Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Betroffene helfen Betroffenen

RHEINBACH · Die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands (Kiss) im Rhein-Sieg-Kreis weist zu ihrem 25-jährigen Bestehen eine beachtliche Erfolgsbilanz aus. Das wurde bei der Eröffnung einer Ausstellung im Rheinbacher Rathaus am Donnerstag deutlich. "Das Feld der Selbsthilfe ist sehr breit", sagte Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz.

Die Sprecherin der Kiss, Marita Besler, begrüßt die Gäste.

Die Sprecherin der Kiss, Marita Besler, begrüßt die Gäste.

Foto: Axel Vogel

Das verdeutlicht die Ausstellung mit 14 bunt illustrierten großen Plakaten zu Themen wie Adipositas, Borreliose, Parkinson, Psychose und Sucht. In den 25 Jahren ihrer Tätigkeit hat sich die Zahl der Gruppen von 60 auf etwa 300 gesteigert, bilanzierte die Sprecherin der Kiss, Marita Besler. In den Gruppen werde die Eigenverantwortlichkeit der Betroffenen gesteigert und ein Beispiel für gelebte Inklusion geliefert.

Zum Ausdruck kommt das in dem Motto "Mit uns zurück in die Mitte des Lebens" der Gruppe "Seele und Freund", in der sich Psychiatrieerfahrene gegenseitig stärken. Nachbarschaftshilfe, Sinnstiftung, Informationsaustausch, Prävention und Solidarität werden vermittelt. In den Gruppen wirken "Betroffene für Betroffene", sagte Besler. Die Kiss motiviere dazu, selbst Gruppen zu gründen.

Dadurch könnten Diagnosen früher gestellt, Behandlungskosten verringert und Klinikaufenthalte verkürzt werden. Besler zitierte eine Untersuchung des Robert-Koch-Instituts, wonach durch Selbsthilfe zwei Milliarden Euro eingespart wurden. Raetz hob hervor, dass man in den Gruppen "niederschwellig in Kontakt treten könne - ohne Angst vor Repressalien oder Bevormundung". Berichte aus Gruppen veranschaulichten dies.

Die Ehrenvorsitzende der Gesellschaft für soziale Eingliederung Rheinbach, Ingeborg von Westermann, wandte sich energisch gegen die Bezeichnung "ehrenamtliche Betreuer" von Strafgefangenen in der JVA. Das passe nicht zur Hilfe zur Selbsthilfe, die durch Begegnungen von Mensch zu Mensch geleistet werde. Aus einer anfänglichen Gesprächsgruppe im Gefängnis vor 22 Jahren seien später drei geworden. 50.000 Straftäter würden jährlich aus der Haft entlassen, drei Viertel der 50.000 Einrückenden seien Entlassene. Das koste 4,5 Milliarden Euro jährlich, und man müsse "alles tun, damit das nicht so weitergeht".

Renate Fritsch von der Selbsthilfegruppe Hämochromatose wies darauf hin, wie wichtig eine frühe Diagnose dieser Krankheit sei, bei der der Körper zu viel Eisen speichert. Das Metall lagert sich in Organen, vor allem in der Leber ab und führt häufig zu Diabetes mellitus sowie Gelenkschmerzen. Meist dauere es lange, bis die durch einen Gendefekt vererbte Krankheit erkannt werde. Von den 40 000 Betroffenen in Deutschland hätten viele eine jahrelange Odyssee hinter sich. Die 1998 gegründete Gruppe habe heute 450 Mitglieder und organisiere Selbsthilfe in 23 Kontaktstellen.

Günter Wittmer vertrat das erst seit drei Monaten aktive Rheinbacher Seniorenforum. Er war vorher Seniorenbeauftragter der Stadt. In der neuen Organisationsform sei man freier, sagte er.

Weitere Infos gibt es auf www.selbsthilfe-rhein-sieg.de

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