Urteil in Rheinbach 32-jähriger Häftling greift JVA-Bediensteten an

RHEINBACH · Zu zehn Monaten Haft wurde ein 32-Jähriger verurteilt, weil er eine Bedienstete am Kragen gegriffen hatte, dass die Hemdknöpfe absprangen und sie von Kollegen aus dem Griff befreit werden musste. Später trat er einem Beamten außerdem mit einem gezielten Karatesprung gegen den Kopf.

Zehn Monate Haft ohne Bewährung verhängte Strafrichter Jan Fante gegen einen 32-jährigen Häftling wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung gegenüber Bediensteten der JVA Rheinbach. Das Gericht sah es nach den Aussagen von acht Bediensteten als erwiesen an, dass der Gefangene im September 2014 durch die Revisionsöffnung eines besonders gesicherten Haftraums mit der Hand eine Bedienstete am Kragen gepackt hatte, dass die Hemdknöpfe absprangen und sie sich mit beiden Händen abstützen musste, um nicht zur Luke hingezogen zu werden.

Der Griff konnte nur durch das Eingreifen von Kollegen gelöst werden. Drei Stunden später am selben Tag hatte der 32-Jährige einen Beamten mit einem gezielten "Karatesprung" gegen den Kopf angegriffen, als dieser den Haftraum öffnete. Durch die Abwehrreaktion des Bediensteten traf er dabei nicht dessen Kopf, sondern das Bein. Der Gefangene konnte von Kollegen zu Boden gerungen, fixiert und gefesselt werden.

Staatsanwältin und Richter billigten dem jetzigen Gefangenen der JVA Bochum allerdings verminderte Schuldfähigkeit zu, weil ihm in einem früheren Gutachten eine Psychose attestiert worden war.

Mit zweistündiger Verspätung wurde der 32-Jährige in Hand- und Fußfesseln zur Verhandlung vor dem Rheinbacher Amtsgericht vorgeführt. Er hatte sich geweigert, seinen Haftraum in der JVA Bochum zu verlassen, sodass eine Zwangsvorführung notwendig wurde.

Zu den Anklagevorwürfen könne er nichts sagen, versicherte der Gefangene: "Ich weiß davon überhaupt nichts. Ich würde entweder mich selbst oder Sie belügen, Herr Richter, wenn ich dazu was sagen würde." Auch hinsichtlich seines Lebenslaufs und seiner Vergangenheit sei sein "Gedächtnis wie ein leeres Blatt". Das betreffe auch Drogenkonsum. Was Richter Fante ihm allerdings nicht abnahm, denn er sei bereits wegen Drogenkonsums behandelt worden und es sei auch eine psychische Erkrankung diagnostiziert worden. Warum der Gefangene damals in dem besonders gesicherten Haftraum untergebracht war, konnte keiner der acht Bediensteten der JVA Rheinbach im Zeugenstand sagen. Allerdings gaben sie Verhaltensauffälligkeiten an. So sei der Häftling bei der Ausgabe des Frühstücks noch "normal" gewesen, so eine 48-jährige Beamtin. Eine Stunde später aber habe er permanent den Notrufknopf betätigt, sodass sie von einem Vorraum aus durch die Revisionstür mit ihm habe sprechen wollen, dass dieser Knopf tatsächlich nur für den Notfall gedacht sei.

"Er brüllte in einem fort, ein Gespräch war gar nicht möglich", sagte sie. Und dann habe er "ganz schnell" mit einer Hand durch Klappe gegriffen und sie wie geschildert am Kragen festgehalten. Einer der Kollegen, die den Griff gelöst hatten, ist seit kurz nach dem Vorfall dienstunfähig. Er habe "den Boden unter den Füßen verloren", so der 58-Jährige, möglicherweise durch eine Summe von Ereignissen, und "jage seither von einer Therapieeinrichtung zur anderen".

Bevor der Gefangene später mit einem gezielten Karatesprung gegen den Kopf einen Bediensteten angriff, hatten die Beamten durch Luke und Kamera beobachtet, dass der 32-Jährige "sich durch Sprünge und Tritte aufgewärmt", den Angriff also bewusst vorbereitet und ausgeführt hatte.

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