Votum für Oliver Wolf CDU Rheinbach straft Silke Josten-Schneider ab
Rheinbach · Die Wahlversammlung der Rheinbacher Christdemokraten am Samstag endete mit einer Niederlage der Gruppe um Fraktionschefin Silke Josten-Schneider. Das Votum fiel für den Bürgermeisterkandidaten Oliver Wolf.
Es ist 17.51 Uhr am späten Samstagnachmittag: Nach fast vier Stunden Wahlversammlung kommt reichlich Bewegung ins Auditorium in der Tennishalle am Rheinbacher Schornbuschweg. Nachdem die 301 CDU-Mitglieder die Kandidaten in drei von 18 Wahlbezirken für die Kommunalwahl am 13. September gewählt haben, verlässt die bei zwei von drei Voten unterlegene Gruppe um Fraktionschefin und Vizelandrätin Silke Josten-Schneider enttäuscht den Saal. Es ist das Ende eines mehr als drei Jahre dauernden Streits in der Mehrheitsfraktion im Rat der Stadt Rheinbach.
Nur wenige Augenblicke zuvor hatte Hans-Peter Lindlar, früherer Kölner Regierungspräsident und langjähriger Landtagsabgeordneter, als Versammlungsleiter das Ergebnis der Kampfabstimmung um die Kandidatur im Wahlbezirk 030 verkündet: Die CDU schickt in diesem innerstädtischen Bezirk die bislang noch nicht im Rat vertretene Karin Schulze ins Rennen. Für die Vizevorsitzende der Frauen-Union Rheinbach, die der CDU-Stadtverband vorgeschlagen hatte, stimmten 169 Mitglieder, Fraktionschefin Silke Josten-Schneider bekam 113. Zuvor hatte bereits der Vorstandskandidat Bruno Weber, der dem aktuellen Rat nicht angehört, mit 185 Stimmen gegen Gegenkandidat und Ratsherr Hinrich Kramme gesiegt, der 101 Stimmen bekam. Hintergrund: Im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Versammlung hatten sich beide Gruppen nicht auf eine gemeinsame Kandidatenliste einigen können. Somit brachte die G9-Gruppe eine Listung mit eigenen Bewerbern mit in die Tennishalle.
Es war dann auch Kramme, der sich nach den beiden Voten zu Wort meldete: „Die Verhältnisse sind geklärt“, sagte Kramme. „Wir wollen diesen Nachmittag nicht unnötig verlängern und ziehen unsere Liste zurück. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.“ Anschließend verließ das Gros der Unterlegenen die Versammlung. Weitere Kampfkandidaturen gab es nicht.
Mit emotionalen Worten hatte Karin Schulze in ihrer kurzen Vorstellungsrede zuvor die Christdemokraten zur Einigkeit aufgefordert. „Ich reiche jedem die Hand, der für eine erfolgreiche, zukunftsoriertierte und vor allem harmonische CDU eintritt“, sagte Schulze, die insbesondere das Wort „harmonisch“ betonte und für diesen Satz lang anhaltenden Beifall erhielt.
Im ersten Wahlgang der Kandidatenkür hatten beide Lager den zuvor mit großer Mehrheit als Bürgermeisterbewerber gewählten Oliver Wolf vorgeschlagen. Dieser sicherte die Wahlkreiskandidatur ohne Gegenbewerber mit 270 Stimmen für sich. „Sehen Sie, Sie haben sich schon gesteigert“, sagte Lindlar zu Wolf. Denn: Beim Votum zum Bürgermeisterkandidaten erhielt der 43 Jahre alte Unternehmer 241 Ja-Stimmen, 41 votierten gegen ihn, 16 enthielten sich.
Mit einer mitreißenden, frei formulierten Rede hatte Wolf zuvor die Zuhörer, die wegen der Corona-Beschränkungen an Einzel- oder sogenannten Familientischen in der 2000 Quadratmeter großen Sportstätte Platz genommen hatten, für sich überzeugen können. Hintergrund: Wochenlang hatte die Partei mit aktuell 526 Mitgliedern nach einer geeigneten Räumlichkeit gesucht, um die Versammlung trotz Corona-Beschränkungen durchführen zu können. Um geheim wählen zu können, gab es für jeden Tisch einen Pappsichtschutz. Handdesinfektionsmittel stand überall bereit.
Freimütig räumte Wolf ein, dass Stefan Raetz als scheidender Bürgermeister große Fußabdrücke für seine Nachfolger hinterlasse. „Ich habe eine Vision und stehe für einen Neuanfang“, sagte der in Hilberath lebende Vater von zwei kleinen Kindern. Darum forderte er auch seine Partei zu solch einem Neuanfang auf: „Wir müssen es schaffen, mit einem klaren Ziel hier aus der Halle herauszugehen: Es muss aufhören, dass sich die Lager gegenseitig bekämpfen“, so Wolf. Ebenso freimütig sprach er in seiner Rede ein weiteres Thema an: „Ich bin kein Verwaltungsfachmann. Aber ich bin es als Unternehmer gewohnt, im Team zu arbeiten und Kompetenzen zu bündeln – für ein Ziel“, sagte er. Er sei „bereit, viel zu lernen“ und Dinge „einfach zu machen“, so der langjährige Chef eines Unternehmens für Veranstaltungstechnik, welches nach eigenem Bekunden etwa 1000 Projekte im Jahr realisiert. „Ich kann anpacken“, rief er seinen Zuhörern zu.
Insbesondere wolle er das Thema Umweltschutz voranbringen, um dieser und künftigen Generationen eine „lebenswerte Welt und ein liebenswertes Rheinbach zu hinterlassen“. Ein drängendes Problem sei, die Unternehmen und Gewerbetreibenden in und nach der Corona-Krise nicht alleine zu lassen und Unterstützungsmöglichkeiten aller Art zu finden. „Ich bin es gewohnt, mit Gegenwind zu arbeiten“, erklärte Wolf und forderte seine Zuhörer abschließend auf: „Lassen Sie uns das Rheinbach-Gefühl weiter voranbringen. Und lassen Sie uns als gestärkte CDU aus dieser Halle gehen.“
Die mitreißenden Wort Wolfs nahm der souverän agierende Versammlungsleiter Lindlar sogleich auf: „Ich war auch kein Verwaltungsfachmann, bevor ich 2005 die Leitung der Bezirksregierung mit mehr als 2000 Mitarbeitern übernommen habe. Ich bin Lehrer von Beruf.“ Sein Credo an die Mitarbeiter lautete damals: „Schreibt mir nicht auf fünf Seiten auf, warum es etwas nicht geht, sondern auf einer halben Seite, wie es geht“, meinte Lindlar.