Infoabend für Eltern in Rheinbach Ausflug in die Welt der Ego-Shooter

Rheinbach · Beim Lan-Infoabend des Sankt-Joseph-Gymnasiums in Rheinbach befassen sich Eltern mit Computerspielen. Sie können diese selbst testen und sich zum Umgang mit den Medien auf dem interaktiven Abend austauschen.

 Was spielen Jugendliche am Computer? Bei einem etwas anderen Elternabend in Rheinbach machen sich Mütter und Väter ein Bild von den virtuellen Welten, in die Schüler gerne abtauchen.

Was spielen Jugendliche am Computer? Bei einem etwas anderen Elternabend in Rheinbach machen sich Mütter und Väter ein Bild von den virtuellen Welten, in die Schüler gerne abtauchen.

Foto: picture alliance / dpa

Gar nicht so einfach, einen rasanten Rennwagen im Zaum zu halten und ohne Totalcrash durch die kurvenreiche Strecke ins Ziel zu bringen. Immerhin kosten die zahlreichen Unfälle beim Rennspiel „TrackMania Nations Forever“ die Fahrer nicht gleich ein Vermögen oder gar das Leben: Das Computerspiel inszeniert den Traum vom Rasen zwar schwindelerregend echt, aber eben doch nur virtuell. Um das virtuelle Erlebnis ging es auch den rund zwei Dutzend Eltern, die sich am Dienstag zum Eltern-Lan-Informationsabend im Erzbischöflichen Sankt-Joseph-Gymnasium (SJG) einfanden.

Unter der Leitung der Referentinnen Linda Scholz und Karolina Kaczmarcyk von der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW mit Sitz in Köln füllte sich der Mariensaal mit Laptops – und verwandelte sich je nach Computerspiel in eine Rennstrecke oder auch in ein Schlachtfeld.

Es sind vor allem Kriegsszenarien wie bei „Call of Duty“, die Eltern fürchten, ohne sich zumeist überhaupt noch selbst mit der sich rasant verändernden virtuellen Spielewelt auszukennen. Um dieser Unsicherheit entgegenzuwirken, hatten die Schulpflegschaftsvorsitzenden Jutta Gröschl und Michael Tantius-Rehling den interaktiven medienpädagogischen Abend organisiert.

„Meine Söhne interessieren sich glücklicherweise noch nicht für Kampfspiele, aber ich will rechtzeitig den Anschluss zur heutigen Spielewelt bekommen“, sagte Stephan Häger, Vater von zehn und zwölf Jahre alten Jungs. „Ich selbst begnüge mich bislang mit Solitär, will aber auch einmal Berührungspunkte zur Spielewelt der Generation meines Sohnes erleben“, sagte Andrea Kaminski, Mutter eines 14-jährigen SJG-Schülers.

Und der Elternabend hatte es in sich: Was mit virtuellen Schlangenlinien und Überschlag auf der Rennstrecke noch spaßig begann, artete auf dem Schlachtfeld zum „Deathmatch“ – zum Todeskampf – zwischen vernetzten Gruppen aus, die sich gegenseitig mit Maschinengewehren ausmerzen sollten. Beklemmend echt dabei die Perspektive des Ego-Shooters, der seine Waffe immer schussbereit hält und sich im Dunklen durch Häuserschluchten und zwischen brennenden Containern vorwärtspirscht.

"Erschreckend, wie schnell man in der Tötungslogik des Spiels drin ist"

Ungeübte Spieler brauchten eine Weile, ehe sie ihre Spielfigur mit Hilfe sowohl der Maus als auch der Tasten zu navigieren verstanden. So manch einer vergeudete erst mal ein paar „Leben“, ehe er überhaupt den Anschluss an die „richtigen“ Kameraden fand – was für große Heiterkeit sorgte.

Doch im anschließenden Feedback überwog die Ernüchterung: „Es ist erschreckend, wie schnell man in der Tötungslogik des Spiels drin ist“, fasste eine Mutter ihren Eindruck zusammen. Dabei ist „Call of Duty“ nicht einmal das neueste oder grausamste unter den Computerspielen.

Andere, wie das erst ab 18 Jahren freigegebene „Grand Theft Auto“, beinhalten Folterszenen – die sich wiederum auf der Online-Video-Plattform Youtube auch vor den Augen von Kindern ohne Alterskontrolle abspielen können.

"Jede Familie braucht ihre eigenen Medien-Regeln"

Umso wichtiger ist die Medienkompetenz von Eltern und Kindern, und die stärkte Linda Scholz. Als Anzeichen für exzessives Spielen mit Suchtcharakter nannte sie zum Beispiel die Vernachlässigung von Freunden, Schule und bisherigen Hobbys.

Gefährdet seien Jugendliche, die wenig Selbstwirksamkeitserfahrung im Alltag, keine Herausforderungen und keine Perspektiven hätten. Aber nicht jede kurze Phase exzessiven Spielens müsse gleich Suchtcharakter haben, beruhigte sie. „Es gibt keine allgemeingültigen Patentrezepte. Jede Familie muss ihre eigenen Medienregeln gemeinschaftlich aufstellen, und dann müssen sich auch alle daran halten.“

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