Rheinbacher Kantorin Mascha Korn im Interview „Bei uns singt die ganze Familie mit“

Seit 70 Jahren verfügt die evangelische Kirchengemeinde Rheinbach über einen eigenen Gemeindechor. Wie sich aus einem kleinen Kreis mehrere Chöre mit heute rund 250 Sängern entwickelten, erzählt Kantorin Mascha Korn im Interview.

 Die Rheinbacher Kantorin Mascha Korn – hier bei der Probe mit ihrem Chor im evangelischen Gemeindezentrum in Rheinbach – gelingt es, viele Altersgruppen für das Singen im Chor zu begeistern.

Die Rheinbacher Kantorin Mascha Korn – hier bei der Probe mit ihrem Chor im evangelischen Gemeindezentrum in Rheinbach – gelingt es, viele Altersgruppen für das Singen im Chor zu begeistern.

Foto: Axel Vogel

Ganz groß feiern denn auch die Gläubigen das Jubiläum in einem Festgottesdienst am Sonntag, 11. September, 10 Uhr, in der Gnadenkirche, Ramershovener Straße. Wie sich aus einem kleinen Kreis mehrere Chöre mit heute rund 250 Sängern entwickelten, darüber sprach Susanne Träupmann mit Kantorin Mascha Korn. Warum gründeten die evangelischen Christen Rheinbachs schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 einen Singkreis?

Mascha Korn: Es waren etwa 20 junge Gemeindemitglieder, die mit Gesang den Gottesdienst festlicher gestalten wollten. So kurz nach dem Krieg war vieles zerstört. Die evangelischen Christen von Rheinbach feierten damals ihre Gottesdienste in der Sakristei der völlig zerstörten katholischen Sankt Martin Kirche. Eine Orgel gab es nicht. Da kamen die Gläubigen auf die Idee, die Gottesdienste durch mehrstimmigen Chorgesang festlich zu gestalteten, der Singkreis war geboren. Von 1947 bis 1959 leiteten die Pfarrer Kurt Melzer und Gerhard Hoffmann die Proben und studierten mit den Sängern Lieder ein. Im Mittelpunkt stand natürlich die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Aber schon recht bald entwickelte sich mit gemeinsamen Ausflügen der Sänger auch Geselligkeit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Da wurden dann auch andere Lieder wie zum Beispiel Volkslieder gesungen.

Ein Chor kostet Geld. Wie finanzierte die Gemeinde damals den Chorgesang?

Korn: Die Chorleitung durch die Pfarrer zu Beginn war kostenfrei. Die Noten mussten die Sänger und Sängerinnen – es war ein gemischter Chor – entweder abschreiben oder die Lieder auswendig lernen beziehungsweise auf die wenigen vorhandenen Chornoten zurückgreifen. Erst ab 1959, als es die ersten nebenamtlichen Chorleiter gab, stand ein wenig Geld für Noten zur Verfügung. Der Betrag wurde dann soweit erhöht, dass 1995 mit Thorsten Seidemann der erste hauptamtliche Chorleiter in der evangelischen Gnadenkirche sein Amt antreten konnte. Seit 2006 steht uns finanziell auch der „Freundes- und Förderkreis Kirchenmusik“ zur Seite, der uns unter anderem gerade bei der Anschaffung eines neuen Flügels unterstützt hat. Von Anfang an war – und das gilt bis heute - der Gesang für die Gemeinde aus religiösen und sozialen Gründen eine Bereicherung. Denn die Sänger sind zum einen ins Gemeindeleben eingebunden, zum anderen finden viele Sänger durch das Singen im Chor erst in die Gemeinde.

Korn: Der Chor ist im Laufe der Zeit immer professioneller geworden. Gestalteten die Sänger ursprünglich nur die Gottesdienste musikalisch, so gab es unter Chorleitern wie Ursula und Siegfried Leuchtmann erste Konzerte, auch gemeinsam mit Orchester, Probenwochenenden wurden eingeführt. Zudem wurde das Repertoire an Liedgut vielfältiger.

Korn: Als ich hier anfing, gab es einen Kirchenchor, einen Kinder- und einen Gospelchor. Da bei uns immer mehr Sänger aller Altersgruppen im Laufe der Jahre mitsingen wollten, und um den einzelnen Altersgruppen gerecht zu werden, habe ich die bestehenden Chöre unterteilt. So haben wir heute drei Kinderchöre, den Jugendchor Young Voices, die Kantorei für ältere Stimmen, die Gospelsingers und den Kirchenchor. Zwei der Chöre werden ehrenamtlich geleitet. Wir sind in der glücklichen Lage, für jede Altersgruppe einen eigenen Chor anbieten zu können.

Korn: Das Repertoire ist breit gefächert und je nach Chor unterschiedlich. Abgesehen von klassischer geistlicher Musik der großen Komponisten wie Bach (zum Beispiel Weihnachtsoratorium), Schütz, Haydn, Mozart oder Mendelssohn, singen wir auch zeitgenössische Kirchenmusik wie zum Beispiel Lorenz Maierhofer, John Rutter oder Daniel Schutte. Regelmäßig gibt es bei uns Musicalprojekte der Kinderchöre oder aller Chöre gemeinsam, wie „Allegro Con Brio“ im Rheinbacher Stadttheater. Ich bemühe mich um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen klassischer Kirchenmusik und neuerer Musik.

Korn: Ich investiere viel Zeit in offensives Werben, gehe in die Schulen, lade nach jedem Konzert die Zuhörer ein, bei uns mitzumachen. Wir freuen uns in allen Chören über jeden, der mitsingt. Man muss auf die Leute zugehen, damit sie kommen. So singen mittlerweile auch die Eltern von Kinderchorsängern bei uns ebenso mit wie ganze Familien, von der Oma bis zum Enkel.

Korn: Abgesehen von traditionellen Auftritten wie dem ökumenischen Adventssingen am dritten Advent, bin ich gerade dabei, den ersten Kinderchortag, der im nächsten Jahr in Rheinbach über die Bühne geht, auf die Beine zu stellen. Da das kommende Jahr im Zeichen der Reformation steht, wird das Thema des Kinderchortages, an dem alle Kinderchöre aus dem Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel teilnehmen können, das Thema „Luther“ sein. Im kommenden Jahr werden der Kirchenchor und die Young Voices ein gemeinsames Konzert geben und die Kantorei für ältere Stimmen probt schon für ein Konzert mit jahreszeitlicher Musik und Luther-Liedern. Es wird ein abwechslungsreiches Programm geben.

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