Club in Rheinbach Ist Billard noch im Trend?

Rheinbach/Swisttal · Die Kugel mit der Nummer 8 wird als letzte versenkt: Die Mitglieder im PBC Crazy 8 spielen Poolbillard, weil man alles drumherum vergessen kann.

 Jörg Hamann (v.l.), Sebastian und Wolfgang Helmond stehen für den Fotografen viel zu nah nebeneinander. Beim Spiel braucht man Platz und Ruhe.

Jörg Hamann (v.l.), Sebastian und Wolfgang Helmond stehen für den Fotografen viel zu nah nebeneinander. Beim Spiel braucht man Platz und Ruhe.

Foto: Stefan Hermes

Ob es sich wirklich um ein Kilo handelt, das Wolfgang Helmond (64) bei einem etwa zweistündigen Billardspiel abnimmt, darf hier ungeprüft wiedergegeben werden, da er damit vor allem ausdrücken möchte, dass es sich für ihn bei dem Spiel mit den acht Kugeln auf einem Tisch um einen Sport handelt. Erst vor fünf Jahren ist Helmond zusammen mit seinem Sohn Sebastian (36) dem Poolbillardclub (PBC) „Crazy 8“ beigetreten, der seit 2019 sein Vereinslokal im ehemaligen Restaurant des früheren Reitstalls Hippe an der Breniger Straße in Heimerzheim hat, wo seit Mai dieses Jahres die Pecher Tierscheune mit „Mein Ponyhof“ eingezogen ist (der GA berichtete).

„Manch eine Frau, die uns hier besucht, geht zielstrebig an den Billardtischen vorbei und guckt aus dem Fenster“, gibt Jörg Hamann (47) amüsiert deren Bestreben wieder, vom Vereinslokal aus einen erhöhten Blick in die Reithalle zu haben. Hamann gehört zu den Gründungsmitgliedern der verrückten Acht, wie sich der Vereinsname „Crazy 8“ übersetzen lässt. Damit ist allerdings nicht die schwarze Kugel mit der Acht im weißen Kreis gemeint, die beim 8-Ball-Spiel des Poolbillards zuletzt versenkt werden muss, sondern die acht Spieler, die sich nach etlichen Jahren vom PBC Rheinbach getrennt hatten, um ab 2016 eigene Wege zu gehen.

Der Spieler braucht Platz und Konzentration

Zunächst heimatlos, hatten die Crazy 8 an unterschiedlichen Orten gespielt. Darunter auch zwei Jahre im Rheinbacher Spielsalon Admiral Play, wo man die sechs Billardtische für den Verein reservieren konnte, bis sie dort für das Public Viewing während der Fußball Weltmeisterschaft 2018 weichen mussten. Kurz zuvor hatten dort Vater und Sohn Helmond an einem Tag des Deutschen Billards den Vereinsspielern in gebührendem Abstand „über die Schulter“ gesehen und kamen so vom Kneipenbillard zum Vereinsbillard, was für die Spieler einen bedeutsamen Unterschied darstellt.

Das Bild vom Billardspieler in der Kneipe, der „mit Bier, Kippe und Queue in der Hand an einem mit Brandlöchern übersäten Tisch steht“, wie Hamann ihn beschreibt, habe mit dem Vereinsbillard nur wenig gemein. Wer ernsthaft Billard spiele, brauche Ruhe, Platz sowie die volle Konzentration am Tisch, so der zweite Vorsitzende des Vereins. „Weil es vor allem Kopfsache ist.“

Spielen um abzuschalten

Diese „Kopfsache“ ist es auch, was die drei Männer im Gespräch mit dem GA eint: Sie spielen Billard, weil man alles drumherum vergessen kann. „Ich brauche das Spiel, um abzuschalten“, sagt Helmond senior, der seit bald 50 Jahren als Nachrichtentechniker tagtäglich mit der Lösung von Problemfällen beschäftigt ist. „Spätestens nach 15 Minuten Spiel habe ich alles um mich herum vergessen.“ Die Konzentration sei dann nur noch auf die Kunst und Technik fokussiert, die weiße Kugel genau dort zu treffen, wo sie in einer Kettenreaktion möglichst viele der eigenen Kugeln versenkt. „Es ist wie beim Schießen auf die Zehn“, sagt sein Sohn. Nur dass man die „Zehn“ beim Billard jedesmal treffen müsse, „sonst geht die Kugel definitiv nicht dorthin, wo sie hingehen soll“.

Albert Einstein (1879 bis 1955), der als glühender Verehrer des Spiels gilt, nannte Billard, „die hohe Kunst des Vorausdenkens“. Es sei eben nicht nur ein Spiel, sondern zu allererst eine anspruchsvolle Sportart, die neben physischer Kondition, das logische Denken eines Schachspielers und die ruhige Hand eines Konzertpianisten erfordere. So spricht auch Hamann respektvoll von den Kindern und Jugendlichen des PBC St. Augustin, die bereits im Alter von sechs Jahren trainiert werden und den lebenden Beweis für die Einsteinsche Betrachtungsweise abgeben: „Da spielen schon Zwölfjährige in der Oberliga, gegen die wir keine Chance mehr haben“, sagt Hamann.

Auch Anfänger sind willkommen

Er selber gehörte zwei Jahre lang dem Verein an, aus dem auch der Champion der World Pool Masters 2022, Joshua Filler, kommt. Inzwischen spielt der 24-Jährige, der schon die Titel Welt-, Europa und Deutscher Meister auf sich vereint, für den BC Oberhausen. Von seiner medialen Präsenz erhofft sich der Billardverband auch das Erreichen neuer und junger Zielgruppen für einen Sport, der oftmals unter dem Kneipenimage leidet. Zudem könnte auch Fillers Frau Pia, die ihrem Mann in nichts nachsteht, dafür sorgen, dass sich mehr Frauen für Billard interessieren.

Zurzeit zählt der Landesverband der Billardsportler nur etwa acht Prozent Frauen unter seinen Mitgliedern. Auch den Crazy 8, die sich zwar in den sechs Jahren ihres Bestehens in ihrer Mitgliederzahl verdoppeln konnten, fehlt bis heute die weibliche Unterstützung. „Bei uns sind auch Anfängerinnen und Anfänger willkommen“, sagt Hamann.

Während der Trainingszeiten der Crazy 8-Mannschaften, die in Kreisklasse und Bezirksliga spielen, hat man dienstags und donnerstags von jeweils 19 bis 20.30 Uhr Gelegenheit, Sport und Verein (und geselliges Vereinsleben) kennenzulernen. Wer Lust habe, eine Individualsportart zu machen, sagt Wolfgang Helmond, sei beim Billard genau richtig. „Wir sind hier ein Team, ein Verein, aber spielen tut jeder für sich im Duell“, ergänzt Sebastian Helmond.

Weitere Infos unter www.bv-crazy8.jimdofree.com oder per Email an bv.crazy8@web.de

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