Wüster und lacht.

Schließlich könne man den Ruhestand nicht üben und somit sei sein Blick auf diese Zeit ambivalent. Es gibt einerseits Dinge, die ihm fehlen werden: „Die Kindergartengottesdienste haben mir immer großen Spaß gemacht. Alle zwei Wochen war ich in Buschdorf vor Ort.“ Auch die sogenannte Gottesdienstwerkstatt hat er vor mehr als 30 Jahren gegründet. In dieser Werkstatt kommen Menschen zusammen, die etwa drei Mal im Jahr selbst einen Gottesdienst in Hersel vorbereiten und dabei immer wieder neue und kreative Impulse setzen. Auch die Musik und das Musizieren würden ihm bestimmt bald fehlen. „Aber wir ziehen in den Bonner Norden und das ist ja nicht weit weg.“

Superintendent des Kirchenkreises Bonn

Nicht vermissen werde er die vielen Gremien und Sitzungen sowie die oftmals mühsame Suche nach Personal. Besonders in den Kindertagesstätten habe man den Fachkräftemangel immer wieder massiv zu spüren bekommen. Zwei Höhepunkte seiner Amtszeit waren für ihn die Anbaurenovierung des Gemeindezentrums im Jahr 1985 und der Aufbau des zweigruppigen Kindergartens in Sechtem 1997. Schade findet Wüster, dass es nicht zu der Fusion der Kirchengemeinden Bornheim und Hersel gekommen ist, die er vor rund zehn Jahren aktiv versucht hatte voranzutreiben. „Damit hätten wir einfach Strukturen geschaffen, die sich mehr am Stadtgebiet orientieren und nicht einfach historisch gewachsen und so geblieben sind.“

Die Arbeit mit Familien und Kindern habe ihm dafür immer viel Freude bereitet. „Wir sind eine junge Gemeinde und haben vor Ort viel ausprobiert, was immer loyal mitgetragen wurde.“ Besonders neue Gottesdienstformen habe man über die Jahre etabliert. Denn Eckart Wüster, der ebenfalls als Superintendent des Kirchenkreises Bonn tätig war, ist sich sicher: „Ein Gottesdienst darf niemals eine Soloveranstaltung des Pfarrers sein. Denn Pfarrer kommen und gehen, die Gemeinde aber bleibt.“ Die Ökumene habe in Hersel über Jahrzehnte sehr gut funktioniert. „Ich wurde vom damaligen Pfarrer Anno Burghof offen empfangen und wir haben uns stets ausgetauscht, diskutiert und vom anderen gelernt.“

Wüster schätzt Offenheit und Lebendigkeit

Wenn Wüster am 29. Februar seinen offiziellen letzten Arbeitstag antritt, wird im Anschluss Pfarrer Ingo Siewert die Stelle für rund ein Jahr übernehmen. Siewert ist bereits seit Oktober 2016 zur Entlastung in der Gemeinde tätig, wird aber ebenfalls im kommenden Jahr in den Ruhestand gehen. Gesamtkirchlich ginge man auf eine Zeit zu, in der großer Mangel im Pfarrdienst herrsche. Im Köln-Bonner Raum sei man aufgrund der attraktiven Wohngegend noch in einer besseren Lage. „Trotzdem kommen auf eine Stelle vielleicht fünf bis zehn Bewerbungen, früher waren es bis zu 70“, blickt Wüster zurück.

Auch die steigende Zahl an Kirchenaustritten ist an Hersel nicht spurlos vorbeigezogen. „Das tut mir leid, aber wir leben in Zeiten, in denen Menschen sich ungern über lange Zeiträume binden.“ Mit Blick auf die ehrenamtlichen Stellen sollten Gemeinden laut Wüster attraktive und abwechslungsreiche Aufgaben anbieten. Doch auch beim klassischen Gottesdienst müsse man überlegen, wie wieder mehr Menschen in die Kirchen kommen. „Der Sonntagmorgen ist für viele Familienzeit.“ Aus diesem Grund gibt es in Hersel einmal monatlich einen Gottesdienst sonntags um 18 Uhr. Unter dem Motto „Musik und Wort um 6“ werden unterschiedliche musikalische Genres von Chören, Musikern und Ensembles präsentiert.

In keinem anderen Arbeitsfeld habe man in den vergangenen 35 Jahren so viel experimentiert wie bei dem Thema Gottesdienst, betont Wüster. An der Gemeinde Hersel schätzt er die Offenheit und die Lebendigkeit. Die Schließung von Kirchen in anderen Gemeinden findet er zwar „sehr schade“, ist aber auch der Meinung, dass diese Entscheidung getroffen werden muss, wenn es nicht mehr tragbar ist. „Man muss es beenden können, auch wenn es wehtut, die Wehmut allein darf nicht dafür sorgen, dass man daran festhält.“

Der Gottesdienst zur Verabschiedung und zur Entpflichtung findet am kommenden Sonntag, 16. Februar, ab 11 Uhr in der Dreieinigkeitskirche Hersel, Mertensgasse 17a, statt.

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