Rheinbacher Forst Baumkletterer entfernen abgestorbene Äste von den Bäumen

RHEINBACH · Frank Bungart arbeitet an einem Platz, an den so schnell niemand rankommt: Rund drei Wochen im Jahr ist er in Rheinbachs Baumwipfeln unterwegs. Der 42-Jährige ist einer von zwei Baumkletterern der Stadt Rheinbach. Seine Aufgabe: Die Bäume an vielbesuchten Stellen wie Wander- oder Schulwegen verkehrssicher machen. Das heißt abgestorbene Äste entfernen, bevor sie herunterfallen und jemanden treffen könnten.

 An einem Seil klettert Forstwirt Frank Bungart rund 20 Meter in die Krone eines Baumes im Rheinbacher Wald.

An einem Seil klettert Forstwirt Frank Bungart rund 20 Meter in die Krone eines Baumes im Rheinbacher Wald.

Foto: Hannah Schmitt

"Das Hauptziel unserer Arbeit ist, dass die Bäume stehen bleiben können und nicht wie früher direkt komplett gefällt werden müssen", erklärt Bungart. Dafür sind die Kletterer mehrmals im Jahr unterwegs. In diesem Jahr haben sie unter anderem bereits die Bäume an den Tennisplätzen im Stadtpark gepflegt.

Dabei geht es so hoch hinauf, wie die Bäume in den Himmel reichen. Laut Förster Sebastian Tölle sind das in Rheinbach meist um die 30 Meter. Ein Klacks für Frank Bungart, der schon auf viel Höheres gestiegen ist, zum Beispiel auf den Berg Monte Rosa in der Schweiz mit mehr als 4600 Metern. Durch seine Klettererfahrung habe er schon das Vertrauen ins Material mitgebracht, sagt Bungart. Auf Bäume zu klettern sei aber etwas völlig anderes als in den Bergen.

Es ist früher Nachmittag, die Sonne scheint auf die Baumkronen hinab, einige Radfahrer sind im Wald nahe dem Forsthaus unterwegs. Bungart steht in voller Montur mit Klettergurt und Helm vor einem Baum, an dem ein paar tote Äste zu sehen sind - in gut 20 Metern Höhe. Schnell ist das Seil mit einer großen Schleuder zwischen die Äste geschossen. Die Karabiner klicken und in Nullkommanichts steigt Bungart in die Krone - immer gesichert von einem weiteren Kletterer am Boden. Oben angekommen hängt er sich an einem anderen Seil ein und dann ist nach einem lauten "Achtung" der tote Ast mit einem schnellen Motorsägen-Schnitt abgesägt. Krachend landet er auf dem Boden.

Seit 2004 erklimmt Bungart in Rheinbach die Baumwipfel. Damals hat er den ersten Lehrgang hinter sich gebracht. Nur mit einer Handsäge durfte er danach Äste entfernen. Seit 2007 hat er auch die Stufe B erreicht. Das heißt: Die Motorsäge darf mit in den Baum. "Das ist schon sehr gefährlich", sagt Bungart, der sich als Forstwirt zum Beispiel um die Pflege und den Erhalt des Waldes kümmert, wenn er nicht in den Bäumen unterwegs ist. Da sei es wichtig, dass man nicht mehr überlegen müsse, wo welches Seil hingehöre. Doch auch die Routine könne zum Feind werden: "Man muss immer wachsam sein."

Das Berufsbild des Baumkletterers ist um das Jahr 2000 aus England herübergeschwappt. "Lange ist es von der Berufsgenossenschaft nicht zugelassen worden", weiß Bungart. "Zu gefährlich" lautete damals die Begründung. Dann seien die Lehrgänge eingeführt worden, um dem ganzen eine Struktur zu geben. Das Hauptprüfungskriterium: Innerhalb von 15 Minuten muss ein Kletterer einen anderen aus den Baumwipfeln befreien können. "Sonst droht ein Hängetrauma", erklärt Tölle. Und das Gelände ist häufig zu unwegsam für die Feuerwehr.

Etwa 15 Tage im Jahr sind die Rheinbacher Baumkletterer im Einsatz - je nach Wetter und Bedarf. Da ist es laut Tölle gut, dass Rheinbach eigene Kletterer hat. "Wir können besser agieren und sind flexibler", sagt der Förster, der selbst auch als Baumkletterer ausgebildet ist. Und für Frank Bungart ist es neben der Arbeit als Forstwirt eine tolle Sache. "Man wird mit einem schönen Blick über Rheinbach belohnt. Und manchmal hängt man im Baum und denkt: Hier wird wohl noch nie einer gewesen sein."

Wildkirschen aus Rheinbach
Nicht nur Baumkletterer gehören zum Rheinbacher Forst. Dort gibt es auch einen anerkannten Saatgutbestand für Wildkirschen. "Die Bäume sind natürlich entstanden und qualitativ sehr gut", sagt Förster Sebastian Tölle. "Die sind alle schon genetisch untersucht worden." Ein Mal im Jahr legt eine Baumschule aus Süddeutschland unter den Bäumen Netze aus, mit denen die Kirschkerne aufgefangen werden. Dann werden sie gewogen und mit einem Herkunftsnachweis versehen. Die Baumschule verkaufe sie dann. "Beim letzten Mal haben sie 800 Kilogramm Kirschkerne gesammelt", sagt Tölle. Und wie wurde der gute Saatgutbestand entdeckt? Sein Vorgänger habe gesehen, dass die Bäume gut seien und Experten dazugeholt, sagt Tölle. Zusätzlich zu den Kirschkernen verkauft der Forst auch Eicheln und Douglasienzapfen. Rund 4000 bis 5000 Euro nimmt er jährlich damit ein.

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